Ankara, gestern nacht
Sonntag, 23.6.2013, 21:51 > daMax02.06: [Ankara] Die Polizeiangriffe in Dikmen geraten außer Kontrolle. Gepanzerte Fahrzeuge werfen Tränengasbomben auf alle Menschen, die sich gerade auf der Straße befinden. Die Bewohner von Dikmen öffnen die Türen ihrer Wohnungen für Demonstranten. Es wurde berichtet, dass 2 Menschen von Tränengasgranaten verletzt wurden.
02.10: [Ankara] Nachdem es ziemlich lange einen Demonstranten in den Gassen verfolgt hatte, hat ein gepanzertes Polizeifahrzeug diesen aufs Korn genommen und ist direkt auf ihn zugefahren, offenbar in der Absicht ihn umzubringen. Der Demonstrant ist nur knapp entkommen und konnte sein Leben retten, dank eines Metallteils, das das Fahrzeug aufgehalten hat.
PS: ein Hoch auf die Internationale Zusammenarbeit im Niederschlagen von Protesten: eine Tränengaskartusche, die in der Türkei eingesetzt wurde. Made in Brazil. Man beachte das Haltbarkeitsdatum.
#direngezi | #occupygezi | #resistanbul
naja, das Zeug musste halt weg...
Beim Butzko habe ich folgendes dazu gefunden:
Ein offener Brief an die deutsche Öffentlichkeit - Bitte teilen!
Meine lieben deutschen Freunde, Medienvertreter und Politiker,
ich möchte mir die Zeit nehmen und Euch die Situation in der Türkei aus der Sicht eines „Deutsch-Türken“ schildern, aus der Sicht von jemandem der mit Euch aufgewachsen ist und dem in endlosen Geschichtsstunden dieselbe Generalschuld am 3. Reich indoktriniert wurde, wie Euch.
Ja, auch ich senke schuldbewusst die Augen und gucke verschämt in eine Ecke, wenn jemand die Worte „Jude“ oder „Hitler“ in den Mund nimmt – obwohl meine Ahnen an sich wenig mit der Geschichte zu tun hatten. Doch gerade im Angesicht der aktuellen Ereignisse in der Türkei, bin ich mehr als dankbar für diese Sensibilisierung.
Denn die Parallelen zwischen den Ereignissen des 3. Reiches und dem was aktuell und in den letzten Jahren in der Türkei passiert, sind so erschreckend, dass man sich fragt, warum die Deutschen nicht als Erste gemeinsam mit den Türken auf dem Taksim Platz standen um zu protestieren. Solltet nicht gerade Ihr aus der Geschichte gelernt haben?
Der Vergleich zwischen Erdoğan und Hitler ist nämlich absolut berechtigt, insbesondere wenn man sich auf die Zeit bis 1933 bezieht. Ok, sein größtes Unheil hat Hitler danach angerichtet, aber wenn man Erdolf nicht jetzt Einhalt gebietet, sollte man sich später nicht über das Ergebnis wundern. Jeder (auch Hitler) fängt eben mal klein an.
So wie einst Hitler, kauft sich auch Erdoğan Stimmen mit Kohlesäcken, Lebensmitteln und anderen Gefälligkeiten. Finanziert werden diese Geschenke sowie sein Wahlkampf natürlich zum größten Teil aus der Staats- und nicht der Parteikasse. Weiterhin manipuliert er die Wahlen, indem er beispielsweise konkurrierende Politiker mit inszenierten Skandalen diskreditieren und deren Wahlplakate einfach überkleben oder gar abnehmen lässt. Zusätzlich ändert er das Wahlverfahren und bestellt die gleichen Wahlmaschinen, die schon George W. Bush zu seinem zweiten „unumstrittenen“ Wahlsieg verholfen haben...
