Stuttgart - Inner City Blues
Sonntag, 5.9.2021, 08:32 > daMaxDass ich nicht mehr ständig in der Innenstadt unterwegs bin, hat diverse Gründe: Wohnlage, Pandemie, Amazon, um nur einige zu nennen. Meine letzten Urlaubstage verbrachte ich unter anderem damit, mir die Innenstadt Stuttgarts zwecks Kleidungserwerb doch mal wieder näher anzugucken und dieser eigentlich recht alltägliche Vorgang führte bei mir zu mehreren Schockerlebnissen.
Offenbar geht das nicht nur mir so. Kollege Geiger von Kessel.TV schrieb zu ungefähr demselben Zeitpunkt, als ich auf der Suche nach einem passenden Hemd war, den Artikel INNER CITY BLUES, der mir vollumfänglich aus der Seele spricht:
Im Sommer 2021 ist diese Stadt ein seltsame Mischung aus Abriss, Baustelle, Leerstand. Was neueröffnet wird, ist Kette & Kalkül, Franchise & Fressen. Genauso hilflos wie das Bemühen der Stadt um gute Laune, wirkt auch das Bemühen des Handels um Kundschaft.
Wenn es nach denen geht, dann braucht der Mensch in diesen Zeiten Currywurst und Schnäppchendeals. Und ich dachte, wir brauchen Berührung und Nähe. Und ein bisschen Wärme in dem Krisengebiet um den Bauchnabel. Liebe, die von echten Herzen kommt. Und nicht von einer Cupcake-Kette mit Kreidestift auf ein Schaufenster geschrieben wurde.
Das alles könnte man als schöpferische Erneuerung verstehen. Wenn man dazu neigt, den To-Go-Becher immer als halbvoll anzusehen. Ganze Häuserblöcke fehlen in der Innenstadt gerade, wie Backenzähne. Wer Stuttgart kennt, der befüchtet zu recht, dass dort Block Block ersetzen wird. Kette Kette und Franchise Franchise. Dass dort zwar Neues entsteht, aber eben nicht Gutes.
Janas Kommentar dazu könnte von mir sein. Wohingegen mein tatsächlicher Kommentar bisher um Genehmigungsfilter hängen geblieben zu sein scheint
Nur 2 Tage vor Kollege Geiger veröffentlichte Martin den Blogpost DIE ZUKUNFT DER KÖNIGSTRASSE, der nicht ganz so melancholisch, aber ebenfalls lesenswert ist.
PS: dass ich schon so ewig nicht mehr bei Kessel.TV vorbeigeschaut habe, hat dagegen nur einen Grund: ich hatte ganz vergessen, dass es euch gibt
(Bild: daMax [CC BY-NC-SA 4.0])
Es gab eine Hoffung in Stuttgart: Das Fluxus.
Das stand für einige Jahre als Konzept-Mall für Nachhaltige, schöne, kleine Läden und war schlicht schön. Leider als Zwischennutzung während Pläne und Baugenehmigungen für die Calwer Passage ausstanden. Einige der Läden findet man immer noch, weit verteilt in Stuttgart - andere nicht.
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.calwer-passage-das-fluxus-hat-ein-zeichen-gesetzt-in-der-stadt.f8bbec2e-dc91-4fcf-b508-3d477d6e53b6.html
Ansonsten gibt es einen Trick, den die Tourismusbranche bei vor allem asiatisch-stämmigen Reisegruppen anwendet: Man fährt sie mit dem Touristen-Bus nach Esslingen oder Cannstatt, um eine funktionierende, historische Innenstadt zu zeigen.
@meh: davon hatte ich natürlich gehört, allerdings fiel das zu 100% in meine Kölnzeit. Und es war ja von vorneherein nur als befristetes Angebot angedacht. Schade, Stuttgart, Chance verpasst!
In das Milaneo werde ich persönlich keinen Fuß setzen. In das Gerber schon eher, ich mag den Søstrene Grene Laden und bei Volcom habe ich tatsächlich schicke Hemden gefunden. Aber oldskool wie ich bin trauere ich den größeren Kaufhäusern echt hinterher. Ich habe lieber viele verschiedene Marken in einem Laden als diese Markenshops, aber das bin nur ich
PS: der Touri-Trick klingt ziemlich logisch, angesichts der immer gesichtsloseren Stuttgarter City.
Ich war in letzter Zeit nur am Bahnhof in Stuttgart, und das ist wirklich trostlos und hässlich.
Und was ist das eigentlich für ein Landeshauptstadtsbahnhof, wo es im Tabakladen keine Toscano-Zigarren gibt?