Spiel: Reus
Montag, 15.12.2014, 18:13 > daMaxSpiele, die mich in die Position eines Gottes versetzen, üben auf mich immer wieder eine seltsame Faszination aus. Als ich das erste Mal Black & White in die Finger bekam, konnte ich nicht genug davon bekommen, zusammen mit meinen Titan diese lustige kleine Welt zu erkunden und dabei diverse Wunder zu wirken. Leider scheiterte ich schon am zweiten Level kläglich In Heaven & Hell versuchte ich tapfer, die mir gestellten Aufgaben zu lösen und konnte die unvermeidliche Niederlage wenigstens bis etwa Level 10 hinauszögern. Bei Eufloria erzielte ich zum erstenmal einen halbwegs respektablen Erfolg als Herrscher über Welten und schaffte es sogar, das Spiel bis zum Ende durch zu spielen. Das war jedoch wohl eher den insgesamt recht simplen Regeln zu verdanken als meinen tatsächlichen Gottqualitäten.
Vor einigen Tagen hat mich Reus in seinen Bann gezogen und ich sehe die nächste Niederlage schon wieder am Horizont aufziehen: ich komme beim besten Willen nicht dahinter, wie ich die 3. Ära erfolgreich abschließen kann
Aber der Reihe nach.
Reus (gesprochen: Rüühs) ist holländisch für "Riesen" und versetzt den Spieler in die Rolle von Mutter Natur (oder eines Gottes, je nachdem, wie euer Glaubenssystem ausgerichtet ist), der mit Hilfe von vier Titanen einen Planeten für Menschen bewohnbar macht. Dazu lässt man beispielsweise den Ozeantitan einen Ozean buddeln, neben dem der Waldtitan dann einen Wald pflanzt. Schon erscheinen die ersten Siedler auf dem Plan und bauen sich eine Waldsiedlung. Die Siedler fangen dann von alleine an, Projekte zu starten. So bauen sie zum Beispiel eine Schule, eine Mühle oder eine Kornkammer und wer will, kann sie nun bei ihrem Tun unterstützen. Auch dies geschieht mit Hilfe der Titanen, die Pflanzen und Tiere "säen" und verbessern können und ab jetzt wird es kompliziert.
Alle Titanen haben verschiedene Fähigkeiten, die zum Teil bereits verfügbar sind, zum Teil aber erst freigespielt werden müssen. Dies geht, sobald ein Dorf ein Projekt erfolgreich abgeschlossen hat. Das Dorf stellt daraufhin einen Botschafter bereit, den einer der vier Titanen aufnehmen kann, was dann eben eine solche Fähigkeit frei schaltet, mit der nun noch tollere Sachen angestellt werden können.
Aber Vorsicht: werden die Dörfer zu schnell zu wohlhabend, führt das bei den Menschen schnell zu Gier und mit gierigen Menschen ist bekanntlich nicht gut Kirschen essen. Sie kommen dann auf die Idee, Nachbarstämme zu überfallen, zu plündern und zu brandschatzen oder gar die Titanen selbst zu attackieren, und schon ist das Chaos perfekt. Solch aus dem Ruder gelaufene Gesellschaften kann man mit ein Bisschen Geschick zwar Ehrfurcht beibringen und sie wieder auf den Teppich holen aber wenn es doof läuft, muss man so ein Dorf schon mal mit Seuchen und Naturkatastrophen zur Räson bringen. Life's a bitch.
Alles in Reus ist miteinander verflochten und verwoben, alles bedingt und beeinflusst sich gegenseitig, alles will wohl überlegt sein. Da eine Spielrunde standardmäßig nur eine halbe Stunde Spielzeit beträgt, könnte man schnell Gefahr laufen, sich in dem komplexen Regelwerk des geschaffenen Ökosystems zu verlieren und dabei zu viel Zeit zu verlieren. Zum Glück lässt sich das Spiel jederzeit pausieren und diese Pausenzeiten können genutzt werden, um sich die nächsten Aktionen zu überlegen und schon mal auf den Weg zu bringen. Außerdem kann der Spielstand jederzeit abgespeichert werden und von dieser Möglichkeit auch sollte reichlich Gebrauch gemacht werden. Manche Aktionen in Reus geschehen zufallsbedingt und wenn ein Volk beispielsweise auf die Idee kommt, einen Opfertempel zu bauen, für dessen Errichtung jedoch das Nachbardorf überfallen werden muss, dann freut man sich manchmal schon darüber, einfach ein paar Minuten "zurück springen zu können" und dem Zufall eine neue Chance zu geben.
Die Grafik ist absolut liebevoll und detailliert. Guckt euch die Screenshots und vor allem das Video an, dann wisst ihr, was ich meine. Leider wollte sich offenbar niemand um die Menüs kümmern, diese wirken wie in letzter Minute hingeschlampt, was dem gesamten Spielspaß jedoch keinen Abbruch tun sollte. Der Sound dagegen ist in jeder Hinsicht stimmig. Umgebungsgeräusche wie Vogelgezwitscher, Grillenzirpen und Marktgemurmel werden von einer angenehmen Klimpermucke begleitet, was eine sehr entspannte Atmosphäre erzeugt, die Reus zu dem netten Erlebnis macht, das es eben ist.
