Die Fragmentierung der deutschen Politlandschaft geht weiter
Donnerstag, 26.9.2024, 07:22 > daMaxNachdem erst der komplette Vorstand der Grünen zurück getreten ist, geht der Vorstand der Grünen Jugend noch einen Schritt weiter und tritt geschlossen aus der Partei aus, um einen neuen Jugendverband zu gründen. Damit zersplittert die Parteienlandschaft noch weiter. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich halte das für keine gute Entwicklung (so sehr ich auch schon auf die Grünen eingeprügelt habe und sie nicht mehr wählen würde). Mir scheint, im Moment profitiert nur noch die AfD so ziemlich von allem, was in diesem Land politisch passiert
Ohne da in´s komplett Philosophische abdriften zu wollen, spiegelt dieser Werdegang doch irgendwie auch nur den Weg dieser Gesellschaft und damit die sozialen Verhältnisse. Das dabei die Ursache weder die Grünen noch Linke etcpp. sind, sondern das Inneliegende diese gerne so beniemte "Schere zwischen Arm und Reich" ist, das wird dabei zugekleistert.
Speziell die Grünen sind von ihren Ansätzen sehr weit abgekommen auf dem Weg zur Sachpolitik einer bürgerlichen Partei, bei der sie gegen ihre eigenen "Ideale" regieren und entscheiden. Das macht sie bei ihrer eigentlichen Klientel unglaubwürdig - Austritt der Jugend - und schmälert eben auch die Wählerkreise. Die eher gehobene und gebildete Prenzelberg-Klientel mit leicht linksliberaler Haltung ist eben nicht mehr so dicke vertreten in der Bevölkerung und die meisten Stimmen holen die Grünen nun einmal eher in den einstigen Kiezen, die so durchgentrifiziert wurden. Auf dem platten Land sieht das sowieso anders aus.
Im Grunde haben die Grünen ihren Weg zu einer bürgerlichen Partei abgeschlossen und von denen gibt es halt schon genug, weshalb sie jetzt teils "assimiliert" werden oder wieder in der Versenkung verschwinden.
Dasselbe Problem hat die Linke, die sich als Arbeiterpartei eben auch stark auf das intellektuelle Lager und das studentische Milieu konzentriert hat und beim emanzipatorischen Ansatz, jede diskriminierte Gruppe einzubinden, die Armen und Arbeiter zuindest im Wahrnehmen versiebt hat. Das mag vor Ort und im persönlichen Umgang anders sein, im Überbau fühlen sich und werden viele eben durch diese Parteien nicht (mehr) vertreten.
Und so wie eine Nachkriegs-SPD immer weniger der alten Stammwähler hat dank der jetzigen gesellschaftlichen Verhältnisse, so kackt eine Linke ab, weil ihr im Osten die alten Wähler wegsterben und sich in der gesamtdeutschen Landschaft kaum jemand mit ihr arrangieren kann: Im Westen sind das immer noch die bösen Kommunisten und im Osten hat die AfD abgeräumt, weil es u.a. durch den wirtschaftlichen Kahlschlag der Nachwendezeit kaum noch eine geschlossene Industriearbeiterschaft gibt, von der ja im Westen auch die SPD bislang profitierte.
Gleichzeitig wird durch Krisen, die Pandemie, Kriege und neoliberale Politik sowie der ständigen Panikmache der Parteien und Medien als deren Sprachrohre der Großteil der Menschen in ihren Suggestiv- und echten Ängsten permanent getriggert und genau das ist der Boden für den Populismus, über den dann AfD, BSW und ihre Trittbrettfahrer in den anderen Parteien ihr Potential haben. Blöderweise übersehen solche Intelligenzbestien wie Merz, Söder und Co., dass sie darüber nur die Populisten stärken, statt selbst zu profitieren.
