Von Metal, Cancel Culture, Zensur und so

Montag, 17.11.2025, 13:08 > daMax

Es ist mal wieder Zeit für so einen Artikel, denn seit einigen Tagen macht sich in mir ein Gefühl breit, das mir überhaupt nicht gefällt. Ich werde einfach mal drauf los schreiben, mal sehen, wo wir damit hinkommen. Es könnte ein bisschen unstrukturiert und chaotisch sein, ihr seid gewarnt.

Angefangen hatte es mit der Nummer, dass Google eine meiner Rezensionen völlig ungerechtfertigt als "Diffamierung" aus dem Netz kickte und ich nichts dagegen tun konnte.

Dann wurde ich gebeten, diverse Titel aus der Metal Karaoke Massacre Playlist zu entfernen. Weil sich wohl Leute beschwert haben. Konkret ging es nicht mal um einzelne Titel, sondern komplette Bands / Künstler, namentlich:

  • As I Lay Dying
  • Carnivore
  • Danzig
  • Emperor
  • Marilyn Manson
  • Pantera
  • Rammstein

Ich kenne keine wirkliche Begründung, ich kann also nur raten. Bei Rammstein und Marilyn Manson gehe ich mal von den im Raum stehenden Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs aus. Allerdings gab es weder bei Rammstein noch bei Marilyn Manson eine Anklage, beide sind also rechtlich gesehen sauber, ob mir das jetzt gefällt oder nicht.

Carnivore wurde immer wieder vorgeworfen, sie seien Nazis und Rassisten. Sie selber haben das bis zu ihrer Auflösung immer bestritten (siehe hier bzw. hier). Später gab es vor allem in Holland linke Radikalos, die nicht müde wurden so viel Stress zu machen, dass Type O'Negative (die Nachfolgeband von Peter Steele) in Holland nicht mehr auftreten konnte (schaltet euch ggf. übersetzte Untertitel dazu, das funktioniert ganz gut). Nun also ist Carnivore beim MKM gecancelt und ich finde das sehr schade.

Ich habe keine Ahnung, was den anderen Bands vorgeworfen wird und ich habe gerade auch keinen Bock, dem hinterher zu recherchieren. Allerdings frage ich mich halt, wo das enden soll? Wann werden Tracks wie "Fucked with an Anchor", "You spin me 'round (like a record)", "Pull the Plug" oder "Ain't talking 'bout love" zensiert, weil sich die falschen Leute den Text mal in Ruhe durchlesen?

Geht aber noch weiter.

Auf einer längeren Zugfahrt letzten Freitag habe ich mal wieder in Rezos YouTube-Kanal reingeschaut (dieses und dieses Video) und mir fiel mal wieder extrem negativ auf, dass sämtliche Worte, die irgendwie eine "ab 18"-Konnotation haben, von Rezos Team radikal wegzensiert werden. Konkret:

  • Sex
  • Drogen
  • Kokain

und ich wette, da wird insgesamt noch viel mehr rauszensiert. Wahrscheinlich die komplette ShitPissCuntFuckCocksuckerMotherfucker-Liste und sicher auch noch viel, viel mehr. Alkohol ist erstaunlicherweise nicht unter den zensierten Begriffen.

Tja. Ich kann mir nicht helfen, aber diese Entwicklung gefällt mir nicht. Also gar nicht. Ich selber habe ja auch Rammstein aus dem meinem Blog und meinem Radiosender verbannt, weil ich glaube, dass Till Lindemann eben ein Typ ist, der durchaus zu den Dingen fähig ist, derer er beschuldigt wurde. Ich kann das zwar weder beweisen noch falsifizieren, trotzdem kann ich persönlich mich halt an Rammstein nicht mehr erfreuen.

Einerseits.

Andererseits aber: entweder leben wir in einem Rechtsstaat, dann müssen wir akzeptieren, dass es Dinge gibt, die uns vielleicht nicht gefallen und ein ungutes Gefühl bereiten, die aber eben vor dem Gesetz so bestehen. Oder wir zensieren im vorauseilenden Gehorsam (oder auch nach eigenem Bauchgefühl) alles weg, was irgendwie kontrovers sein könnte. Leider ist das ein sehr bewegliches Ziel und kann alles und jedy* treffen, je nachdem, wohin der Zeitgeist gerade weht. Und das finde ich einen wirklich unerträglichen Gedanken. Denn was heute Sex, Drogen und im Raum stehende, aber nie bewiesene Missbrauchs- und Rassismusvorwürfe sind, kann sich morgen auf Rauchys*, Judys*, Ausländys*, Dicke, Dünne, Blonde, Lilahaarige, Linkshandys* oder Wokys* ausweiten.

Da stehe ich nun. Ich habe leider weder Patentrezepte noch Lösungen vorzuschlagen, wie wir diesem Zensur-Phänomen sinnvoll entgegen treten können. Ich wollte einfach nur mal meinem Unbehagen Ausdruck verleihen. Vielleicht sollten wir es ertragen, dass uns nicht alles gefällt und wenn jemand beim Karaoke einen Song vortragen will, deren Band mir Unbehagen bereitet, kann ich doch einfach so lange raus gehen und eine rauchen Karotte mümmeln Diskussion darüber führen, warum man sich mit dem Song unwohl fühlt. Aber eine Zensur ist für mich persönlich selten eine gute Lösung.

So. Und jetzt ihr.

* daMax entgendert nach Hermes Phettberg.