Die gute Tat der Piraten
Mittwoch, 29.7.2009, 08:40 > daMaxIm Tagesspiegel ist ein schöner Artikel zum Musikbusiness der Neuzeit. Amanda Palmer von den Dresden Dolls sagt zum Beispiel folgendes:
In ihrem Blog zog die Sängerin Bilanz:
„Einnahmen durch Twitter in zwei Stunden: 11 000 Dollar. Einnahmen durch mein Major-Soloalbum dieses Jahr: 0 Dollar.“ So klingt die Verzückung einer Künstlerin, die ihre Macht entdeckt – und vorführt, dass die Zeiten, in denen sich Künstler von Managern sagen lassen mussten, wo es langgeht, endgültig vorbei sind.
Hallo Musiker? So geht das. Nicht über die GEMA.
Tagesspiegel: Die gute Tat der Piraten
(via reizzentrum)
Hallo,
1. hat die GEMA mit dem Major-Label der Dresden Dolls nix zu tun. Ich bin mir sicher, daß die GEMA-Ausschüttungen für Amanda Palmer die 10000 $ Twitter-Kohle um ein vielfaches übersteigen.
2. Natürlich funktioniert das mit den neuen Vertriebswegen ganz hervorragend, wenn man bereits auf die Infrastruktur eines Major-Labels verfügt. Will sagen: Wenn man mit Hilfe "herkömmlicher Vertriebswege" mal so weit gekommen ist wie die Dresden Dolls, kann man es sich natürlich leisten, etwas Neues auszuprobieren.
3. Ja, der Trend in RIchtung neuer Vertriebswege geht dahin und das ist ja schön und gut so. Aber etwas wie die GEMA wird es immer gebn müssen, da hier Geld für die Verwendung von Musik eingenommen und an die Autoren ausgeschüttet wird. Eine Frage: irgendwo in einer Disko oder auf einem Radiosender läuft die Mucke eines Musikers, der da viel Zeit (und Geld) reingesteckt hat. Alle tanzen, alle findens gut, die Party wäre ohne die Musik nur halb so gut. WARUM und alles in der Welt soll der Musiker dafür nicht entlohnt werden? Weil manche meinen, die Musik sei frei? Wenn sie frei ist, also jedem gehört, wieso schreibt nicht jeder von uns täglich ein "Every breath you take" oder ein "Yesterday" oder ein "Smoke on the water" oder ein "Run to the Hills" oder...?
Das Ziel berechtigter Kritik sollten die Major-Labels sein, sicher. Da wird Geld rausgeschmissen in großem Maße. Selbst, wenn das Geld da ankommt, wo es ankommen soll (bei der Vermarktung großer Acts), ist das fast noch schlimmer. Oder findet es irgendjemand toll, daß die Stadt vor dem Konzert eines der sog. "Superstars" aus DSDS mit Plakaten, Flyern und Stickern zugemüllt wird?
Natürlich sollen die Majors sterben.
Aber Majors sind nicht gleich GEMA. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, sorry.
Ah, endlich geht eine kleine Diskussion los. Freut mich. Also:
zu 1.: okay, die GEMA hat nix mit dem Majorlabel zu tun. Korrekt. Über die Ausschüttungen können wir beide nur Mutmaßungen anstellen.
zu 2.: das können auch andere. Geh mal zu http://www.jamendo.com . Keiner dort ist sonderlich groß, alle probieren gemeinsam etwas neues aus. http://www.jonathancoulton.com ist das perfekte Gegenbeispiel eines Künstlers, der noch nie im Leben bei einem Major war und trotzdem von seiner Mucke leben kann. Komplett im Eigenvertrieb. Warum? Und da kommen wir zu deinem 3. Punkt
zu 3.: Das ist exakt die Argumentation, die ich von der Musikindustrie ständig zu hören bekomme. Ich fange erstmal mit ein paar Gegenbeispielen an, bevor ich zu meiner Sicht der Dinge komme, okay?
- wenn ein Maler ein Bild malt, bekommt er auch Geld für jedes Mal, wenn sich jemand das Bild anschaut?
- wenn ein Architekt ein Haus baut, bekommt er dann auch jedes Mal Geld, wenn jemand dieses Haus betritt?
- wenn ich mir einen Hammer kaufe, muss ich dann auch Gebühren zahlen, wenn ich damit einen Nagel bei meinem Nachbarn in die Wand kloppe?