Leider gibt es ein paar Punkte zu bemängeln. Zunächst hat es mich anfangs leicht verwirrt, dass man immer wieder ein "neues" Spiel anfangen muss, wobei die einmal erreichten Spielziele dennoch gespeichert bleiben. Die Verwirrung wurde größer beim Start jeder Spielrunde, wo man per Auswahldialog 3 Challenges auswählen soll, die man in der nun folgenden Spielrunde lösen will. Diese Challenges lassen sich jeweils 3 pro Seite "weiter blättern", aber im Endeffekt werden sie einfach nur immer noch krasser und können - glaube ich - sowieso erst in späteren Zeitaltern erreicht werden, wenn sämtliche Giganten ihre Fähigkeiten bereits von Anfang an freigeschaltet haben. Sicher bin ich mir allerdings nicht, denn - und das ist der nächste Kritikpunkt - das Spiel kommt ohne Manual daher und das Wiki ist (noch?) ziemlich leer. Außerdem scheinen sich ein paar Bugs eingeschlichen zu haben, mir war es zum Beispiel irgendwann gelungen, den Waldtitanen lahm zu legen. Er reagierte schlichtweg nicht mehr auf Befehle. Auch der eine oder andere Totalabsturz ist mir inzwischen begegnet.
Mein größter Kritikpunkt wird vielleicht sogar einige Hardcorestrategen freuen: die Spielmechanik von Reus weist eine unglaubliche Komplexität auf, die mein Hirn mal wieder total überfordert. Vielleicht sehe ich das ja auch alles zu kompliziert, aber ich blick' jetzt schon nicht mehr, wie ich ein Fischerdorf mit 5 Spielfeldern Ozean und 200 Wohlstand hinkriegen soll. Und ich bin erst in der 3. Ära... aber das liegt sicher nur wieder an meinen mangelnden Gottqualitäten.
Fazit: Reus ist ein herzallerliebstes und sehr detailreiches Aufbaustrategiespiel mit Suchtpotenzial, das trotz einiger Unzulänglichkeiten voll zu überzeugen weiß.
Tjaja, es ist nicht leicht, ein Gott zu sein.
@Moss: könnte ich eigentlich auch mal lesen...
@da|v|ax, das könntest Du. Derweilen könnte ich ja mal die Neuauflage des einzigen Spiels ausprobieren, das mich damals am Atari Nächte verdaddeln ließ. Also des einzigen außer Modula-2, 68K-DisAss und TeX.
Danke fuer den Tip, habs mir gestern auch mal geholt und ein klein wenig gespielt.
Erstmal, era 1-3 sind ja nur die tutorials, das kannst du gar nicht verkacken ;P
(soweit ich das jetzt verstanden habe gibt es auch keine 4. era in dem Sinne, du startest ja einfach immer wieder nur eine "era")
Zweitens musst du am Anfang auch nicht auswaehlen was du machen willst, es zeigt dir nur ein paar Dinge an die du mal machen koenntest. Kannst aber alles machen und auch durchaus 4 oder 5 in einer Runde abschliessen.
Fuer die ist eventuell wichtig zu verstehen das du das am ENDE der era brauchst. Wenn du en Dorf hast das 250 Wohlstand erreicht hat und dann machst du das platt - zaehlt nicht.
Andersrum, wenn du neben ein Dorf kurz vor ende so'n ozean hinmachst reicht das auch fuer dein "Fischerdorf" - solange es nicht unter 200 Wohlstand faellt, aber das faellt relativ langsam ab (Falls nicht klar, deine Doerfer wachsen auch mit mehr Wohlstand...hast also immer mehr Platz. Und du kannst fische ins wasser setzen -> ist also gar nicht mal so schwer mit einer forest village).
Du bekommst uebrigens fuer jedes von diesen Zielen eine funktion (irgendne pflanze/mineral/tier/projekt das du upgraden kannst) - schau dir die einfach mal und nutz die dann auch gezielt.
Wenn du genug geschafft hast steigst du im "Rang" auf - und dann dauert so ne Spielrunde auch 60 Minuten, mehr Zeit um die Ziele zu erreichen (machts natuerlich nicht einfacherer^^).
Zu dem Opfertempel (neuladen ist ja eh doof :P): Wenn das dorf eher klein ist kannst du das auch ignorieren, die fangen keinen Krieg an wenn die eh keine chance haben. Dann warte halt 10 Minuten bis das Projekt gescheitert ist dann versuchen die etwas anderes.
Oder du setzt einfach en neues Dorf daneben und laesst die das direkt platt machen (man kann ja ziemlich genau steuern wo die sich nieder lassen)
Und noch mal danke fuer den tip, ist echt en tolles Spiel - vor allem fuer den Preis!
@Ben: Moin! Ja, inzwischen bin ich auch bei einigen Sachen klüger als vorher, wollte den Artikel aber nicht noch mal extra umschreiben deswegen. Trotzdem ist es mir bis heute nicht gelungen, die 3. Ära abzuschließen. Ich weiß inzwischen, dass ich dafür ein upgraded great project benötige, aber das kriege und kriege ich einfach nicht hin. Immer gibt's Stress mit den Nachbardörfern oder (noch schlimmer) die Fuzzis greifen meine Riesen an. Selbst mit allen Cheats an kriege ich das nicht hin. Bu-hu-hu.