Open Thread: Monetarisierung von mitfahrgelegenheit.de / Alternativen
Montag, 6.5.2013, 17:42 > daMaxAmike schreibt mir:
Ich weiß ja nicht, wie regelmäßig du Mitfahrgelegenheiten nutzt, habe nur mitbekommen, dass du mal von Köln nach Stuttgart wolltest. Aber falls du das regelmäßig nutzt, wirst du ja auch festgestellt haben, dass seit einigen Wochen mitfahrgelegenheit.de kostenpflichtig (und v.a. endgültig kommerziell) ist. Ich bin mir selbst noch unschlüssig, was Alternativen angeht, mir scheint fahrgemeinschaft.de eine ganz gute Möglichkeit zu sein, die bieten bisher aber relativ wenig Fahrten an.
Nun also mein Anliegen: ich fände es super, wenn du das Thema auf deinem Blog ansprechen würdest, Alternativen gesammelt und beworben werden. Ich denke, das ist ein recht konkreter Punkt, bei dem man gegen Kommerzialisierung und Datensammelei was unternehmen kann und dein Blog hat, so wie ich das einschätze, wohl eine ähnliche Zielgruppe wie Mitfahrgelegenheitennutzer.
Ich habe ihr geantwortet:
ich fahre sogar SEHR oft mit Mitfahrgelegenheiten. Aber ich habe eine ziemlich andere Meinung dazu. Ich finde es mehr als richtig, dass mitfahrgelegenheit.de endlich Geld für den Service verlangt. Ich habe mich schon lange gefragt, wann das kommt. Ihr müsst endlich mal kapieren, dass es Geld kostet, so einen Service zu programmieren und zu betreiben. Weder der Code noch die Server fallen einfach so vom Himmel.
Früher gab es Mitfahrzentralen. Die haben auch pro Fahrt Vermittlungsgebühr verlangt. Ist doch logisch. Also ich nutze mfg.de auch weiterhin und versuche, allen Fahrern klar zu machen, warum es richtig ist, dass so ein Service Geld kostet.
Sie dann wieder:
deine Antwort überrascht mich schon ziemlich. Ich sehe das ganz anders. Aus diversen Gründen:
1. 11% Vermittlungsgebühr scheinen mir extrem viel. Mfg wirbt mit über 4 Mio. Nutzern. Wenn die Hälfte von denen pro Jahr eine Fahrt à 30€ machen (da schätze ich sehr konservativ, alleine ich wär schon 10 solche User "wert"), kommen bei mfg 6,6 Mio an.
2. Wenn du mal anschaust, wem mfg bzw. carpooling gehört, dann stellst du fest, dass das Geld nicht an nette Hinterhofprogrammierer geht, sondern u.a. an Daimler.
3. Läuft bei denen jetzt nix mehr ohne Datenschnüffelei.
4. Geht es bei dem gesamten Geschäftskonzept gar nicht ausschließlich um Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten, sondern auch um die von Hotels, Bahnangeboten, Taxiservice, etc. Das Augenmerk liegt also m.E. darauf, so viel Geld zu machen wie möglich und nicht darauf, die Kosten zu decken (wofür ich auch vollstes Verständnis habe).
5. Ist für mich das ganze Konzept "Mitfahren" ein zumindest sozialistisch angehauchtes. Da verlasse ich mich auf andere und die sich auf mich. Ohne Vertrag und Gebühren und den ganzen Scheiß. Man lernt nette Leute kennen (meistens) und lernt, auch mal damit umzugehen, wenn was schief läuft (Mitfahrer tauchen nicht auf, Auto überbucht, etc.). Ist für mich ein kleines Biotop, in dem sich soziale Phänomene wie Selbstorganisation beobachten lassen und wobei ich schon viel gelernt hab, auch über mich selbst (no shit). Und nicht einfach eine Möglichkeit voll und ganz meine "Umsonstmentalität" auszuleben. Ich hasse dieses Wort und noch mehr die Gesinnung, die dahinter steht, wenn jemand Leuten eine solche unterstellt.
[...]
Ich bin bei mfg davon ausgegangen, dass die sich 1. über Werbung und 2. über die Leute, die fest buchen, damit sie die damit einhergehende Sicherheit haben, finanziert. Bei der Alternative habe ich mir überlegt, pro Fahrt, die ich darüber buche einen obligatorischen Euro als Sammelbetrag am Jahresende zu spenden. Würde das jeder so machen, ließe sich so ein Ding sicherlich finanzieren, ganz ohne seine Kohle einem großen Konzern hinterherzuschmeißen.
Ich bin im Moment zu faul und auch zeitlich nicht in der Lage, eine Gegenrechnung dazu aufzustellen, aber vielleicht habt ihr ja Lust, das mal durchzudiskutieren?
Dann mal los...
Das Argument mit der Datenschnüffelei zieht bei mir persönlich schon sehr. Geld und Daten ... doch ein bisschen viel. Das ein guter Service etwas kosten darf (Kohle), ist für mich kein Problem. Aber gleichzeitig noch Userdaten zu verhökern geht mir persönlich mega gegen den Strich!
