Wo kommt diese Angst vor Schwulen her?
Freitag, 6.10.2017, 14:00 > daMaxIn Ägypten ging eine Verhaftungswelle los, nachdem ein paar Leute die Regenbogenflagge geschwungen haben. Ägyptens Regierung bediente sich dabei (natürlich) Daten aus Sozialnetzwerken wie Facebook, Twitter und SnapChat. Die Frage, die sich mir dabei aufdrängt: wovor haben diese Betonschädel eigentlich solche Angst? Wo kommt dieser Hass auf Schwule her? Ich wollte nächstes Jahr eventuell wieder zum Tauchen nach Ägypten fliegen, aber unter diesen Umständen kann ich mir das echt nicht vorstellen.
Extrem schmutziges Detail am Rande: wer hat den Ägyptern das Ausspionieren des Internets beigebracht? Unsere Stasi:
Ungeachtet solcher Menschenrechtsverletzungen arbeitet Deutschland eng mit den ägyptischen Sicherheitsbehörden zusammen. So führt die Bundespolizei beispielsweise Fortbildungen für die ägyptische Polizei durch und das BKA soll die ägyptische Staatssicherheitsbehörde NSS, einen Geheimdienst mit Polizeibefugnissen, in der Überwachung des Internets schulen.
E-kel-haft!
Außer Angst vor Pluralismus, Bigotterie und Projektion fällt mir da auch nix ein. "Argumente" wie "widernatürlich", "sündhaft", krank", diskutiere ich schon lange nicht mehr.
zu der Frage woher die Angst kommt, fand ich den Wiki Artikel ausnahmsweise mal ganz gut!
@Rafael: meine Fresse, ist der lang. Aber ja, das steht sicher eine Menge Richtiges drin. Trotzdem bleibt über meinem Kopf ein großes Fragezeichen, wenn ich diese ganzen Kleingeister um mich rum höre, wie sie sich abfällig über Schwule äußern ("Das ist doch voll schwul ey!" sagen sie, wenn sie etwas Scheiße finden, du kennst das). Noch schlimmer ist natürlich die staatliche Verfolgung wie in Russland, Ägypten und eigetnlich sämtlichen muslimischen Ländern. Eine Schande ist das.
Wenn Religion zur Staatssache erhoben wird, vor allem in muslimischen Ländern, dann brauchste dich auch nicht wundern.
tradition?
(tradition ist die illusion von permanenz. bekannterweise haben nicht wenige menschen eine scheissangst vor veränderung)
@Vex:
hm. das "vor allem muslimische länder" betreffend...ich will hier nix verteidigen oder gar schönreden, aber...(aus dem von rafael verlinkten wiki-artikel):
"Nach Aussage des Islamwissenschaftlers Thomas Bauer ist der Islam mehr als tausend Jahre lang tolerant mit homosexuellen Menschen umgegangen. Bauer betont, dass sich in der arabisch-islamischen Kulturgeschichte zwischen 800 und 1800 „keine Spur von Homophobie“ feststellen lasse.[24] Aus der islamischen Literatur sind zahlreiche homoerotische Gedichte überliefert. Laut Bauer habe erst im 19. Jahrhundert der Westen im Zuge der Kolonialisierung den „Kampf gegen den unordentlichen Sex“ im Nahen Osten eingeführt. Vor dem Jahr 1979 sei in tausend Jahren kein Fall im islamischen Nahen Osten und Nordafrika bekannt, in dem ein Mann aufgrund von einvernehmlichem Sex mit einem anderen Mann strafrechtlich angeklagt worden sei."
tja, die christen sind schon ein gar lustiges völkchen...("aber wir doch nicht")
Es ist möglicherweise eine Angst vor allem was "anders" ist. Dazu mag kommen, dass ich in Ägypten eine sehr "traditionelle" (lies: rückständige) Auffassung von Mann und Frau und Ehe etc. vermuten möchte, was durch LGBTQIA natürlich in Frage gestellt wird. In Summe stellen alle "Abweichler" von der "Norm" eine potentielle Bedrohung für die autoritären und/oder archaischen Regimes (und entsprechende Bevölkerungsgruppen) weltweit dar, weil sie mit dem Status Quo naturgemäß unzufrieden sind und daher potentiell gegen diesen angehen könnten. Die bittere Ironie daran ist, dass diese Menschen weniger gegen den Status Quo stehen würden, wenn man sie einfach in Frieden ließe... Aber ein Kennzeichen solcher Regimes und der sie unterstützenden Bevölkerungsgruppen ist ja nun mal, dass sie sich zumindest teilweise über eine Ausgrenzung von Minderheiten etc. definieren. Das läßt sich mutmaßlich auf archaische Verhaltensmuster zurückführen, die in Stammesgesellschaften, bei denen das Überleben täglich auf dem Spiel stand, wohl ihre Berechtigung hatten (jeder Fremde ist da eine potentiell tödliche Gefahr, und sei es durch Nahrungskonkurrenz und Krankheitsübertragung), heute aber ein Problem in den modernen Massengesellschaften darstellen. (Disclaimer: den verlinkten Artikel habe ich nicht gelesen, es kann sein, dass ich gerade Bullshit schreibe).
Unserer Regierung ist ja gerne Unterstützer des Status Quo, da wundert mich die "Amtshilfe" nicht mehr. Und da unsere Polizei ja große Fortschritte bei der automatisierten Gesichtserkennung gemacht hat und in Ägypten Datenschutz in sozialen Medien kein Thema sein dürfte, kann jemand diese Möglichkeiten (Soziale Medien, die ja auch gerne Fotos haben, und Gesichtserkennung) natürlich relativ einfach zusammenbringen und damit nicht nur wissen, wer ein "Abweichler" ist, sondern diese Personen auch leicht ausfindig machen. Schöne Neue Welt...
@ein anderer Stefan:
Disclaimer: den verlinkten Artikel habe ich nicht gelesen, es kann sein, dass ich gerade Bullshit schreibe
I really dig your style
@ein anderer Stefan: nee, so großen Bullshit schreibste gar nicht.
Wird noch "besser": gewissenslose "Forscher" haben neulich einen Algorithmus entwickelt, der anhand von Fotos erkennen kann, ob jemand schwul ist und andere ebenso skrupellose Fuzzis können dir jetzt anhand deiner FB-Einträge automatisiert(!) ansagen, ob du zu Drogenmissbrauch neigst. Ach ja, und auch Versicherungen und Finanzinstitute nutzen Facebookdaten inzwischen, um deine die Höhe deiner Versicherungsbeiträge, deine Kreditwürdigkeit etc. zu berechnen. Ich bin sicher, da lassen sich noch viele andere tolle Anwendungsgebiete finden, um Dreckige Scheißer™ aufzuspüren und verfolgen zu können.
PS: bzgl. Dreckige Scheißer empfehle ich immer wieder gerne dieses Buch.
@DasKleineTeilchen: Ich greif halt lieber mit Ansage ins Klo. Mein Geschreibsel waren meine Ideen und Gedanken dazu, die natürlich nicht wissenschaftlich überprüft sind, ich wollte den Gedankengang aber auch erst zuende bringen, bevor ich anfange, lange Artikel zu lesen (was ich immer noch nicht gemacht habe).