Es ist ein Irrtum zu denken, für Musik müsse jedesmal bezahlt werden, wenn man diese Musik hört. Das ist doch albern. Der Künstler kann von mir aus ja jedesmal Geld bekommen, wenn jemand seinen Song kauft. Aber für jede öffentliche oder halböffentliche Aufführung mitzukassieren, ist einfach lächerlich. Zumal ja Künstler auch GEMA-Gebühren dafür zahlen müssen, wenn sie auf einem Konzert NUR IHRE EIGENEN Songs spielen. Wo ist denn da die Logik?
Aber zurück zu deiner Party: der DJ hat ja hoffentlich für die Platte gezahlt, die er da aufführt. Und die ganzen Leute? Vielleicht haben sie die Platte auch schon zu Hause und gehen deshalb so ab? Vielleicht finden sie die Scheibe aber auch so toll, dass sie sofort zu Amazon surfen und sie sich dort kaufen? Vielleicht finden sie die Platte aber auch total kacke. Sollen sie dann dafür zur Kasse gebeten werden? Oder sollten sie vielleicht Lärmbelästigungsgeld dafür bekommen? Bei manchem DJ wäre ich auf diese Weise zum reichen Mann geworden
Nach der GEMA-Logik darf es kein einziges Fanvideo auf YouTube geben, weil schließlich nie Gebühren dafür abgedrückt werden, wenn jmd einen Song zur Vertonung seines Videos verwendet. Ich halte das bei nicht-kommerziellen (!) Videos allerdings echt für ███████. Wäre doch schade, wenn solche Videos nur aufgrund solch irrsinniger Regelungen nicht mehr gedreht werden dürften.
Die GEMA solte erstmal ihre Zahlen transparent machen, dann würden wir nämlich endlich mal sehen, wer wieviel Kohle wofür bekommt. Ein staatlicher Monopolist, der mit verdeckten Zahlen hantiert, ist für mich inakzeptabel.
Also,
der Knackpunkt ist ja wohl die Nr. 3. Hier meine Antwort:
wir sind uns ja offensichtlich einig, daß der Maler und der Architekt Geld verdient haben. Die Frage ist, wie oft.
Die Qualität eines Bildes (gilt aber auch für Musik und Architektur) zu messen, ist ja bekanntlich schwierig. Ein Indikator kann die subjektive Verliebtheit des Nutzers sein. Manch einer kauft sich ein herrlich kitschiges Bild im Urlaub, hängt es zuhause übers Ehebett und wird von seiner Frau gehaßt, aber was solls: ihm war es die 250000 usbekischen So´m wert. Davon kann dann der usbekische Kunststudent wieder ein paar Wochen weiterstudieren.
Ein Herr Picasso hat derart schöne Urlaubsbilder gemalt, daß diese bereits zu seinen Lebzeiten im Museum gelandet sind, so daß die Leute so gut wie jedes Mal, wenn sie es in echt ansehen wollten, geblecht haben - Eintritt. Gleiches gilt für den Kunstdruck für zuhause: neben das Bild Sonnenuntergangs über dem usbekischen Aralsee (rettet ihn vor der Austrocknung!) hängt man sich den Kunstdruck der Guernica - Bastard Kunst sozusagen. Und dafür muß man halt auch zahlen. Zwar nur einmal, aber dafür ist es ja nur ein Kunstdruck.
Deshalb kosten mp3s auch weniger als eine richtige CD.
Für mich ist das schlüssig. Wenn jemand im Kaufhaus irgendeinen Muzak hört, soll er dafür natürlich nichts zahlen. Aber wenn die Party steigt, weil der Menuhin geigt (boah, bin ich wieder kreativ heute - los, zahlt Geld!), gehört dafür was abgezweigt! Also auf Prosa: wenn man sich so was wie Radiohead OK Computer oder Beatles Sgt. Pepper oder Iron Maiden Piece of Mind (ja, ich nenne sie in einem Atemzug!) anhört - das ist kein Muzak, der nebenbei läuft. Das hört man immer wieder und wenn man damit eine Party in Gang bringt, bei der man Geld verdient (weil die Mucke so geil ist) gehört dem guten Yehudi die Klarinette geblasen dafür, und das, obwohl er Geiger ist!
So, jetzt noch mal ne gute Nacht!
Leider ist dein Museumsargument gerade vor die Hunde gegangen:
http://wirres.net/article/articleview/5287/1/6/
Wir werden uns nicht einig, das seh ich schon. Eigentlich hatte ich gehofft, dass gerade du einsehen würdest, dass du bei der Gema nur draufzahlst und dich der Möglichkeit beraubst, in größerem Unfang bekannt zu werden. Aber vielleicht irre ich mich ja auch und du verdienst prima per Gema...