Ach weißte, Fefe...
Sonntag, 12.7.2020, 01:12 > daMax...was für ein Problem hast du eigentlich damit, dass Begriffe mit klar rassistischem und sklaventreiberischem Hintergrund so nach und nach aus der Informatik entfernt werden. Hm? Du hältst das alles für total bekloppt und justicewarriormäßig, ne? Aber ist es dir schon mal in den Sinn gekommen, dass die Sprache unser Denken und Handeln entscheidend prägt? Und dass es vielleicht einfach Mist ist, die eigene Sprache ständig mit solchen Scheißbegriffen anzureichen, wenn es auch anders ginge? Nee, ne? Sowas fällt dir nicht ein. Lieber sitzt du hoch zu Ross fest im Sattel und kicherst über all diese Deppen, die versuchen, unsere Welt von semantischen Müll zu befreien. Seufz.
"Er hat das böse N-Wort gesagt!" "Seit wann heißt das denn Notze?"
Du kannst für jede Rolle eine neue Sprache erschaffen und alle unziemlichen Begriffe aus der Sprache entfernen. An der Ursache ändert sich dann trotzdem nix. Deutsche finden es allerdings ohnehin nur gut, an Symptomen rumzudoktern. Ursache und Wirkung sind dem Deutschen so scheißegal, wie Potenz & Tendenz.
https://www.youtube.com/watch?v=SoHKb-IBfY8
Fefe stellt ja gerade in Abrede, dass die Begriffe mit derlei Zusammenhängen zu tun haben. Zurecht, wie ich meine. Die These, dass eine "Sprache" "Denken und Handeln entscheidend prägt", ist zudem platt, weitgehend unzutreffend und in dieser Tragweite nicht falsifizierbar.
Sprache "von semantische(m) Müll zu befreien" wiederum lässt bei mir alle Glocken schrillen. Das ist Sprachpolizei und Autokratie. So etwas kann und darf man nicht anstreben, es sei denn man wäre entschlossen, eine totalitäre Herrschaft zu errichten. Nicht zufällig war das bislang auch deren Domäne.
Und wenn man konkret wird, steht da etwa, der Begriff "Blacklist" sei rassistisch. So ein Komplettschwachsinn. Da setzt schlichtweg eine depperte Ideologie, die weder von Sprache noch von Herrschaftsstrukturen einen blassen Schimmer hat, zur semantischen Diktatur an. Das ist das, was ich dagegen habe.
@flatter: oha. Ich habe leider gerade keine Zeit, aber ich werde heute (oder morgen Abend) mal in mich gehen und dir hierauf antworten.
@flatter: Sodele.
Du meinst sicher "nicht verifizierbar", ne? Okay, let's go:
Und so weiter und so weiter. Natürlich beeinflusst unsere Sprache unser Denken und Handeln, das ist weder platt noch unzutreffend.
Ich weiß schon, wovor du da Angst hast und ich teile diese Angst ja auch in Teilen. Aber Sprache verändert sich die ganze Zeit und ständig versuchen Leute, ihre semantischen Tretminen darin unterzubringen. Wusstest du z.B., das der Buchstabe S im Buchstabieralphabet vor den Nazis noch durch Samuel vertreten war? Siegfried kam erst mit den Braunhemden da rein. Das ist nur ein winzig kleines Beispiel dafür, wie unsere Sprache von Leuten gemacht wird, was wiederum Einfluss auf unser Denken hat.
Warum sollten wir nicht mal zur Abwechslung Konfettiminen von den "netteren Menschen" in unsere Sprache aufnehmen? Findest du es wirklich wichtig, weiterhin von Mastern und Slaves reden zu können, wenn du Server und Hosts meinst? Ich muss gestehen, ich weiß gar nicht so genau, woher die Begriffe Blacklist und Whitelist wirklich stammen, aber ich habe kein Problem mit Blocklist und Allowlist.
Ja, auch ich habe ein Problem mit der Sprachpolizei. Ich will mir meinen Mund auch nicht verbieten lassen. Aber ich muss anerkennen, dass ich selbst Worte verwende, die die Nazis überhaupt erst ins Spiel gebracht haben (z.B. "asozial", den entsprechenden CCC-Vortrag finde ich gerade nicht mehr) und dass mir das eher unangenehm ist. Aber darüber muss man halt erstmal Bescheid wissen, wenn man daran was ändern will.
Ohne zu wissen, was Fefe denkt.
Ich halte Slave und Master hier für ein passende Wörter, weil das genau die Beziehung der zwei Software-Systeme wiedergibt.
Würde man differenzieren, dass kein Mensch "Sklave" sein kann, weil ein Mensch mehr ausmacht, als seine Tätigkeit, dann könnte das funktionieren. So in einer sehr emotionsbefreiten, rationalen Diskussion.
Da der Diskurs nicht in diese Richtung geht, muss man wohl akzeptieren, dass Sklave als Wort so belastet ist, dass es nicht verwendet werden kann, ohne dass sich (primär in den USA) große Bevölkerungsgruppen angegriffen fühlen.
Daher... ist mir doch egal, nennt es Client und Server.
Find & Replace und gut ist. Wenn es den guten Willen symbolisiert, dann soll es so sein.
