Das Blogverbotsgesetz

Sonntag, 17.6.2012, 12:59 > daMax

Nun muss ich doch auch mal schnell ein paar Worte zum angekündigten schwarz-gelben Leistungsschutzrecht (LSR) verlieren. Ich wende mich dabei ausdrücklich an jene Leser&innen, die mit dem Begriff noch überhaupt nichts anfangen können. Alle anderen gehen bitte weiter, z.B. zu Hal Faber.

Worum geht's beim LSR?
Die deutschen Verlagshäuser - allen voran Axel Springer - mögen das Internet nicht. Dafür haben sie einen Narren am Geld gefressen. Nun wollen sie mehr Geld aus dem verhassten Internet bekommen. Dazu haben sie unseren Volkszervertretern eingeflüstert, dass sie alle am Hungertuch nagen, weil "das Internet" ihnen ihr "geistiges Eigentum" stiehlt. Um das zu verhindern soll nun für jeden noch so kleinen Textschnipsel und für jede übernommene Überschrift Geld an die Verlage fließen, sobald bei der so verlinkenden Website "gewerblicher Charakter" erkennbar ist.

Gewerblicher Charakter?
Hier liegt der Hund begraben. Gewerblicher Charakter wird von deutschen Gerichten bejaht, wenn

  • die schreibende Person das, worüber sie schreibt, auch beruflich ausübt. Zum Beispiel die Opalkatze, die im echten Leben Journalistin ist und außerdem ihre private Spielwiese in Blogform hat. Ihr Blog hätte damit gewerblichen Charakter und sie müsste für jedes noch so kleine Zitat Lizenzen an die Verlage abdrücken
  • in irgendeiner Weise Geld fließt. Jeder flattr-Button, jeder Werbe-Banner und jeder gesponserte Artikel, egal wie gering die so erzeugten Einnahmen sind, führt automatisch zu einer Gewerblichkeit. Damit dürften 80% der deutschen Blogs mit einem LSR-Gesetz keine Zeitungsüberschriften oder gar Ausschnitte von Zeitungsartikeln zitieren, ohne vorher eine entsprechende Lizenz zu erwerben.
  • Leider schwurbeln deutsche Richter schon auch von Gewerblichkeit, wenn "periodische Veröffentlichungen" vorliegen (häh? Täglich zum Beispiel? Man weiß es nicht), oder wenn mit einem Blog z.B. eine "größere Öffentlichkeit" angesprochen wird und so weiter. Nichts genaues weiß man nicht, treffen kann es eigentlich jeden. Freuen werden sich in jedem Fall Heerscharen von Abmahnanwälten.

    Was bedeutet das für daMax?
    Erstmal vielleicht gar nichts. Keine Werbung, keine Banner und bezahlen will mein Geschreibsel auch keiner. Aber hin und wieder schreibe ich über Dinge aus der Programmierwelt, in der ich mich bekanntlich beruflich bewege. Wäre das also gewerblich? Keinen Plan. Wenn ich Werbung für mein eigenes Spiel mache? Das wäre sicher schon gewerblich. Vielleicht würde ich eines Tages doch mal Werbung schalten, um z.B. die ca. 100-150 Euro/Jahr, die mich dieser Server kostet, reinzuholen. Dann wäre ich sofort gewerblich.

    Ich habe weder Zeit noch Geld noch Lust, für jeden Furz eine gesonderte Erlaubnis einzuholen, geschweige denn Lizenzen abzudrücken dafür, dass ich den Zeitungen Leser+innen besorge. Denn nichts anderes mache ich hier. Meine (fast täglichen) Linklisten würde es in dieser Form nicht mehr geben können. Überschriften von Zeitungen übernehmen? Verboten. Ein paar Sätze als Zitat übernehmen? Verboten. Das gilt natürlich nur für deutsche Presseerzeugnisse. In der Folge würde ich also auf Hinweise auf die Süddeutsche, die Zeit, die FAZ usw. verzichten und statt dessen nur noch auf Russia Today, den Guardian, oder sonstige ausländische Produkte verlinken. Doof wird das halt, wenn ich über deutsche Politik berichten will, denn da wird die Luft dünn. Statt auf Zeitungen würde ich dann nur noch auf Blogs verlinken können und dann auch nur auf solche, die nicht unter dem "Schutz" des LSR stehen. Was ich erst wieder recherchieren müsste.

    Kompliziert, das alles, ne? Ja, scheißkompliziert. Wie das deutsche Recht generell scheißkompliziert ist.

    Wenn euch also mal jemand erzählen will, das LSR sei eine faire und tolle Sache weil blafasel, dann denkt einfach mal kurz darüber nach ob euch die Zusammenfassungen, die ihr hier täglich von mir bekommt, wichtig sind oder nicht. Die würde es nämlich so nicht mehr geben. Auch sonstige Berichterstattung mit kleinen Zitaten würde ich komplett einstellen müssen. Wer das will: bitte. Lasst euch erzählen, das LSR sei gut. Wer lieber daMax in der bisherigen Form weiter genießen will, schließt sich bitte den zu erwartenden Protesten dagegen an.

    Mehr zum Thema:
    Udo Vetter: Digital kastriert
    Thomas Stadler: Kurzanalyse des Gesetzesentwurfs zum Leistungsschutzrecht
    Hal Faber: Was war. Was wird.
    Alexander Svensson: Recht mäßig - Wie weiter mit dem Leistungsschutzrecht?

    Bild: geklaut! Ha!