Meine Computerspielesucht wird zur Zeit durch eine mir bisher unbekannte neuartige Droge befriedigt. Starseed Pilgrim heißt das Rauschmittel, ist für fast lau erhältlich und sieht in etwa so aus:

Selbstporträt von der Website:

"Starseed Pilgrim is a game about tending a symphonic garden, exploring space, and embracing fate."

You are a gardener, tending to empty noise and empty space to fill them both with colour. You are a refugee, building your own world away from the spreading darkness. You are an explorer, discovering new places, new rules, and new fascinations. The universe is bigger than you know.

Glaubt man eingefleischten Abhängigen, ist der größte Kick bei diesem Spiel die nicht vorhandene Anleitung und der daraus resultierende Zwang, sich alles durch Herumexperimentieren zu erarbeiten. Bei mir führte das nach etwa 1-2 Stunden zu echtem Frust, weil ich immer noch nicht kapiert hatte, was genau eigentlich von mir erwartet wird. Zwar gefiel mit der minimalistische Pixelstil und die ebenfalls minimalistischen Sounds recht gut, aber ich kam einfach auf keinen grünen Zweig.

Ich fand also eine etwas ausführlichere Beschreibung und da ich persönlich das Spiel ohne diese sicher nicht weiter gespielt hätte, schreibe ich jetzt auch eine solche Anleitung. Wer sich dem Spaß des Herumexperimentierens unvoreingenommen hingeben will sollte also jetzt aufhören zu lesen, denn ab hier gilt maximaler Spoileralarm. Dennoch verspreche ich euch, dass ihr an dem Spiel auch nach der Lektüre dieses Artikels noch Spaß mit dem Spiel haben werdet.

In Starseed Pilgrim schlüpft ihr in die Rolle eines Astrogärtners (oder so). Ausgerüstet mit ein paar Samen könnt ihr eine Plattformlandschaft wachsen lassen und euch so Zugang zu den verschiedenen Levels erarbeiten.

Die Bestandteile

Es gibt verschiedene Samentypen, die unterschiedliche Plattformen wachsen lassen. Diese sind im einzelnen:

  Aus diesem Samen wachsen Plattformen in eine Richtung geradeaus, entweder nach links, nach rechts oder nach oben, je nachdem, wo ihr ihn pflanzt. Standardmäßig wächst die Plattform nach links. Geht das nicht, wächst sie nach rechts. Nur wenn auch das nicht geht, wächst sie nach oben.

  Dieser Same lässt ein Eiskristall entstehen. Im Eis breitet sich die Schwärze langsamer aus.

  Diesem Samen entspringt so etwas wie eine Hecke mit darin wachsenden Herzchen. Was es damit auf sich hat, wird später noch erklärt. Da die Hecke recht fix und vor allem völlig chaotisch wächst, ist es nicht ganz leicht ihr "zu folgen" ohne den Anschluss zu verlieren.

  Mit diesem Samen könnt ihr eine Art klebrige Hängepflanze wachsen lassen. Diese wächst solange nach links und rechts bis sie an ein Plattformende kommt, ab da wächst die ein paar Kästchen nach unten und bildet dann einen kreuzförmigen Abschluss. Das gemeine an diesen Plattformen ist, dass ihr darauf so festklebt, dass ihr nicht mehr richtig hoch springen könnt. Der Einsatz dieser Samen will deshalb wohl überlegt sein, sonst manövriert ihr euch schnell ins Abseits.

  Aus diesem Samen erwächst eine burgzinnenartige Struktur. In ihr breitet sich die Schwärze am allerlangsamsten aus.

  Diesem Samen entwächst eine Bombe:

Wenn man darauf steht und die Runter-Taste drückt, geht ein kurzer Timer los und die Bombe explodiert zu einem Plattformball:

Der Einsatz der Bombe ist nicht ganz ungefährlich, weil sie euch "töten" kann. Um das zu verhindern springt man einfach in die Höhe nachdem man sie gezündet hat. Die Explosion reicht nämlich nur genau bis unter eure maximale Sprunghöhe.

Aus diesem Samen wächst eine Sprungplattform, die euch 5 anstatt 3 Kästchen springen lässt.

Und zu guter Letzt gibt es das Herzchen, das so etwas hier entstehen lässt:
Die Herzchenplattformen lassen sich abbauen, pro abgebauter Plattform bekommt man wiederum einen Samen. Sehr praktisch.

Das Spielprinzip

Das Spiel teilt sich in 2 verschiedene Welten: zunächst gibt es die "Hauptwelt", in der ihr versuchen müsst, die einzelnen Levels zu erreichen, indem ihr Plattformen in alle Richtungen baut. Außerdem gibt es die "Levelwelten", die ihr betretet, wenn ihr ein entsprechendes Türchen aktiviert. So sieht ein Türchen aus:

Und so sieht jeder Level aus, sobald ihr ihn betretet:
Ja, das ist tatsächlich ein Level. Eure Bewegungsmöglichkeiten sind: Samen pflanzen, links und rechts laufen, springen und "graben". Ihr könnt sowohl nach unten graben als auch nach nach links und rechts, aber nicht nach oben. Dabei ist es sehr wichtig zu berücksichtigen, dass ihr immer nur 3 Kästchen wieder hoch springen könnt, denn sonst landet ihr schnell in einer Sackgasse.