Inwieweit die Kosten jetzt zu "hoch" sind, kann ich nicht beurteilen - da habe ich gerade leider, wie Max, keine Zeit.
Insgesamt dürfte genau die von Max geforderte Diskussion die eigentlich relevante im Bezug auf "Content im Netz" sein...
Nun, bei diesem speziellen Thema sollte es nicht um die "eigentlich relevante Diskussion" gehen. Mit eigentlich relevanter Diskussion verbring ich gern noch den ein oder anderen Abend, im Fall mfg jedoch geht es um eine ganz konkrete Möglichkeit, mit Alternativen zu kapitalistischer Vorgehensweise zumindest zu spielen. Und genau diese Alternative ist bei der mitfahrgelegenheit mit zunehmender Kommerzialisierung mehr und mehr verloren gegangen. Wenn das einzige, was einem einfällt ist "Guter Service darf und soll was kosten, aber doch bitte nicht meine Daten abschnorcheln", dann heißt das eigentlich nur "Kapitalismus möcht ich schon gern behalten, nur halt netter". Kapitalismus war noch nie besonders nett, notwendigerweise musste er sich nur ein paar Jahrzehnte lang aufhübschen, diese Notwendigkeit ist seit einigen Jahren entfallen und das Resultat sehen wir jetzt. Was Max hier Tag über Tag in seinem Blog bringt, hat nicht immer damit zu tun, wenn es sich aber um irgendeine Sauerei handelt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es was mit Kapitalismus zu tun hat.
Ich hänge meine Hoffnungen mit Sicherheit nicht an das Modell "Sozialistische Revolution durch Mitfahrgelegenheiten", ich finde es nur ziemlich deprimierend, dass Kritik oft einfach nur bis "Ich hätte es gern was gemütlicher" geht und darüber hinaus dann die alten Platitüden à la "Guter Service kostet was" kommen. Stimmt, Daimler hat da mit Sicherheit nur investiert um guten Service zu leisten, bringen die ja auch immer in der Werbung. Und wenn die Privatwirtschaft da ihre Finger drinne hat, kann das ja nur besser werden, haben wir doch schon mit der Muttermilch aufgesogen, dass privat alles besser kann.
Ich muss regelmäßig einmal quer durch's Land und wieder zurück. Wenn es eine Möglichkeit gibt, das zu organisieren, ohne dass das über eine "Leistung" eines Konzerns funktioniert, finde ich das super, wenn mir diese Möglichkeit meinen Kram alternativ zu organisieren (und da bin ich halt nunmal auf andere angewiesen, wenn ich nicht ne 600km Radtour machen möchte) wegfällt, finde ich das blöd, it's as simple as that.
Ich kann mich inhaltlich dazu nicht äußern, weil ich zur Zeit nicht in Dland lebe und daher Mfg länger nicht mehr benutzt habe.
Aber falls jemand eine wenig-kapitalistische (= nur kostendeckende, nicht-datenschnorchelnde) Alternative auf die Beine stellen will (falls es echt keine gibt), würde ich mich für Web-, Logo- etc. Design andienen. Vielleicht ist Freemium the way to go?
Ich würde es auch cool finden, zu versuchen, das mal international (europaweit?) zu etablieren (mir sind im Ausland keine derartigen Services bekannt, was echt merkwürdig ist, weil Mitfahrgelegenheiten halt einfach so Sinn machen).
Ich bin auch vielfahrer bei MFG (gewesen) und darauf immer angewiesen. Kann ich mir nur noch schwer leisten... bei 800km Fahrtweg.
Und ich muss Amike da in JEDEM Punkt ABSOLUT zustimmen. Maxiboy, deine Argumente sind fürn Arsch, hätte ausserdem nicht gedacht das du so drauf bist. Immer muss alles kommerziell werden und abstinken... Auch für mich war MFG ein kleines soziales Biotop.
@jmfl Gibt es - Flinc.org
Bin letztens mit Jemandem gefahren, der einfach bei der Beschreibung einen link einfügt hatte, unter dem seine Telefonnummer zu finden war... sehr praktisch.
"Wenn es eine Möglichkeit gibt, das zu organisieren, ohne dass das über eine “Leistung” eines Konzerns funktioniert"
Gibt es: Mach's selbst...
Wenn jemand eine Leistung nur für (viel, zuviel, unverständlich viel) Geld anbieten will, ist das sein gutes Recht. Genauso ist es das gute Recht der potenziellen Kunden, das Angebot nicht anzunehmen.
Alles danach ist (im Normalfall) Gängelei, Bevormundung, Wunschdenken, Tagträumerei...
Wenn eine begehrte Ware/Leistung teuer ist, dann ist sie das entweder, weil sie nunmal so teuer sein muss, damit es funktioniert oder es öffnet sich automatisch eine Nische für Jemanden, der sie günstiger anbieten kann/will.
