5.11.2009

Eva Redselig

Die Auskunftsfreude einer Kundin, der Journalistin Eva Schweitzer, könnte dem Plagiats-Suchdienst TextGuard langfristig das Geschäftsmodell verhageln. Sie habe ein “Gesamtpaket” gebucht, mit dem TextGuard nach unerlaubten Veröffentlichungen ihrer Artikel suche, ließ die Autorin freimütig in ihrem taz-Blog verlauten. Was nach dem Kontext recht eindeutig besagte: Ich zahle nichts, kriege aber auch nur im Erfolgsfall Geld.

Dummerweise ist es dann aber nicht mehr so einfach mit den exorbitanten Anwaltshonoraren, die in den Abmahnungen in Rechnung gestellt werden. In Schweitzers Fall waren es knapp 1.000 Euro, die ein Blogger allein an den angeblich von Schweitzer, faktisch aber wohl eher von TextGuard in Marsch gesetzten Juristen zahlen sollte.

(Wobei es dann auch Praxis ist, dass Anwälte ihre Honorare teilweise wieder an den Auftraggeber erstatten und sich so künftige Mandate sichern. Sie sollen ja nicht die einzigen sein, die am Abmahnwesen verdienen. Das nennt sich dann “Abmahnpartnerschaft”.)

Anwaltskosten können von einem Abgemahnten aber regelmäßig nur in der Höhe verlangt werden, wie sie letztlich auch der Abmahner selbst zahlen würde. Zum Beispiel, wenn sich herausstellt, dass der Abgemahnte pleite ist. Oder, was ja vorkommen soll, sich die Abmahnung als haltlos erweist.

Wird aber ein Komplett- bzw. Rundum-Sorglos-Paket auf Erfolgsbasis vereinbart, hat der beauftragte Anwalt gar keinen Gebührenanspruch gegen den Abmahner. Mit der Folge, dass der Abgemahnte auch nichts erstatten muss; jedenfalls nicht die gesetzlichen, bei entsprechenden Streitwerten sehr hohen Gebühren.

Von daher ist es wenig verwunderlich, wenn Firmen wie TextGuard sehr auf die Geheimhaltung ihrer Verträge bedacht sind. Kommen die Vereinbarungen nämlich ans Licht, so wie durch Eva Redselig, eröffnen sich für die Abgemahnten ganz neue Einwendungen.

Diese Gegenargumente sind durchaus vielversprechend. So muss zum Beispiel der bekannte Hamburger Abmahnanwalt Clemens Rasch demnächst in den Zeugenstand treten. Ein Gericht möchte von ihm wissen, ob die Musik- und Filmindustrie ihm tatsächlich jene gesalzenen Gebühren erstattet, die er in seinen Abmahnschreiben lange Zeit geltend machte. Hier geht es um Millionenbeträge.

(In jüngster Zeit werden beim Film-, Musik- und Pornoabmahnungen ja fast nur noch Pauschalen gefordert, die im Vergleich zu den Goldgräberzeiten fast mitleidserregend niedrig sind. Letztlich stellen sich aber auch wieder ähnliche Fragen, wenn im Falle der Nichtzahlung der Pauschale doch wieder die angeblich “tatsächlich angefallenen” Anwaltsgebühren vor Gericht eingefordert werden – sofern ausnahmsweise mal tatsächlich geklagt wird.)

Kein Wunder also, dass der Geschäftsführer von TextGuard nicht begeistert von Eva Schweitzers Auskunftsfreude ist und, so berichtet es Telepolis, eine Art Geheimnisverrat bejammert. Vielleicht hat er ja den Mumm, die Journalistin deswegen juristisch zu belangen.

Man wird ja noch träumen dürfen.

7 Kommentare zu “Eva Redselig”

  1. Annegrete meint: (5.11.2009 um 20:26) AntwortenReply to this comment

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    Recht einfach und in den Grundfunktionen kostenlos.

  2. Bernhard meint: (5.11.2009 um 20:45) AntwortenReply to this comment

    »Eva, ik liebe dir«, sagte er
    und freute sich auf den Prozeß noch mehr.

    Noch besser ist natürlich, man kann dem Gericht mal so einen schriftlichen "All-inklusive-ohne-Risiko"-Vertrag vorlegen. Dann werden die Klägervertreter plötzlich ganz bleich und verlassen fluchtartig das Gerichtsgebäude.

  3. Carl meint: (5.11.2009 um 20:55) AntwortenReply to this comment

    Eine Frage zu den Gebühren, genauer: der Streitwertfestsetzung.

    Wie kommt es eigentlich zu diesen absurd hohen Streitwerten in den Abmahnverfahren?

    Denn dass Songs runterladen ohne zu bezahlen nicht rechtmäßig ist, dürfte dem Gros der Abgemahnten bekannt sein. Und es danach zu Forderungen des Rechteinhabers kommen kann wohl auch. Aber wie wird gerechtfertigt, dass eine Abmahnung letztlich genauso teuer ist wie das eintausendfache herunterladen des Songs bei Itunes und Co.

  4. Nelson meint: (5.11.2009 um 21:08) AntwortenReply to this comment

    ha ha

  5. Debe meint: (5.11.2009 um 21:39) AntwortenReply to this comment

    Angenommen, ich hätte eine Abmahnung von Frau Redseligs Mietmäulern bekommen (habe ich nicht) und diese auch noch bezahlt (hätte ich nicht). Gäbe es Chancen darauf, das Geld wiederzusehen? Wäre hier strafrechtlich etwas zu machen (Betrug)? Ich würde mich einfach schaden)freuen, wenn das Abmahngesocks selber vor den Kadi müsste.