In der Politik der letzten Jahrzehnte unterscheiden sich die Parteien ohnehin kaum bis auf den Namen. Die "Erfolge" dabei:
- HartzIV
- Zerlegen der gesetzlichen Rente
- Schaffen eines prekären "Arbeitsmarktes"
- bis auf Ausnahmen kaum Fortschritte in der Umweltpolitik
- inzwischen enormes Erhöhen der ohnehin nicht geringen Rüstungsausgaben zugunsten der Industrie und ohne wirklichen Nutzen für den Trachtenverein
- durch obige Maßnahmen eine enorme Zunahme dauerhaft Armer in dieser Gesellschaft ohne Aussicht auf Umkehr
- Abschaffen und Kastrieren gewerkschaftlicher Rechte und Errungenschaften (TEG und damit das Streikrecht, immer weniger gewerkschaftlich Organisierte dank Zeit- und Leiharbeit)
- immer weniger Ausgaben für Bildung, Infrastruktur, Kultur, Daseinsvorsorge und Allgemeingüter
- uswusw.
Sowas kommt von sowas und so wurstelt halt jeder vor sich hin und versucht immer noch, im Run Of Life nach oben zu buckeln und nach unten zu treten, damit man im Spiel "Mein Haus, mein Boot, mein Auto" wenigstens etwas weiter oben auf der Leiter steht. Klappt das nicht, dann ist man eben wieder stolz auf seine Heimat und Nation, wählt rechts und drischt auf die Grünen ein, weil es gerade en vogue ist, einer ja schuld sein muss und es sowieso alle so machen. Dann fragen sich diejenigen, die mit am lautesten dabei krähen, wo nur diese Verrohung der Gesellschaft und die ganze Gewalt gegen Politiker und Träger öffentlicher Ämter herkommt, wenn man selber auch ständig den "kleinen Leuten" in den Allerwertesten tritt. Sprüche eines eher gutsituierten Landesfürsten über einen Pullover anziehen und sich mal mit dem Waschlappen statt unter der Dusche zu reinigen als Antwort auf die überzogenen Kostensteigerungen der Unternehmen im Zuge des Kriegs n der Ukraine punkten dabei auch immer - eieiei...
Ich halte das auch für eine saudoofe Idee.
Und für eine Überreaktion auf verlorene Wahlen, die immer mal vorkommen können. Ich meine, die FDP ist auch öfters mal ein oder zwei Legislaturperioden nicht in einem Parlament und zieht deshalb nicht so eine Mimosen-Show ab.
Das mit der Zersplitterung gibt es aber bei der extremen Rechten genauso.
Bei der Landtagswahl in Sachsen dieses Jahr gingen 2,2 % an die Freien Sachsen und jeweils 0,3 % an das Bündnis Deutschland und an die WerteUnion, sowie 0,2 % an die Querdenker-Basis. Das sind 3 %, die sonst wahrscheinlich überwiegend bei der AfD gelandet wären.
Ganz zu schweigen von dem Riesenanteil, den das BSW der AfD weggenommen hat, aber für diese neue programmbefreite Truppe hat es sich ja wenigstens gelohnt.
@Siewurdengelesen: *seufz*
@Andreas Moser: leider steht die AfD mit ~30% nicht wirklich schlecht da. Und natürlich tut die AfD dann AfD-Dinge, sobald sie kann.
@Andreas Moser: Ich würde eher vermuten, dass das ein Anzeichen für einen innerparteilichen Konflikt ist. Ich denke, der Flügel um Habeck strebt eine (Wieder)annäherung an die Mitte der Gesellschaft an wie damals Joschka Fischer, dessen Realo-Flügel sich durchgesetzt hat (was dann letztlich die Regierungsbeteiligung 1998 ermöglichte).
@Stefan R.: Der Geilste in der Runde ist natürlich mal wieder der megacringe Palmer:
Warum der nicht längst in der AfD ist, ist mir schleierhaft. Da würde er mit seiner Alter-Sack-Einstellung doch prima rein passen.
@daMax:
Vieles von dem, was sich jetzt abspielt, hat bereits Jutta Ditfurth in ihren Büchern über die Grünen geschrieben und das war teils deutlich vor ihrem Aufstieg in die Regierungsseiten der Parlamente.
