Kleine-Männchen-Spiele

Sonntag, 25.4.2021, 17:59 > daMax


A simple life.

Das Spielegenre "Aufbaustrategie" hat mich in den letzten Jahren immer stärker in seinen Bann gezogen. Da in solchen Spielen zumeist viele kleine Männchen herumwuseln und bei Laune gehalten werden wollen, hat sich dafür in meinem Haushalt der Begriff "Kleine-Männchen-Spiele" etabliert und Vorsicht, dieser Blogartikel ist komplett ungegendert. Es gibt hier nur Kleine Männchen, obwohl natürlich auch Kleine Weibchen herumwuseln und korrekt hieße es wahrscheinlich Kleine Menschchen, aber hier im Haushalt hat sich eben Kleine-Männchen-Spiele durchgesetzt und das wird jetzt durchgezogen.

Im Laufe der Zeit habe ich diverse Vertreter des Genres an- oder durchgespielt und ich möchte euch jetzt endlich mal von meiner derzeitigen Top 5 der Kleine-Männchen-Spiele berichten.

Angefangen hatte alles vor gut 20 Jahren mit Majesty, das ich euch heutzutage allerdings nicht mehr guten Gewissens empfehlen würde, da es glaube ich nur bis Windows XP kompatibel ist und eine native Auflösung von 800x600 wirkt anno 2021 doch ein bisschen antiquiert. Ha! Es gibt eine HD Version von dem Spiel, auch für modernere Windowse! Ich glaub, das hol' ich mir nochmal :)

Ein paar Worte vorweg: fast allen hier aufgelisteten Spielen sind ein paar Dinge gemein. Die Kleinen Männchen haben Bedürfnisse (Essen, Unterkunft, Luxus) also müssen entsprechende Produktionsketten errichtet werden (Felder -> Windmühlen -> Bäcker -> Markt oder Schäferei-> Wollverarbeitung -> Schneiderei -> Markt). Das wiederum verbraucht Ressourcen (Holz, Steine, Ton, Eisen, Geld), die ebenfalls organisiert werden wollen. Außerdem wollen die Kleinen Männchen ein hübsches Zuhause ihr Eigen nennen und je nach Spiel ist das mal einfacher, mal komplizierter. Zu guter Letzt sehen sich eure Kleinen Männchen eventuell äußeren Gefahren gegenüber (Wölfe, Monster, Wikinger, Krankheiten, Naturkatastrophen, Cthulhu), denen es mit Forschung, Schild und Schwert zu begegnen gilt.

Sämtliche Bilder hier sind anklickbar und wenn ihr euch an der wahren Schönheit dieser Games ergötzen wollt, solltet ihr davon reichlich Gebrauch machen.


Platz 5: Stonehearth


Von Stonehearth hatte ich vor knapp anderthalb Jahren schon mal berichtet und diesen Bericht habe ich der Einfachheit halber ein klein wenig aktualisiert hier her kopiert.

Stonehearth ist eine absolut süße, voxelblockige Aufbausimulation, bei der ihr einer Handvoll Siedler helft, ein florierendes Dorf zu errichten. [Update anno 2021: Es folgte eine Ausführung über das Ressourcensystem]. Ich habe mit Stonehearth viele Stunden verbracht und diverse Völker auf ihrem Weg vom Unterschlupf in einer Höhle zu einer prosperierenden Wirtschaft begleitet. Dabei könnt ihr euch wahlweise darauf beschränken, "im Fels" zu wohnen, euer Volk also anzuweisen wie die Zwerge immer weiter in den Berg zu buddeln, oder ihr baut immer komplexere Häuser oder sonstige Gebäude. Der Witz an der Sache ist, dass ihr einmal gebaute Häuser als Vorlagen (Templates) speichern könnt, die dann immer wieder einsetzbar sind. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: am Besten, ihr speichert nur die "nackte" Vorlage ohne komplette Inneneinrichtung, denn sonst kann es passieren, dass so ein Haus nie fertig wird, nur weil irgendeine komplexe Goldlampe fehlt.