So wie einst Hitler, belebt auch Erdoğan augenscheinlich die nationale Wirtschaft und senkt die Arbeitslosigkeit, was bei beiden den Rückhalt im Volk erklärt. Die Senkung der Arbeitslosigkeit ist dabei in beiden Fällen zu einem großen Teil durch massiven Infrastrukturausbau und ihre Prunkbauten zu erklären. Man denke im Falle der Türkei nur an die 3. Brücke, den 2. & 3. Flughafen für Istanbul, einen Kanal parallel zum Bosporus, einem Tunnel unter dem Bosporus hindurch, an Autobahnen, Moscheen, Einkaufszentren und vieles mehr, das quasi im 24/7 Schichtbetrieb hochgezogen wird.
So wie einst Hitler, betreiben auch Erdoğan und seine AKP massive Vetternwirtschaft. Bei öffentlichen Ausschreibungen brauchen sich parteikritische oder unabhängige Unternehmer erst gar nicht zu bewerben. Öffentliche Aufträge werden wenn irgend möglich nur unter Parteigenossen und Verwandten vergeben, damit das Geld auch ja in der „Familie“ bleibt.
So wie einst Hitler, führt auch Erdoğan eine Ein-Mann-Partei, die nach unten hin strikt hierarchisch durchorganisiert ist. Es geht sogar so weit, das die Leiter von AKP Ortsverbänden regelrecht die Funktion eines „Blockwarts“ übernehmen. Parteimitglieder und Wähler die sich auffällig oder unkooperativ verhalten, nicht zu Versammlungen erscheinen oder in anderer Art gegen die Parteigesinnung verstoßen, werden denunziert, unter psychologischen Druck gesetzt und müssen mit Verunglimpfung und anderen Repressalien rechnen.
So wie einst Hitler, betreibt auch Erdoğan Gleichschaltung im großen Stil. Er besetzt alle strategischen Schlüsselpositionen im Staat mit Gesinnungsgenossen und ändert die Verfassung zu Gunsten seiner Diktatur. Er entmachtet das türkische Militär - welches sich in erster Linie dem Säkularismus verpflichtet sieht – indem er es der zivilen Gerichtsbarkeit unterstellt und inhaftiert hochrangige Admiräle, Generäle und Offiziere mit fadenscheinigen Putschvorwürfen. Immer noch werden viele dieser Militärs seit Jahren ohne Anklageerhebung oder Prozess festgehalten.
So wie einst Hitler, tut auch Erdoğan alles um einer unabhängigen Justiz entgegenzuwirken. Dem Verfassungsgericht, das seine Partei 2008 um Haaresbreite verboten und ihm und seinen Komplizen ein Politikverbot erteilt hätte, zieht er die Zähne indem er die Zahl der Richter erhöht und das Ernennungsverfahren so ändert, dass er die Möglichkeit hat, mehrheitlich seine eigenen Leute zu platzieren. Kritische Richter und Staatsanwälte werden aus dem Dienst entlassen und durch folgsame Gesinnungsgenossen ersetzt. An vielen Stellen ersetzen nicht klar definierbare oder qualifizierbare (muslimische) Werte gängiges Recht.
So wie einst Hitler, schaltet auch Erdoğan Presse und Medien gleich. Sein Verfassungsgericht erlaubt ihm die faktische Abschaffung der Pressefreiheit und Zensur nach eigenem Gutdünken. Kritische Journalisten und Reporter werden inhaftiert und ohne Prozess bzw. mit künstlich in die Länge gezogenen Scheinprozessen mundtot gemacht. Freie Presse und Medien gibt es seitdem de facto nicht, daher belegt die Türkei aktuell auch nur Rang 154 von 179 im Index für Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen". Die regierungstreuen Medien in der Türkei fangen erst nach massivem Druck des Volkes an, zaghaft über die laufenden Ereignisse zu berichten. Dabei wird aber dennoch die durch Erdoğan vorgegebene Linie eingehalten und die Protestierenden werden ein ums andere mal als randalierende Minderheit dargestellt. Die einzigen beiden Sender, die die Weisungen der türkischen Regierung missachtet und live und kritisch von den Übergriffen der Polizei berichtet haben (Halk TV und Ulusal TV), werden mit hohen Geldstrafen belegt und mit Abschaltung bedroht.