Es steht jedem frei, ein Forum mit freier Software auf einem eigenen Server zu betreiben, in dem Nutzer ohne weitere Kosten Mitfahrgelegenheiten vereinbaren können. Technisch und rechtlich gibt es da erstmal kein Hindernis.
Also, zeigt es den "Großen", dass ihr nicht auf sie angewiesen seid oder meckert weiter rum, aber tut nicht so, als wenn es ein Recht auf günstige Anbieter gibt!
OK wir halten fest: Alles Schweine außer Mama! Wie sieht`s denn nun mit den Alternativen aus? Ist wer schon mit flinc.org unterwegs gewesen und wenn nein, warum nicht? Und gibt es nicht auch trotzdem noch Mitfahrzentralen? Wie z. B. http://www.mitfahrzentrale.de/ Oder ist hier das Angebot noch kommerzieller strukturiert?
@D.B.: flinc sieht ja auf jeden Fall mal fresh aus! Wenn ich mich nicht irre ist das aber auch hauptsächlich eine deutsche Angelegenheit, hab' da mal ein bisschen rumprobiert und während für deutsche Routen schon einiges ging hab' ich in z. B. UK oder Schweden nichts gefunden (vielleicht muss sich das System Mitfahrgelegenheit international einfach erst noch etablieren?). Aber eine schöne Alternative!
Hallo,
auch wir sind gerade in Deutschland gestartet. Insgesamt bieten wir unseren Service nun in zehn europäischen Ländern an.
BlaBlaCar ist kostenlos und bietet eine Social Media Community rund um das Thema. Durch Bewertungen sowohl für Fahrer als auch für Mitfahrer sowie eine anonyme Fahrstilbewertung der Fahrer fahrt ihr bei uns auch sehr sicher.
Guckt doch einfach mal unter http://www.blablacar.de vorbei!
Dominik vom BlaBlaCar-Team
@10: Das wird wohl der einzige Werbekommentar in diesem Blog sein, den ich stehen lasse. Passt halt wirklich exakt zum Thema...
Abwarten
Ich bin einfach auf den zweitgrößten kostenlosen Anbieter Drive2day ausgewichen. Das klappt ziemlich gut, mein Auto ist fast immer voll und ich sparen mir und meinen Mitfahrern die Vermittlungsgebühr. Wer den ganzen Buchungsschnickschnack möchte, der nutzt halt weiter MFG. Ich inseriere dort auch noch, weise aber in meinen Inseraten darauf hin, dass meine Fahrten auf Drive2day günstiger sind. mitfahrzentrale.de gehört übrigens auch zu Carpooling, Flinc gehöhrt zu BMW und Blabla ist bereits in Frankreich kostenpflichtig!
Ich bin sozusagen ein "Alter Hase" was die Nutzung von mitfahrgelegenheit.de betrifft und war auch ziemlich überrascht, als zunächst Fahrten über 100 Kilometer "besteuert" wurden und zuletzt ja alle Fahrten mit 11% "Gebühr" (wenn man den Verein nicht betuppt, indem man den Mitfahrern empfiehlt, die Fahrt stornieren, um die Gebühren zu sparen... Diesen Weg lehne ich aber ab, weil es die ganze Sache kriminalisiert.)
Mein Ansatz ist ein anderer, grundsätzlicher. Ich möchte gern eine europäische Gesetzesinitiative initiieren, in der die Mitfahrgelegenheitsportale zum einen europaweit vereinheitlicht/zusammengelegt und zum anderen entkommerzialisiert werden. Weil das Prinzip von MfG ein soziales ist, sollte es frei von kommerziellen und profitorientierten Zielen sein. Deshalb schlage ich die steuerfinanzierte Verstaatlichung vor. Das, was an Kosten anfällt dürfte gering sein verglichen mit den Gewinnen, die mit der neuen "Besteuerung" erwirtschaftet werden - auch ein Grund, warum sich Marktriesen wie DAIMLER und BMW darauf stürzen um sich daran gesund zu stoßen!
Soziale Ideen gehören nicht in die Hände von Profitgeiern! Das zutiefst soziale Konzept der Mitfahrgelegenheit sollte für uns Nutzer ein Gewinn sein, nicht für die Konzerne, die sich damit ihr zweites Feriendomizil auf den Bahamas finanzieren!
@Axel Schön: prinzipiell eine nette Idee, aber ich fürchte, du wirst in der heutigen Zeit kein Gesetz an den Start bekommen, dass die Freie Marktwirtschaft™ auch nur ein Jota einschränkt. Der Markt Wirds Schon Richten™! Konkurrenz Ist Gut Für Den Verbraucher™!! TTIP Ist Die Erlösung™!!! Und so, Du weißt schon.
Aber meinen Segen hast Du und wenn ich dazu irgendwas verbloggen darf, gib Bescheid.
@da]v[ax:
Ich gehe schon eine Weile mit der Idee schwanger - sobald es dazu weitere Schritte gibt, gebe ich das gern weiter!