Wutbürger der Aufklärung
Montag, 15.12.2014, 08:29 > daMaxEin großartiger Text von Frank Stauss bezüglich der ganzen "besorge Bürger" Fascho-Demos im Land. Ich hätte mir den Text gerne als Gastartikel in den Blog geklebt, aber da Frank nicht direkt erreichbar ist, bleibt es halt bei einem längeren Zitat, für das mich jetzt hoffentlich keine Abmahnkeule trifft.
Ich muss nicht Verständnis aufbringen für die Sorgen und Ängste von Menschen, die offenbar zu kalt und gefühlsverarmt sind, um zu erkennen, welche Ängste ihre instinktlosen Demonstrationen bei Flüchtlingen und Einwanderern auslösen.
Ich muss nicht verstehen, warum 25 Jahre nach dem Mauerfall – in nahezu ausländerfreien Zonen – Menschen gegen Ausländer auf die Straße gehen, nur weil sie nach über zwei Jahrzehnten nicht kapiert haben, womit Deutschland sein Geld und seinen Wohlstand verdient: mit Internationalität.
Ich muss nicht ertragen, dass eine Demonstrantin in Dresden in die Kamera spricht: „Wir sind nicht ’89 auf die Straße gegangen, damit die jetzt alle kommen“ während sie so aussah, als sei sie ’89 nur auf die Straße gegangen, um bei ihrem Führungsoffizier die zu verpfeifen, die wirklich gingen. Diese Demonstrationen „Montagsdemonstrationen“ zu nennen, ist eine weitere Instinktlosigkeit gegenüber denjenigen, die ’89 für Freiheit und offene Grenzen auf die Straße gingen.
Ich muss nicht akzeptieren, dass Menschen, die seit Jahrzehnten direkt und indirekt Transferleistungen in bisher ungekannten Höhen entgegengenommen haben, nun nicht einmal Flüchtlingskindern ein Dach über dem Kopf gönnen.
Ich muss nicht wie CSU und manche in der CDU die Fehler vor allem dieser beiden Parteien aus den 60er bis 90er Jahren wiederholen und diesen eiskalten Demonstranten auch noch verbale Zückerchen zuwerfen – von AfD und der anderen braunen Brut ganz zu schweigen.
was ich sonst noch alles nicht muss, steht bei Frank Stauss.de
(via carta)
Top!!! Besser kann man es nicht benennen!
Das ist doch wohl etwas unterkomplex, nicht ?
Z. B. zeugt dieser Satz von einer gewissen Ahnungslosigkeit: "Diese Demonstrationen 'Montagsdemonstrationen' zu nennen, ist eine weitere Instinktlosigkeit gegenüber denjenigen, die ’89 für Freiheit und offene Grenzen auf die Straße gingen" - denn der Autor dieser Zeile weiß offenbar nicht, daß in der Entwicklung der Montagsdemos die vermeinte 'Instinktlosigkeit' schon im Dezember '89 auftrat. Die Parole "Wir sind das Volk!" wurde verdrängt durch die viel lauter und mächtiger gerufene "Wir sind ein Volk!" und Sprechchöre "Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh'n wir zu ihr!". Insofern ist, was sich jetzt unter dem Titel sammelt, eher konsequent. Man sollte sich eben über Geschichte nicht in Sonntagsreden von Politikern und Wahlkampfbroschüren informieren.
Allerdings erwarte ich von einem Mann, der stolz darauf ist, eine Leidenschaft für "Politik und Marketing" zu haben - ganz ungebrochen in einem Atemzug -, auch nicht mehr.
Von daMax dagegen schon.
Kritischen Blick.
Die Formulierung, in der von einem nicht näher bezeichneten "während sie so aussah" auf Spitzeltätigkeit geschlossen wird, setzt dem die Krone auf. Komisch, daß nicht-rassistisches, nicht-klassistisches etc. Denken immer nur auf die Guten angewandt wird. Die anderen dürfen mit Klischees abgefertigt werden.
Nicht eben eine reife Leistung.
Sehr gut geschrieben! Die Schande Deutschlands!
Gute Ansage von Herrn Stauss, allerdings hat man nach Lesen seines Kommentars den Eindruck dass es sich hier nur um Ostdeutsche in Dresden handelt was ja so nicht stimmt aber bei dem Thema üblich ist.