Und da kommt mMn Fefe ins Spiel, der findet das unnötig. Weil das halt ein symbolischer Akt ist. Und Gesten die nichts bringen, findet der Fefe eben doof.
Das wäre meine wohlwollende Interprettion.
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Man muss sich immer bewusst sein, was denn die Sprache macht, die man verwendet. Wie du, Max, über das Wort "asozial" schreibst, betrifft es auch den Ausdruck "sozial schwache [Familien]". Ganz oft, selbst von seriösen Medien, wird das synonym für "finanziell schlecht gestellt" verwedet. Dabei ist sozial erstmal ein Begriff für das Zwischenmenschliche. Und allgemein eine Schwäche im Menschlichen zu unterstellen wenn jemand kein Geld hat, ist eben eine ganz gefährliche Sprache - die aber überall Einzug gehalten hat.
@meh:
Genau, what is the problem?
yep, genau das meine ich. Man (frau? har har) sollte sich einfach dessen bewusst sein, dass manche Begriffe kontextuell aufgeladen sein könnten, selbst wenn einem das vielleicht nicht immer direkt klar ist. Und sicher werde ich jetzt auch nicht meine komplette Sprache umkrempeln, vor allem weil mir persönlich das Gegendere noch total den Redefluss hemmt, da haben es die anglophonen Menschen viel leichter.
Trotzdem bin ich offen dafür, meine Sprache zu überdenken und vielleicht auch mal zu hinterfragen, wo denn der Scheiß herkommt, anstatt mich auf das Ross zu setzen "hab ich schon immer so gemacht, ist gut", denn das ist die CDU-Falle, in die ich niemalsnicht tappen will.
Fangen wir mal mit dem Falsifizieren an, was exakt ist, was ich meine. Verifizieren geht sehr oft nicht, weil man bei Allquantoren (alle A sind B) dafür ggf. die ganze Welt scannen müsste. Einfacher ist daher falsifizieren, was dann auch jede Aussage mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit auf 'falsch' stellt. Aussagen, die man nicht falsifizieren kann, sind ihrer Formulierung nach so, dass man sie logischen Betrachtungen nicht zuführen kann - meist, weil sie nicht eindeutig sind.
So, zum platten Einfluss: Erstens, sorry, gucke ich mir keine Videos an als Argumente.
Es geht um Folgendes: Denken und Sprache stehen in Wechselwirkung. Das ist ein wissenschaftlich derart weites Feld, dass ich gar nicht erst Versuche, das näher zu erläutern. Definitiv falsch ist aber die Behauptung, Sprache (resp. Semantik) könne einseitig Denken determinieren. Das ist Quatsch.
Beispiel Framing: Eine bestimmte Semantik erschwert es, gegen ein Narrativ zu argumentieren und prägt durch Wiederholung/Assoziation vermeintliche Zusammenhänge und damit Einstellungen. Das geht aber über Umwege, die sozial Vermittelt sind. Was hier prägt, ist die Kommunikationskultur eines bestimmten sozialen Umfelds (etwa das Mittelschichtsblabla der Massenmedien).
Keineswegs wirkt Sprache semantisch aus sich heraus, in dem Sinne, das eine Wortbedeutung bestimmte Denkprozesse auslöst. Völliger Schwachsinn ist die Ansicht, ausgerechnet ein Begriff unabhängig vom Kontext seiner Bedeutung übertrüge sich auf völlig andere Felder. Bei "Schwarzfahren", "schwarze Liste" etc. denkt daher niemand an dunkelhäutige Menschen. Gerade die Bedeutungen von Farben sind btw. extrem kulturabhängig.
Hinzu kommt in dem Komplex, dass eine Gruppe ohne jede Legitimation oder Kompetenz hier Fakten schaffen will. Sprache verändert sich, weil Menschen sie anders verwenden, nicht weil ein paar Arschlöcher meinen, sie wüssten, wie man richtig spricht. Beispiel: "Slave" - hat was mit Rassismus zu tun? Kommt woher? Hat sich wie entwickelt? Dahinter stecken Jahrtausende Geschichte hunderter Kulturen. Man kann sich darüber einigen, dass es etwas mit Herrschaft und Dienerschaft zu tun hat. Dann geht wer hin und überträgt das auf Maschinen. Dies wiederum, auf Basis von Ähnlichkeiten Begriffe in neue Kontexte zu übertragen, macht jedes Kind. Wir sollten das dringend ausmerzen, weil ... damit jetzt wer schlimm geschädigt wird? Die Heloten?
Schließlich: Was da läuft, beruht nicht nur auf halbgaren Pseudotheorien, die hier und da durch populärwissenschaftliche Artikel gestützt werden. Die Eingriffe und Verhaltensweisen der Sprachpolizeien sind zudem autoritär, intolerant und eben nicht legitimiert. Eine keine Minderheit trollt hier den Rest der Welt, weil sie hier und da ein bisschen Macht ausüben kann. Warum machen sie nicht einfach Vorschläge und schauen, ob sich das durchsetzt, weil es richtig oder besser ist? Ich ahne, warum.
Ich versuche C als Sprache zu begreifen. Nur so kann etwas völlig Neues entstehen.