Peter Mühlbauer 05.11.2009
Mittelbar ans Licht kam dieses System durch
Der Anbieter nennt sich
TextGuard richtet sich nicht nur an Autoren, sondern explizit auch an Verlage und durchsucht neben aktuellen Webangeboten auch Archive. Angeblich klappt das Finden von "Plagiaten" mit allen Typen außer Kochrezepten. Für juristische Texte, die mit einem künstlich eingeschränkten Formulierungsbaukasten arbeiten müssen, wurde Gerigk zufolge mittlerweile eine Lösung gefunden, über die er allerdings nichts näheres verraten will.
Die Ergebnisse einer "Plagiatssuche" erscheinen in der kostenlosen Variante mit unterschiedlichen Farben gekennzeichnet: Rot steht für ganz oder weitgehend komplett übernommene Texte, Gelb für ein längeres und Grün für ein kürzeres Zitat. Grün und Gelb, so Gerigk, seien "üblicherweise ohne Relevanz".
In den professionellen Berichten werden Ergebnisse angeblich "beweissicher dokumentiert" und "nach Kundenvorgabe" behandelt. Als Beispiele nennt man das "Anschreiben an den Verwender mit der Aufforderung, das Plagiat zu entfernen" und die "Weiterleitung des Vorganges an einen Anwalt". Darüber, welchen Anteil die letztere der beiden Varianten einnimmt, will Gerigk sich nicht äußern. Interessant ist jedoch seine Angabe, dass gerade Verlagskunden das Angebot offenbar für rein statistische Zwecke nutzen, um herauszufinden, welche ihrer Texte am häufigsten zitiert werden.
Der Dienst bietet zwar Methoden zum Ausfiltern von "falschen" Treffern an - allerdings handelt es sich dabei im Wesentlichen nur um eine vom Nutzer erstellte Whitelist mit Domainnamen. Auf der Website sichert man sich damit ab, dass "nur der Suchende selbst" entscheiden könne, "ob es sich bei dem Treffer um ein Plagiat handelt" und TextGuard "keine Haftung für die Vollständigkeit oder Richtigkeit der Suche" übernehme.
Hinsichtlich der ebenfalls dort gefundenen Behauptung, die angebotene "Prüfung des Treffers nach Ihren Vorgaben [sei deshalb] keine juristische Prüfung", weil "TextGuard selbst oder von Textguard beauftragte Rechtsanwälte [...] von Gesetzes wegen keine Rechtsdienstleistungen erbringen" dürften, muss Gerigk jedoch einräumen, dass diese unrichtig ist und Einschränkungen durch das
Geheimniskrämerei
Nicht jedem Nutzer dürfte klar sein, dass der Hinweis, man führe keine "juristische Prüfung der Schöpfungshöhe" durch, nicht nur für fremde, sondern mehr noch für seine eigenen Texte relevant ist. Auch das in direktem Zusammenhang mit der Angabe, dass "nicht jede gefundene Kopie [...] ein Plagiat" ist, gebrachte Beispiel einer "korrekten Nutzung" durch "vereinbarte Verwendung", dem durch die Whitelist vorgebeugt werden könne, lässt den Nutzer über die Komplexitäten zwischen Schöpfungshöhe, freier Benutzung und Zitatrecht im Unklaren und bringt ihn möglicherweise dazu, auch dort eine rechtswidrige Nutzung anzunehmen, wo sie tatsächlich gar nicht vorliegt.
Wird der potentielle Kunde also dazu verleitet, Abmahnungen mit nicht haltbaren Ansprüchen auszusenden? Von Ausnahmen abgesehen hätte so etwas weder für ihn noch für den abmahnenden Anwalt negative Folgen - stattdessen dürften wohl zahlreiche Unschuldige zahlen, weil sie einen Prozess weder finanziell noch zeitlich riskieren können.
Was in dieser Richtung in jedem Fall skeptisch macht, das ist die Geheimhaltung, die wie ein Nebel aufsteigt, sobald man sich dem Bereich der Abmahnungen nähert: Unter Punkt Sieben der Informationen für Texter und Autoren heißt es: "Alleine für die vorstehend benannten Leistungen gemäß Ziffern 1 - 5 von Textguard entstehen Ihnen keine Kosten - im Erfolgsfall erhalten wir jedoch von Ihnen ein Erfolgshonorar gem. den Vertragsunterlagen." Diese Vertragsunterlagen werden jedoch - anders als auf der Website suggeriert - geheim gehalten und auch für die angebotenen "weiteren Informationen" steht man nur sehr bedingt zur Verfügung.
Auf die Frage, warum die Verträge geheim gehalten werden, behauptet Gerigk erst, dass so etwas "allgemein üblich" sei. Mit gegenteiligen Beispielen konfrontiert, meint er schließlich, man könne nicht sagen, warum die Verträge Geheimhaltungsklauseln enthalten, weil dies gegen die Geheimhaltungsklauseln verstoßen würde. Auch bezüglich der Anwälte, mit denen TextGuard zusammenarbeitet, zeigt man sich wenig auskunftsfreudig: Man würde, so der Geschäftsführer, für verschiedene Städte verschiedene Anwälte empfehlen, könne aber gegenüber der Presse keine Namen nennen. So bleibt offen, ob die Firma eher mit bekannten Abmahnanwälten zusammenarbeitet oder mit seriösen Juristen.
Ebenfalls unklar ist, welchen Anteil von den Forderungen TextGuard einstreicht. Der abmahnenden Journalistin
Anhand bekannter Honorare von Zeitungen, für die sie schrieb, spekulierten Blogger, dass sie (den Anwaltsanteil in Höhe von 954,80 Euro abgezogen) für das nur etwa ein Drittel der Zeichen umfassende Zitat möglicherweise das 15-fache des Ausgangshonorars für den kompletten Text verlangt haben könnte. Das wäre zwar noch nicht ganz der die Einnahmen aus dem Verkauf um das 150-fache übersteigende Profit, mit dem die Firma
(1) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30229/1.html
(2) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31396/1.html
(3) http://www.spreeblick.com/2009/10/30/stellungnahme-von-eva-schweitzer-zur-blog-abmahnung/
(4) http://www.nomnomnom.de/
(5) http://www.textguard.de
(6) http://www.anwalt.de/rechtstipps/teil-abmahnung-oder-rechnung-von-getty-images-erhalten_001713.html
(7) http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsdienstleistungsgesetz
(8) http://blogs.taz.de/newyorkblog/2009/10/30/empire_strikes_back/
(9) http://www.netzpolitik.org/2009/digirights-solutions-praesentation-zur-gewinnverbesserung-durch-abmahnungverfahren/
Telepolis Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31444/1.html
Copyright © Heise Zeitschriften Verlag