@KL: entschuldige, dass ich dich in dieser Hinsicht enttäusche. Ich finde jede Stimme gegen Rechts wichtiger als historische Spitzfindigkeiten. Gut, zugegeben, die Aussage "während sie so aussah..." ist Polemik, aber ich kann nicht behaupten, frei von Polemik zu sein, das kann wohl jede|r daMax-Leser|in bestätigen
@Michi: jo, da ist was dran.
Ich empfehle dazu HG Butzko:
Haben wir eigentlich noch alle Latten am Zaun?
Da bricht in der Ukraine ein Konflikt aus und bei uns in Deutschland das politische Koordinatensystem zusammen. Was ist Wahrheit? Was ist Lüge? Was ist Berichterstattung? Was ist Propaganda? Was ist Verschwörung? Was ist Theorie? Was ist die Verteidigung von Menschenrechten? Was ist Imperialismus? Wer sind die Guten? Wer die Bösen? Wollen wir das wirklich überhaupt noch wissen? Und wenn ja, gibt es dafür den Fifty-Fifty-Joker?
Was ist links? Was ist rechts? Das waren mal klar abgegrenzte Positionen, an denen man sich orientieren konnte. Bis ein paar russische Soldaten „die Orientierung verlieren“, und sich auf ukrainisches Territorium „verirren“, und plötzlich werden bei uns alle irre. Verdrehen so lange Opfer und Täterrollen, bis man einen demokratisch gewählten Präsidenten auch mal ruhig aus dem Amt putschen und Minderheiten auch mal gerne eine Runde bedrohen darf. Warum sollen dann nicht auch mal Sozialisten sich mit Rassisten treffen dürfen? Warum soll Antisemitismus dann nicht auch mal wieder salonfähig werden? Und warum sollen Christen nicht mal ganz abendländisch gegen Muslime hetzen? Ist doch kein Problem. Solange sie es bei sich zu Hause in deutscher Sprache tun.
Das alles könnte man natürlich auch durchaus mal so langsam in Verbindung bringen mit dem Führungsstil von Angela Merkel, dieser Kanzlerdarstellerin, die eigentlich von Amtswegen die Richtlinien der Politik zu bestimmen hat. Aber seit diese burschikose Frustfresse mit der Fistelstimme bei uns an der Regierung ist, dürfen wir nicht nur eine ausgesprochene Richtlinienlosigkeit bewundern, sondern auch die Perfektionierung dessen, was Helmut Kohl mal „Aussitzen“ nannte. Statt Richtlinien erleben wir von Frau Merkel die schwabbelige Haltung eines ausgeleierten Furzkissens. Je nachdem, wie sich der Wind grade dreht, dreht man sich und die eigenen Werte halt mit, also die paar, die man noch hatte. Statt Positionen einzunehmen kreiert Angela Merkel mit diesen Verrenkungsübungen eine völlig neue Disziplin auf dem politischen Parkett: die Standpunktpirouette.
Die Folgen davon werden inzwischen in ganz Europa in sämtlichen gesellschaftlichen Schichten immer deutlicher sichtbar, vor allem an den Rändern: Verunsicherung, Verrohung, Verdummung, Radikalisierung, Mobbildung, inklusive Sündenbocksuche.
Und wenn ich mir angucke, wer da inzwischen alles mit wem Bündnisse eingeht und gemeinsame Sache macht, dass Demokraten mit Extremisten an einem Tisch sitzen, dass Linke mit Rechten Allianzen schmieden, dann allerdings frag ich mich, ob da einigen Leuten inzwischen sogar schon der Zaun fehlt, an dem sie nicht mehr alle Latten haben.
Danke Eike, ist ein super Kommentar -
Für mich ultimativ. Ich hatte selbst schon was angedacht, aber der war schneller und besser als ich konnte.
@Eike: Zitate sollten als solche gekennzeichnet sein (Doppelpunkt alleine reicht nicht) und auch die Quellenangabe fehlt! Du erweckst (absichtlich?) den (1.) Eindruck, als käme der geniale Text von Dir. Erst Dein nächster Kommentar (9.) klärt auf. Uncool.