So wie einst Hitler, hat auch Erdoğan ein Faible für pompöse Inszenierungen für die Medien. Zu seinen Versammlungen werden seine „Anhänger“ kostenlos mit Bussen, Bahnen und Fähren des Öffentlichen Nahverkehrs transportiert – und das selbst zu Zeiten in denen der gesamte ÖPN eigentlich stillgelegt wurde, um Protestierende am Erreichen des Taksim Platzes zu hindern. Bezahlen tun dies die türkischen Steuerzahler, genauso wie die kostenlosen Flaggen, Banner, Kappen, T-Shirts und Anreiseprämien, die auf den AKP Veranstaltungen ausgegeben werden. Die Teilnahme an solchen Veranstaltung ist für Parteimitglieder quasi verpflichtend, aktuell wurde sie in einigen Einladungs-Tweets der AKP sogar als die „muslimische Pflicht eines jeden Gläubigen“ bezeichnet. Erscheinen einmal nicht genug „Anhänger“, werden Veranstaltungen auch gerne einmal verschoben um noch weitere Fans herbei zu karren oder man greift alternativ zu Photoshop und zaubert sich einen Haufen virtueller Groupies. Alles für die Kameras...
So wie einst unter Hitler, ziehen auch schon unter Erdoğan parteinahe Lynchmobs hinter Hundertschaften der "Staats"-Polizei durch die Straßen und skandieren "Allah-u-akbar". Sie attackieren protestierende Regimegegner, sowie jeden, der es wagt sie zu filmen oder fotografieren, mit Knüppeln und Eisenstangen. Die Polizei sieht dabei nur zu und feuert sie in manchen Fällen sogar noch an. Erst als das Fernsehen endlich live auf die Geschehnisse schaltet, schreitet die Polizei ein, ohne jedoch auch nur eine einzige Festnahme innerhalb der AKP-Anhängerschaft vorzunehmen.
Es gibt sogar noch weitere Gemeinsamkeiten die man hier aufzählen könnte, aber bereits die bisher genannten Punkte zeigen alle Merkmale, die eine Diktatur definieren: Verletzung von Menschenrechten, eine abhängige Justiz, Zensur der Medien, manipulierte Wahlen und eine Polizeimacht, die wider besserem Wissen willenlos Befehle befolgt. Man muss hier ergänzend anmerken, dass die türkische Verfassung dieselben Sicherheitsmechanismen vorsieht, die auch in der deutschen Verfassung verankert sind, um Geschehnisse wie die des 3. Reiches zu verhindern. Die Polizisten werden sich also - nach einem eventuellen Sturz der Erdoğan Regierung - nicht darauf berufen können, lediglich Befehle befolgt zu haben.
Und nun befinden wir uns in einer Situation, in der ein egomaner und cholerischer Erdoğan ein ums andere Mal Öl ins Feuer gießt und provoziert, lügt und polemisiert, wo er nur kann. In Anbetracht der bereits aufgezählten Parallelen zum 3. Reich liegt es dann doch auch absolut im Bereich des Möglichen, dass auch dies pures Kalkül ist. Provozieren und brutal attackieren, bis die Demonstranten gar keine andere Wahl haben als sich mit Gewalt zu verteidigen. Und wenn dann der erste Polizist von Demonstrantenhand gestorben ist, kann er den Konflikt als Bürgerkrieg einstufen und - so wie sein großes Vorbild - Notstandsgesetze ausrufen. Dann noch eben die Verfassung außer Kraft gesetzt und er kann endlich seinen Thron als Sultan besteigen. Auch ein praktischer Weg dem Ende seiner Amtszeit zuvorzukommen und Neuwahlen zu verhindern.