  6. Finn Fogel meint: (5.11.2009 um 21:45) AntwortenReply to this comment

    @Carl: Häufig nutzte der Abgemahnte einen P2P Client, könnte also auch Titel hochgeladen haben, wodurch der Schaden größer wird.

    Des Weiteren wird teilweise unterstellt, jeder der einen Titel illegal runtergeladen hat hat auch noch mehr, ergo Die Rechteinhaber und der Anwalt verdienen ein höheres sümmchen bei Erfolg.

    @Debe: Evt. könnte aus § 812 BGB ein Anspruch bestehen. (Ich bin juristischer Laie also keine Garantie ;) )

  7. hauke meint: (5.11.2009 um 22:05) AntwortenReply to this comment

    Auch wir (gemeinnütziger Verein, der ein nichtkommerzielles monothematisches Web-Nachrichtenportal betreibt) wurden im April diesen Jahres Ziel einer Abmahnung von Herrn Will aus Hamburg, im Namen der Nachrichtenagentur AFP, deren Namen im Zusammenhang mit Frau Schweitzer auch schon fiel. Das Papier aus Hamburg sah stark nach einer Kopiervorlage aus, das ohne großen Arbeitsaufwand kopiert worden war. Herr Will hatte sogar vergessen, Seite zwei der Vollmacht seiner Mandantin samt der Unterschrift mit hineinzustecken.

    Es wurde festgestellt, dass wir das Urheberrecht der Mandantin mit zwei Textmeldungen verletzt hätten, die wir 2003 veröffentlicht haben. In den beiden 1000-Zeichen-Meldungen hatten wir lediglich Informationen der AFP als Quelle verwendet und einen O-Ton eines Experten übernommen. Die Texte selbst konnten von uns einwandfrei als selbst geschrieben herausgestellt werden, immerhin enthielten sie grammatikalische Fehler, die man bei Agenturmeldungen eher selten trifft. Leider waren die Originale aber nicht mehr auffindbar und auch Herr Will weigerte sich standhaft, uns die Originale verfügbar zu machen. Somit bestand bei uns ein Risiko, dass wir eventuell doch eine Urheberrechtsverletzung begangen hätten. Seine Forderung beliefen anfänglich auf 735 Euro (davon 335 Euro Geschäftsgebühr bei einem angesetzten Gegenstandswert von 10400 Euro). Die kurzen AFP-Meldungen müssen also wirkliche Goldminen gewesen sein. Die Zahlungsfrist lag übrigens nur zwei Werktage nach dem Eintreffen des Schreibens, es erreichte uns am Samstag des Osterwochenendes.

    Zwar zeigte sich Herr Will telefonisch geneigt, seine Forderungen zu halbieren, als er erfuhr, dass wir gemeinnützig sind. Seine erzwungene Nachreichung der Vollmacht führte auch zu einer Fristverlängerung von einer Woche (!), die wir aber wegen unseres vor allem übers Netz aktiven Vereins ebenso nicht wahrnehmen konnten. Wir baten – im Hinblick auf die Verteilung des Vorstands über mehrere Zeitzonen – um eine weitere Fristverlängerung. Diese Mailkonversation wurde von Herrn Will zunehmend unfreundlich und kurzatmig beantwortet. Schließlich erhöhte er – nach Ablauf der Frist – und unsere Bitte auf Aufschub ignorierend seine ursprüngliche Forderung auf 1100 Euro (400 für die Mandantin+ 700 Geschäftsgebühr). Sein Angebot von halbierten Forderungen aufgrund unserer Gemeinnützigkeit ließ er damit fallen.

    Das letzte was wir (jemals) von ihm hörten: Er werde sich nicht auf Diskussionen dieser Art einlassen (wir forderten erneut die Übergabe der Original-Agenturmeldungen). Dies sei seine letzte Nachricht "in dieser Runde". Er "mache diesen Beruf schon zu lange", um sich "auf diese Art von Diskussion einzulassen". Im Anhang seiner Mail war eine Warnung, vermutlich in Hinblick auf "Stufe zwei": Ein Screenshot des im Blogbeitrag erwähnten TextGuard, samt Adresszeile im Browser mit einer in Hamburg gehosteten DynDNS-Adresse. Wir haben diese URL einmal abgetippt und konnten den verwendeten Account direkt verwenden, um selbst nach Urheberrechtsverletzungen zu suchen. Ein weiterer Screenshot zeigte übrigens einen zitierten Text aus unserem Webforum, den er ebenfalls als "klar als Meldung" identifizierte. Auch dieses Ergebnis dürfte ihm der TextGuard geliefert haben. Der konnte nicht erkennen, dass es sich hier bloß um einen Forenbeitrag mit (kurzem) Zitat handelte. Zitate in Forenbeiträgen sind ja juristisch eine ganz andere Baustelle – und wir begannen uns zu fragen, ob er uns nun mit Abmahnungen in allen Bereichen unterziehen will oder nur die letzten Geschütze zur Einschüchterung auffährt.

    Wir haben zur Sicherheit die Sache an diesem Punkt doch noch einem Anwalt übergeben, der Herrn Will in unserem Namen antwortete, womit die Sache gegessen war (keine Reaktion). Das war zwar im Nachhinein Geldverschwendung (unser Verein zahlt selbst ein kurzes anwaltliches Beratungsgespräch nicht aus der Portokasse), aber wir sind um eine wertvolle Erfahrung reicher: Nämlich dem gesunden Menschenverstand schon am Anfang trauen und so haltlose Vorwürfe einfach direkt zurückweisen.