Warum der JMStV Zensur ist
Montag, 13.12.2010, 17:26 > daMaxIch will euch nochmal mit eigenen Worten darlegen, warum der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) so bedrohlich für unsere freie Demokratie im allgemeinen und mich im speziellen ist. Zitat aus meinem Artikel von gerade eben:
Der JMStV sieht Filterprogramme vor, die einer korrekt gekennzeichneten Website ansehen, ab welcher Altersstufe sie zugänglich sein soll. Nicht gekennzeichtete Websites werden dabei automatisch (!) als AB18 deklariert, d.h. außer deutschen Websites würde ein deutscher Jugendlicher nichts mehr zu sehen bekommen.
Warum ist das so? Nun, die Welt besteht aus 193 Staaten (alle UN-Mitglieder sowie die Vatikanstadt) und 12 weiteren Territorien, bei denen der Status als „Staat“ umstritten ist (Quelle: Wikipedia). Die Kennzeichnungspflicht nach JMStV gilt aber nur in Deutschland. Websitebetreiber aus allen 192 anderen Staaten (und den 12 Territorien) wüssten mit Sicherheit nichts von diesem deutschen Regelwerk und haben auch bestimmt besseres zu tun, als sich eine Alterskennzeichnung von der FSK abzuholen. Damit würden alle diese Websites von einem JMStV-Filterprogramm als AB18 deklariert. Darunter so entwicklungsbeeinträchtigende Sites wie Wikipedia.org, Disney.com und die New York Times. Kann mir bitte mal jemand erklären, warum das für unsere Betonschädel in sämtlichen Regierungen des Landes so schwer zu verstehen ist? Ich denke, das zeigt eindrücklich, weshalb man hier durchaus von Zensur reden kann.
Das war die eine Seite der Medaille. Die andere Seite der Medaille betrifft nun deutsche Website-Betreiber. Man hat die Wahl aus folgenden Optionen (vereinfacht dargestellt, eine genauere Erklärung findet sich hier):
- Man kennzeichnet seine Site gar nicht. Damit wird sie von Filterprogrammen automatisch als ab 18 Jahren zugänglich abgestempelt und kein Jugendlicher wird von einem Rechner mit Filterprogramm aus auf diese Site zugreifen können (es sei denn, er hat Alvars Artikel gelesen und verstanden)
- Man trennt strikt zwischen Inhalten BIS 16 und solchen AB 16. Fragt mich bitte nicht, wie das gehen soll. In einem Blog oder einer Website mit Kommentarfunktion ist so etwas schlichtweg nicht umsetzbar, weil man ja nie weiß, was einem die Leute so posten. Hier scheint in den Köpfen der Entscheider immer noch das Fernsehen das Vorbild für das Internet zu sein.
- Man ergreift technische Sperrmaßnahmen, z.B. ein eigenes Altersverifikationssystem mit einem passwortgeschützen Mitgliederbereich
- Man führt eine zeitliche Zugangsbeschränkung für Inhalte ab 16 und ab 18 ein, so dass Inhalte ab 16 nur nach 22 Uhr sichtbar sind. Großartige Idee in einer globalisierten Welt, right?
- Man kennzeichnet jeden (!) einzelnen (!!) Inhalt(!!!) und gibt den Benutzern ebenfalls die Möglichkeit, ihre Kommentare entsprechend zu kennzeichnen (buhuhu). Dann sorgt Mamas Filterprogramm schon dafür, dass Klein-Fritzi nur Sachen zu sehen bekommt, die er sehen darf (es sei denn... siehe oben).
- Man wird Mitglied im FSM. Hier ist leider nicht die Church of the Flying Spaghetti Monster gemeint, sondern die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter eV. Mitglied werden kann man hier, ich habe mir erspart, mir das ganze Blabla durch zu lesen. Ich habe meine Zeit schließlich auch nicht gestohlen...
Aber damit nicht genug. Die Einschätzung, was denn nun für welches Alter geeignet ist, ist für den Laien schlichtweg unmöglich. Der AK Zensur hat hierzu ein eindrucksvolles Experiment gestartet das zeigt, dass der "gesunde Menschenverstand" hier nicht weiter hilft. Und nun der Hammer: wenn auch nur ein Inhalt auf einer Website falsch gekennzeichnet ist, drohen Bußgelder von bis zu 500.000 EUR! Euer bescheidener Schreiberling wäre damit für den Rest seines Lebens verschuldet und hätte keine Lebensgrundlage mehr.
Und um es einem Normalsterblichen endgültig unmöglich zu machen, eine Website zu betreiben, muss man auch noch einen Jugendschutzbeauftragten benennen, der für die Webite zuständig ist und am Besten 24/7 Gewehr bei Fuß am Telefon sitzt.
Zu guter Letzt möchte ich euch mal aufzeigen, wie dieses absolut irrsinnige Regelwerk durch sämtliche Instanzen Deutschlands gepeitscht wurde. Damit es hinterher nicht wieder heißt, das wäre alles demokratisch legitimiert. Flatter hat das unter dem Titel "JMSTV: Wenn die Geisterhand abstimmt" hervorragend zusammengefasst und ich bin jetzt dreist genug, das mal großflächig zu kopieren:
Einige Beispiele: In Berlin machen die Grünen eine große Welle gegen das Gesetz, während die Linke, die überall sonst dagegen ist, dort nicht gegen den JMSTV stimmt – sie habe es dem regierenden OB Wowereit halt versprochen. Im Saarland stimmt die komplette Regierung aus CDU,FDP und FDP2 (Ulrichs Grüne) dafür, obwohl die Grünen ja eigentlich dagegen sind und die FDP auch. Die allerdings auch nur dort, wo sie nicht regiert, zum Beispiel in NRW. Hier wird der Landtag gleich komplett mit Gummi ausgekleidet, der Wahnsinn steht am Steuer und hält kichernd aufs Riff zu: Die Minderleistregierung aus SPD und Grünen will sich enthalten! “Nicht-Zustimmung” nennen die grünen Mitmacher das, wenn man der CDU-Restmehrheit die Zustimmung zum JMSTV überlässt. Dann sind die schuld. Breitmaulfrösche?
Ist das eure Vorstellung einer funktionierenden Demokratie? Meine nicht. Meine Vorstellung einer totalitären Zensurinfrastruktur wird allerdings durch diesen JMStV hervorragend erfüllt.
Deshalb: JMSTV ABLEHNEN!
Mehr dazu:
Jugendmedienstaatszensur
Umgehen von „Jugendschutzprogrammen“ nach JMStV ist trivial
2 Meinungen zu “Warum der JMStV Zensur ist”
[...] Wie das aussehen soll, beschreibt daMax in seiner wunderbaren Zusammenfassung Warum der JMStV Zensur ist. [...]
[...] muss ich mir an die eigene Nase fassen. Warum er allerdings retweets davon untersagt ist mir [...]
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