Und da sind wir auch schon bei dem Haken an der Sache: das Entwicklungsteam hatte sich mit der selbst gestellten Aufgabe massiv überhoben und wurde zwischenzeitlich von einer größeren Firma aufgekauft, die eine unverrückbare Deadline aufgestellt hat. Das Ende vom Lied war ein Spiel, das leider trotz diverser Bugs veröffentlicht wurde (ziemlich kaputte Pfadfindung und nicht enden wollende Combatmusic, um nur zwei zu nennen). [Update anno 2021: Es folgte eine kleine Erörterung über Workarounds]

Trotz aller Unzulänglichkeiten halte ich Stonehearth für ein wirklich gelungenes kleines Spiel, das euch lange unterhalten kann, wenn ihr euch darauf einlasst. Vor allem die recht aktive Community auf Steam sorgt(e) für sehr viel neuen Content, der das Spiel z.T. massiv erweitert.

[Update anno 2021]: Das herausragende Element bei Stonehearth ist das Element der "Schönheit", d.h. die kleinen Männchen wollen in hübsch eingerichteten Wohnungen leben. Das führte bei mir zu einem echten "Sims"-Erlebnis: man kennt seine Pappenheimer irgendwann mit Namen (wenn man die Namen nicht sogar - wie ich - selber vergibt) und da sie nicht altern, bevölkern sie euer Dorf hoffentlich ewig. Leider ist das Performanceproblem bis heute bestehen geblieben. Es geht das Gerücht um, dass Gegenstände mit gerendert werden, obwohl sie sich in Kisten befinden. Das kann ich weder nachprüfen noch widerlegen, es ist auch egal, woran es im Ende liegt. Das Spiel geht mit der Zeit von stabilen 60 FPS immer weiter in die Knie und dass so etwas nicht sein muss, zeigt ja beispielsweise Kingdoms and Castles deutlich auf.

Links:
Steam


Platz 4: Poly Universe

Hier besiedelt man erst einen, später viele Miniplaneten mit kleinen, "Peabs" genannten Strichmännchen. Wie immer beginnt alles damit, Bäume für den Hausbau zu zersägen. Die Häuser benötigen Energie, die anfangs mit dem Verfeuern fossiler Brennstoffe erzeugt wird, später kommen Hochtechnologien wie Windräder und Solarzellen dazu. Da die Planeten sehr klein sind muss man gut überlegen, was man wohin baut, das kann zu einer echten Herausforderung werden. Das Spiel ist insgesamt recht ausbalanciert, nur die Framerate leidet auf waldreichen Planeten noch etwas.

Poly Universe ist (wie fast alle Spiele dieser Liste) noch early access, der Entwickler ist aber sehr aktiv und kümmert sich liebevoll um Bugreports. Fast alle meiner bisher gemeldeten Bugs wurden in der jeweils nächsten Version behoben, das finde ich schon bemerkenswert.

Links:
Steam


Platz 3: Equilinox

Anders als bei den anderen Spielen in dieser Liste geht es bei Equilinox nicht darum, eine Siedlung oder Stadt aufzubauen. Statt dessen sieht man sich mit der Aufgabe konfrontiert, ein funktionierendes Ökosystem aus dem Boden zu stampfen. Angefangen bei simplem Gras und ein paar Hühnern, entwickelt man durch "Evolution" nach und nach die verschiedensten Tier- und Pflanzenarten, die dann miteinander interagieren bzw. sich gegenseitig auffressen.

Equilinox ist das einzige Spiel der Liste, das vollständig fertig ist, obwohl es meiner Meinung nach viel (viel viel) mehr Inhalt vertragen könnte. Es läuft sehr flüssig, die Musik ist okay, alles in allem gibt es eigentlich außer gelegentlich hängen bleibenden Erdmännchen nichts zu bemängeln.

Links:
Website
Steam


Platz 2: Foundation

Der große Unterschied von Foundation zu anderen Kleine-Männchen-Spielen ist die Art und Weise, wie hier festgelegt wird, wo eure Kleinen Männchen wohnen, wo sie Ressourcen ab- oder Lebensmittel anbauen. Anstatt nämlich jedes Haus einzeln zu bestimmen, malt ihr mit einem Pinsel Areale in die Landschaft, die dann als Wohngebiet oder als Holzanbaugebiete dienen. Wo genau sich eure Kleinen Männchen dann die Häuser hin bauen, entzieht sich eurer Kontrolle. Dazu kommt ein dynamisches Wegesystem, d.h. die Kleinen Männchen suchen sich die Wege selber. Das führt zu einer sehr organischen und sich immer wieder ändernden Spiellandschaft.

Das Ressourcensystem in Foundation ist relativ komplex. Ein Beispiel aus der Anfangszeit einer Partie: die Kleinen Männchen müssen essen. Also sucht ihr euch auf der Karte für den Anfang einen Ort, an dem Früchte wachsen und baut dort eine Sammlerhütte, die allerdings Holz benötigt. Um Holz abzubauen, braucht ihr ein Holzfällercamp, das allerdings nach Werkzeugen verlangt, die von einem Schmied hergestellt werden, der dafür wiederum Eisen benötigt und so weiter. In meiner ersten Partie hatte ich den Fehler gemacht, den Markt gleich mit Zelten für die Stände zu planen. Mir war aber nicht klar, dass die Zelte Stoff benötigen, für die man wiederum erstmal eine funktionierende Textilindustrie in die Gänge bekommen muss.

Als wäre das alles noch nicht kompliziert genug, müsst ihr euch auch noch minutiös um die Arbeitsplatzverteilung kümmern. Die Kleinen Männchen sollten nämlich nach Möglichkeit in der Nähe ihres Arbeitsplatzes wohnen, damit ihr Weg zur Arbeit nicht zu lang wird. Denn sonst haben sie in ihrer Freizeit nicht mehr genug Zeit, sich um ihre Bedürfnisse (Nahrung, Kleidung, Kirche, Luxus) zu kümmern, werden unglücklich und kehren - wenn es hart auf hart kommt - eurer Stadt den Rücken, um ihr Glück woanders zu suchen.

Langer Rede kurzer Sinn: eine funktionierende Wirtschaft auf die Beine zu stellen, ist bei Foundation nicht ganz einfach. Dafür ist aber der Glücksfaktor, wenn sie denn erst mal läuft, umso größer.

Im späteren Spielverlauf gibt es immer noch jede Menge zu tun: so könnt ihr beispielsweise Monumente bauen, die zwar riesige Mengen an Ressourcen verschlingen, im Gegenzug aber auch helfen, eure Kleinen Männchen bei Laune zu halten. Beispielsweise könnt ihr ein Kloster bauen und die Mönche kümmern sich dann um die Kräuter-, Wein- und Honigproduktion. All das sind Luxusartikel, die eure Kleinen Männchen haben wollen, sobald ihr sie zu "Bürgern" befördert habt. Luxus ist teuer und spült euch dann wiederum mehr Geld in die Kasse. Ihr seht, hier ist alles mit allem verzahnt.

Insgesamt kann man mit Foundation jetzt schon viel Spaß haben, obwohl es immer noch nicht fertig ist. Im Moment warte ich auf die neue UI, die schon seit längerem angekündigt ist, bevor ich mit meinem "Bempflingen" (siehe Bild unten links) weiter mache.

Links:
Website
Steam
Wiki


Platz 1: Kingdoms & Castles

Noch so ein Low-Poly-Spiel. Ja, ich liebe diesen Look und ein Spiel, das so daher kommt, hat bei mir gleich mal einen Stein im Brett. Ehrlich gesagt ist mir dieser Artikel jetzt schon viel zu lang, deshalb habe ich nicht mehr so richtig Laune, allzu viele Worte zu Kingdoms & Castles zu verlieren, daher beschränke ich mich mal auf die Besonderheiten:

  • Das Wirtschaftssystem ist bei weitem nicht so komplex wie z.B. bei Foundation, macht aber trotzdem Spaß und ist noch hinreichend komplex um zumindest in der Anfangsphase eine Herausforderung darzustellen.
  • Die Jobvergabe funktioniert hier über ein Prioritätensystem, was das gesamte Mikromanagement praktisch auf Null reduziert. Das ist sehr sinnvoll, weil ihr bei 500 und mehr Kleinen Männchen euch sicherlich nicht mehr um jeden einzelnen kümmern wollt.
  • Es gibt Drachen und Wikinger, die euch das Leben schwer machen wollen, weshalb der Aufbau einer Armee sowie Verteidigungsanlagen quasi Pflicht ist (Ausnahme: Kreativmodus).
  • K&C hat einen Kreativmodus, bei dem ihr eurer Fantasie freien Lauf lassen könnt, ohne die Ressourcenregeln zu beachten. Ihr könnt auch das Bedürfnissystem der Kleinen Männchen deaktivieren sowie die Gefahr auf Null regeln, indem ihr Drachen und Wikinger deaktiviert. Ein derart "reduziertes" Spiel lässt euch im Gegenzug in kurzer Zeit wirklich fantastische Städte bauen.
  • K&C läuft super flüssig. Auf einem halbwegs aktuellen Rechner (meiner ist knapp 8 Jahre alt mit einer 4 Jahre alten GraKa) könnt ihr locker Königreiche mit 1000 und mehr Einwohnern erschaffen, ohne Angst vor einer ruckeligen Bildrate haben zu müssen. Das könnte daran liegen, dass hier mal jemand tatsächlich Ahnung vom Programmieren hatte. Das zeigt sich auch an den Ladezeiten (nicht der Rede wert) und an der Größe der Savegames (wenige MB im Vergleich zu den dutzenden MB, die aktuelle Spiele gerne mit ihrer Hipster-JSON-Rotze verballern) .
  • K&C ist modfähig und es gibt schon diverse Mods. Hier wären z.B. Cinematic Camera und Automatic Rebuild zu nennen.
  • Mein Lieblingsdetail sind die Möwen im Pausenmodus :)

Auch Kingdoms & Castles ist noch Early Accesss, ist aber soweit ich bisher sehen konnte komplett fehlerfrei und läuft wie eingangs beschrieben absolut super. Ich freue mich schon auf weitere bereits angekündigte Inhalte, wie z.B. vom Computer gesteuerte gegnerische Königreiche, Diplomatie und mehr.

Kingdoms & Castles ist derzeit meine Nummer eins, weil hier für mich einfach alles stimmt: ich liebe die reduzierte Optik, ich erfreue mich an meinen hübschen Städten und ich grinse über die kleinen Details wie die persönlichen Einstellungen und Gedanken der Kleinen Männchen.

Links:
Website
Good Old Games
Steam
Wiki

 

Spiele, die es nicht in die Liste geschafft haben

Natürlich waren auch echte Reinfälle dabei, die ich euch nicht vorenthalten will. Allerdings werde ich mich dazu sehr kurz fassen, der Artikel da oben ist ja längst viel zu lang.

Crest
Die Idee mit den "Wörtern", mit denen man nur einen indirekten Einfluss auf seine Anhänger hat, ist zwar lustig, das ganze Spiel ist aber bestenfalls unfertig. Es performt absolut grottig, hat einige Bugs, die Entwickler interessieren sich nicht für Feedback und so weiter. Finger weg.

Creo God Simulator
Eigentlich dasselbe Spiel wie Kingdoms and Castles, nur in schlecht: unbalanciert, hässlich, buggy und ätzend zu steuern.

Banished
Wird von vielen über den grünen Klee gelobt, bei mir ist der Funken aber irgendwie nicht übergesprungen.

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