Der Stern unten in der Mitte markiert den späteren Ausgang aus dem Level. Die schwarze Fläche wächst mit der Zeit (ihr könnt das an den schwarzen Punkten in den angrenzenden Feldern sehen) und stellt somit das Zeitlimit für den Level dar. Dazu später mehr.

Im Level verteilt findet ihr Sternchenfelder. Diese gilt es zu erreichen, indem ihr Plattformen genau da hin baut.
Allerdings quillt auch aus diesen Sternchen das Schwarze Nichts hervor und frisst nach und nach euren Level auf. Damit ist die Zeit, die ihr für einen Level verwenden könnt, begrenzt, denn sobald ihr ein schwarzes Kästchen betretet, landet ihr in einer invertierten Parallelwelt:

Alles, war vorher weiß war, ist nun schwarz und quasi "Wand", alle eure bisherigen Plattformen sind nun weiß und damit "begehbarer Gang". Die Herzchen, die vorher noch in den Hecken gewachsen waren, sind auch in dieser Parallelwelt vorhanden und können eingesammelt werden. Sie werden in der "Hauptwelt" gegen Samen eingetauscht, die ihr dann wiederum verwenden könnt, um die Plattformen zu den weiteren Leveltürchen zu bauen. Die Sternchen werden zu Schlüsseln und der Stern, den ihr am Beginn des Levels saht, wird zu einem Schloss. Ihr kommt aus der Schwarzwelt also nur heraus, wenn ihr einen Schlüssel habt. Die eingesammelten Samen können in dieser Welt auch als "Floatingbubbles" eingesetzt werden, um an sonst unerreichbare Stellen zu kommen.

Die Herausforderungen

Soweit verstanden? Es ist schon nicht ganz simpel bis hierhin, aber es wird noch besser. In jedem Level gibt es nämlich subtile Unterschiede im Verhalten der Spielphysik. Manchmal wächst aus einem Eissamen nicht nur ein einzelner Kristall, sondern er vereist die gesamte Plattform, auf der er gepflanzt wurde. Manchmal könnt ihr nur 2 Kästchen hoch springen, manchmal könnt ihr nicht graben, manchmal wachsen die Plattformen schneller als gewohnt usw. usf. Diese kleinen Änderungen führen dazu, dass man in jedem Level eine neue Strategie erarbeiten muss, um zum Ausgang zu kommen.

Damit aber nicht genug. In den Levels ist nicht nur ein Sternchen versteckt, sondern viele davon. Manchmal trifft man auch auf Felder, in denen 3 Sternchen sind. Diese verwandeln sich in der Schwarzwelt zu Dreifachschlössern und ich nehme an, für sie benötigt man 3 Schlüssel. Allerdings ist es mir noch nie gelungen, ein solches Dreifachschloss zu öffnen.

In der "Hauptwelt" gilt es nun also, die aus dem Level geretteten Samen möglichst sinnvoll einzusetzen, um die anderen Leveltürchen zu erreichen. Dabei muss man sehr strategisch vorgehen, weil man die Samen ja nach dem Zufallsprinzip erhält und sich eben gut überlegen muss, in welche Richtung man bauen will und wie man so dort hin kommt, dass man später auch wieder zurück laufen kann.

Fazit

Wenn man die anfängliche Hürde des "was zur Hölle muss ich hier machen?!" überwunden hat, wird Starseed Pilgrim schnell zu einem abendfüllenden Puzzleerlebnis. Die einzelnen Levels stellen einen immer wieder vor neue Herausforderungen und der Garten, den man sich nach und nach in der Hauptwelt aufbaut, wächst einem zusehends ans Herz. Es dauerte nicht lang, bis ich Namen für verschiedene Bereiche meines Gartens im Kopf hatte (die Heckenlandschaft, die Eisbrücke, der Sprungpark, der Hängegarten usw). Die absolut süße und bunte Pixeloptik weiß zu gefallen und der atmosphärische Minimalsound rundet das Spiel ab zu einem perfekten Platformpuzzler, der ein gerüttelt Maß an Geschicklichkeit verlangt.

Für einen Preis von 3$ (plus freiwilligem Bonus) kann man nun wirklich nichts falsch machen.

http://www.starseedpilgrim.com/

Plattformen: Windows, Mac OSX, Linux

Wer weitere Tipps und Tricks sucht, wird hier fündig.

Selbsthilfefragen an andere Süchtige: habt ihr rausgefunden, was es mit dem Level »Hopeless, I ignored it« auf sich hat? Und mit den Dreifachschlössern?

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