Das ein Palmer jetzt beinahe schon so etwas wie Häme ausschüttet, die Medien ihn dabei als ehemaliges Mitglied und ob seiner polarisierenden Wirkung als Trigger für Klickiklicki nutzen, und der werte Herr das noch für seine Ressentiments als Bühne nutzt...
...der ist für mich ein Schauspieler vor dem Herrn und machtgeil, was ja schon daran zu sehen ist, dass er einen m.E. und u.a. wegen des jetzigen Abgesangs nie stattfindenden Wiedereintritt bei den Grünen von Bedingungen nach seiner Wahl abhängig macht. Kritikfähig ist der jedenfalls null und sein Rechtsdrall quasi logische Folge wie auch jetzt wieder das Gekodder gegen links und Soziales. Da ist er in seiner Spießer-Denke jedenfalls gut bei den bürgerlichen Parteien inklusive der Grünen.
Vor Jahren kursierte da bereits in Tübingen ein Spucki mit der Aufschrift: "patriarchisch, populistisch, peinlich - Palmer" oder so ähnlich. Den kann man in seiner Borniertheit nicht mehr für voll nehmen;-)
Die innerparteilichen Konflikte haben andere Parteien auch und eigenartigerweise enden die in aller Regel mit dem Verschwinden solcher Parteien oder dem Überbleiben des machtvolleren Teils wie den reaktionären Teilen in der AfD.
Wenn notwendige und immer vorhandene Konflikte nur spalten und nicht über die Kritik dem Fortschritt dienen, geht´s halt abwärts. Einer der gründe, warum ich diese parteiengebundene parlamentarische Demokratie nicht für dauerhaft betrachte und diese immer mehr starr und im eigenen Brei schmort mit latenten Schwingungen und ohne wirklichen Vorwärtsgang. Das macht dann "Alternativen" auch salonfähig.
Wir brauchen keine AfD und Palmer ist nicht allein. Alleine Kretschmanns Geschwalle wieder, dass die Anschläge "die ganze Nation durchgeschüttelt hätten", um dann mit der nächsten Wortklauberei, dass "man Islam und Islamismus nicht in einen Topf werfen" dürfe und man zwar eine "geordnete Einwanderung nach Deutschland, aber kein anderes Deutschland" haben wolle. Mal sehen, ob sie auch so im Dauerkrisenmodus sind, wenn dann das nächste Flüchtlingsheim brennt oder Anschläge durch Faschos stattfinden, womöglich noch auf Politiker der eigenen Partei. Beim "Pöbel" ist es ja sowieso egal.
Nicht einmal den Arsch haben sie in der Hose für die Ansage, dass sie nur die aussieben wollen, die hier für die Drecksarbeit den Deppen machen und sonst doch bitte keine Asylbewerber, die zwar genauso vor Krieg, Elend und Leid fliehen, aber erst einmal Leistungen beziehen ohne "Gegenleistung". Irgendwelche Dinger wie ein GG oder EU-Asylrecht oder Dublin scheint denen noch nie untergekommen zu sein, sonst müssten sie ja wissen, dass sie nur Blech quatschen. Was sind das nur für armselige A....löcher und als ob wir keine anderen Sorgen hätten.
Ist doch gut. Die Jugend zeigt es der verkrusteten Grünen-Altriege, was politische Überzeugung wirklich bedeutet. Man kann mal nen Kompromiss machen, und dann noch einen und dann ist halt irgendwann mal Schluss, sonst hat man kein Profil mehr. Die Grünen haben das jetzt 4 Jahrezehnte lang gemacht, der "Marsch durch die Institutionen" hat sich auf hässliche Weise bewahrheitet bzw. so war das Anfang der 80er sicher nicht gemeint, dass man sich verbiegt und immer mehr die Grundüberzeugungen über Bord wirft, nur um diesen Marsch in den Arsch weitermarschieren zu können. Und die Jugend begründet es ja auch damit, dass linke Politik gar nicht mehr möglich ist mit dieser Partei, die längst schon bürgerlich durch und durch ist.
Also ich finde die Rücktritte gut und die Grünen kacken selbstverschuldet ab. Damit hat die AfD nix zu tun und ich glaube auch nicht, dass sie davon profitiert.