Erdoğan hat in seinen Hasspredigten ja bereits angekündigt alle Verantwortlichen für die Proteste und deren Kollaborateure ausfindig machen und verhaften zu lassen. Anwälte und Ärzte hat er bereits einkassiert. Und wie viel weiter ist es von diesem Punkt noch zu Internierungslagern? Er wird die Millionen, die jetzt auf den Straßen sind, jedenfalls nicht in die ohnehin schon überlasteten türkischen Gefängnisse zwängen können.
Wie weit muss es also kommen, damit die Welt bemerkt, dass Erdoğan im Begriff ist, ein 4. Reich aufzuziehen? Müssen "Ungläubige" und Andersdenkende wirklich erst interniert, deportiert oder von islamischen Schnellgerichten auf der Straße verurteilt und exekutiert werden? Muss Erdoğan erst in Syrien einmarschieren um den Diktator Assad zu stürzen und seinen radikal-islamischen Brüdern helfen, dort einen Gottesstaat zu errichten? Oder muss er sich tatsächlich auch erst die Juden – sprich Israel – vornehmen, mit denen er, seit deren Versenken einer Hilfslieferung für seine palästinensischen Waffenbrüder, ohnehin noch eine Rechnung offen hat?
Bitte wacht endlich auf! Jetzt nachdem er endlich seine wahre, hässliche Fratze gezeigt hat, gibt es keinen Grund mehr Erdoğan mit Samthandschuhen anzufassen. Man muss ihn nicht mehr als „verlässlichen Partner“ bezeichnen und weiter so tun, als ob Erdoğan der Mann ist, der die Türkei in die EU führen wird. Er hat in 10 Jahren Amtszeit 1 von 35 Kapiteln der Beitrittsverhandlungen abgeschlossen. Behält er dieses Tempo bei, wird es also nur noch knapp 350 Jahre bis zum türkischen EU-Beitritt dauern. Und es sind gerade die Menschen, die jetzt auf der Straße protestieren, die Ihr in der EU haben wollt – und nicht die islamistischen Anhänger Erdoğans.
Der Punkt ist: Die westliche Welt hat die Türkei über Jahre aufgefordert, sich zu Demokratie und Menschenrechten zu bekennen. Die türkische Regierung ist dieser Aufforderung bisher nicht ausreichend nachgekommen und macht auch nicht den Anschein, dass sich das in Zukunft ändern wird.
Nun hat das TÜRKISCHE VOLK selbst Euch geantwortet. Es wäre schade, wenn diese Antwort gerade jetzt nicht gehört wird und Ihr sie in ihrem Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie alleine lasst.
Daher bitte ich Euch diesen Text zu teilen und Eure Solidarität mit den demokratischen und freiheitsliebenden Menschen der modernen Türkei zu bekunden. Fordert Eure Politiker dazu auf klare und deutliche Worte gegen die Geschehnisse in der Türkei zu finden und die Regierung Erdoğan zum Rücktritt aufzufordern! Ermutigt den Präsidenten Hindenburg, ähh, ich meine Gül dazu das Parlament aufzulösen. Ein simpler "Aufruf zur Besonnenheit" ist mit Sicherheit deutlich zu wenig.
Fordert Eure Journalisten dazu auf aus der ganzen Türkei zu berichten, die Lügen der türkischen Propagandamaschinerie zu entlarven und das faschistische Regime in all seinen hässlichen Facetten darzustellen.
Dem Möchtegern-Diktator Erdoğan muss klar gemacht werden, dass seine politische Karriere auf Wunsch seines eigenen Volkes beendet wurde und dass Deutschland, Europa und der Rest der Welt keinen zweiten Hitler zulassen werden – weder in der Türkei, noch sonst irgendwo auf der Welt !
BK
Sowas würde in Deutschland nie passieren … also sowas: