meine ernte '23
Mittwoch, 27.9.2023, 07:17 > daMaxDisclaimer: Auch wenn sich das Folgende vielleicht stellenweise so liest, es handelt sich nicht um einen bezahlten Werbeartikel. Ich mache das aus rein persönlicher Begeisterung. Gegen monetäre Zuwendungen oder Vergünstigungen seitens des hier vorgestellten Unternehmens hätte ich allerdings auch nichts einzuwenden
Neulich auf einer Party sah ich mich harscher Kritik an der Führung meines Blogs ausgesetzt. "Wasn los bei dir? Nur noch Nerdzeugs, Games, Fragen ans Publikum. Überhaupt kein lustiger, interessanter, politischer Content mehr bei dir!!1! Und wer is' überhaupt James Hetfield??!", so schallte es mir entgegen. Ja, ich kann es nicht leugnen, mein Blog hat sich wieder mal verändert. Das hat verschiedene Gründe und einer davon ist, dass ich Anfang des Jahres unter die Gemüsebauern gegangen bin.
Schon seit längerer Zeit spielten meine Frau und ich mit dem Gedanken, eigenes Obst und Gemüse anzubauen. Mangels Garten und mit einem Balkon, der maximal eine Stunde Sonne am Tag sieht, war daran aber nicht wirklich zu denken. Letzten Winter fragte eine Kollegin meiner Frau, ob wir uns vielleicht vorstellen könnten, bei ihrem "meine ernte"-Feld einzusteigen.
"meine ernte? Wasn das? Wo gibsn das? Und wat is da mit die Rechtschreibung passiert?", höre ich euch fragen und zumindest die ersten drei Fragen kann ich ein wenig näher beleuchten. meine ernte ist ein Unternehmen, das sich auf die Fahne geschrieben hat, Stadtkinder wie mich schmerzfrei an den Anbau von Obst und Gemüse zu führen. Sie arbeiten dabei mit Bio-Landwirten vor Ort zusammen, die den Boden und das Wasser bereit stellen und zu Saisonbeginn schon diverse Dinge säen bzw. setzen. Mit von der Partie sind: Kartoffeln, Zwiebeln, Lauch, Fenchel, Kopfsalate, Pflücksalate, Karotten, Rotkohl, Wirsing, Edamame, Sojabohnen, Buschbohnen, Rote Beete, Grünkohl, Mangold und vieles mehr. Bei uns waren es 20 Reihen an Zeugs. Obendrein bleibt immer ein "Wunschbeet" frei, in das ihr dann setzen könnt was ihr wollt (abgesehen von Minze und Pflanzen, die dem BtmG unterliegen ). Außerdem gibt hat meine ernte einen Online-Shop für Saatgut, Werkzeug und alles, was man in so einem Feld vielleicht gebrauchen könnte. Natürlich seid ihr nicht zu deren Shop gezwungen oder so, ihr könnt jederzeit eigenes Saatgut und Setzlinge mitbringen. Die einzige Bedingung: bio muss es sein. Die Böden sind bio und da darf dann auch nichts anderes rein als bio und natürlich kümmert ihr euch auch bio um eure Pflanzen. Monsanto stay home
Gärten bzw. Felder von meine ernte finden sich in und um:
Aachen Berlin Bielefeld Bochum Böbingen/Pfalz Bonn Bottrop Dortmund Duisburg Düsseldorf |
Essen Frankfurt Hamburg Herten Köln Krefeld Leverkusen Solingen / Wuppertal Stuttgart Troisdorf Wiesbaden |
Interessierte können einen Teil eines solchen Feldes mieten und kümmern sich die Saison über um die Pflanzen (gießen, jäten, stützen, geizen, ernten, was eben alles so anfällt). Gießkannen und größeres Gerät wie Grabegabeln, Hacken oder Spaten stehen vor Ort bereit, kleineres Werkzeug und Handschuhe bringt man selber mit.
Der Feldstreifen - euphemistisch "Garten" genannt - ist dann wahlweise ca. 25m², 45m² oder 75m² groß. Die Kollegin meiner Frau hatte ein ca. 45m² großes Stück (kleinere gibt es hier in Stuttgart meines Wissen nicht) und meinte, sowohl die Arbeit als auch der Ertrag seien ihr ein bisschen zu üppig. Nun ist die Saison fast vorbei und ich kann bestätigen: beides ist leicht zu unterschätzen.
Bilder sagen bekanntlich mehr als Worte und damit ihr mal eine Vorstellung davon bekommt, was 45m² Feld sind: "unser" Feld ist das zwischen den beiden Trampelpfaden.
So sah es Anfang der Saison aus:
und so im Sommer:
Was man dann bei einer Zwischenernte so einholen kann, seht ihr in dem Bild ganz oben.
Wer schon mal selber Gemüse angebaut hat, kann jetzt vielleicht ahnen, wie viel Arbeit in so einem Feld steckt. Ich für meinen Teil habe dieses Jahr eine ganze Menge über Pflanzen und Nahrung gelernt und das habe ich zum einen der wirklich toll gemachten Webseite von meine ernte zu verdanken, zum anderen den "Gärtnerbrief" genannten E-Mails, die meine ernte alle paar Wochen verschickt. Beides ist gestopft voll mit hilfreichen Informationen, Bildern und Videos zu Anbau, Pflege und Ernte von allem, was da wächst und gedeiht.
So waren wir also im Laufe des Jahres ständig in "unserem Feld" um zu jäten, den Boden zu lockern, zu gießen, Gestelle für Bohnen und Tomaten zu basteln, zu zuppeln, Kartoffelkäfer zu sammeln usw. usf. Dabei fiel mir auf, wie gut mir die Zeit im Feld nach einem langen Tag am Rechner tut. Kaum war ich 10 Minuten vor Ort, überkam mich jedes Mal eine tiefe Ruhe, der Stress des Tages perlte von mir ab und ich kümmerte mich mit voller Hingabe um unsere Pflänzchen, bewunderte das Kleinbiotop "Feld", schleppte eine Menge Wasser und hatte selbst bei Regen immer eine gute Zeit. Dabei ist so ein Feld beileibe nicht nur eitel Sonnenschein. Es galt, diverse Rückschläge hinzunehmen: mal bricht eine Tomatenpflanze ab während man ihr in ihre Rankhilfe helfen will, dann verkraftet der noch eben so prächtig gedeihende Basilikum den Regen nicht und wird binnen weniger Tage braun, wieder später vergisst man einen Salat, der dann ungeahnte Formen annimmt. Wenn man dann aber sieht, wie begeistert die Bienen von dem blühenden Salat sind, lässt man ihn eben einfach stehen, wie er ist. Und lernt ein bisschen Gelassenheit dabei.
Deshalb also ging meine Blogfrequenz noch weiter in die Knie, als sie das eh schon war. Vielleicht passiert im Winter wieder etwas mehr hier, aber wir haben uns letzte Woche schon ein Feld für nächstes Jahr bestellt und ich freue mich jetzt schon riesig darauf, mein frisch erlerntes Wissens anzuwenden, neue Dinge auszuprobieren, mehr zu lernen und insgesamt eine gute Zeit im Feld zu haben.
COOL!!! Ja, da sieht man, wie viel Arbeit drinsteckt und warum das kostet.
Ich hab nur zwei Balkone und diverse Fensterbretter - und ich hab den Hang, dauernd Bäume zu pflanzen. Ergebnis: mehrere Dattelpalmen, eine Mango, zwei Apfelbäume und mehrere Zitronen- und Orangenbäume. Die Zitronen haben immerhin schon mal für einen Kuchen gereicht. Außerdem haben wir mal Kartoffeln gezogen, reichte für zweimal Essen. Tomaten hatten wir auch schon - es waren so viele, daß wir noch an Verwandte/Bekannte verschenken konnten. Dazu diverse Kräuter und anderes, was noch in Blumenkästen paßt. Und dieses Jahr habe ich aus Jux einen Melonenkern gepflanzt und was ist passiert? Genau - wenn auch nur so groß wie ein Tennisball. Die Pflanze blüht aber immer noch.
Natürlich ist der Platz zu knapp, um ernsthaft etwas zum Essen anzubauen, dafür haben wir Blühpflanzen, die von einem halben Bienenstock als "Fly In" genutzt werden, dazu Tagfalter, Nachtfalter, Hummeln - wieviele Schmetterlinge ich schon aufgezogen habe, weiß ich gar nicht (hauptsächlich Nachtfalter, 2023 ist allerdings kein Schmetterlingsjahr). Hätte ich einen Garten, wäre ich vermutlich nur dort.
Gibts ein Foto von dem Salat, der ins Kraut geschossen ist?
Das ist ein sehr schönes und ausgleichendes Hobby. Nur Blog betreiben ist auf die Dauer vielleicht zu fern der Realität. Mit den eigenen Händen im Garten und Dreck arbeiten erdet einen doch ganz schön. Das klingt jetzt sehr abgedroschen, aber ich finde an dem Wahrheitsgehalt hat sich nichts geändert. Wir haben auch seit letztem September einen eigenen Garten und die Veränderung und Fortschritte dort zu sehen macht einen schon glücklich. Auch wenn meine Freundin flucht und neulich sagte "Nächstes Jahr mach ich nur Kartoffeln!". Wir haben eine ähnliche Auswahl wie du. Ich kann Kartoffeln und Rote Bete in puncto Verhältnis Artbeit zu Ertrag sehr empfehlen. Auch Buschbohnen und Pflücksalat. Beim dem Letzteres verteilt sich die Ernte schön und man muss nicht immer so riesige Salatmengen auf einmal verbrauchen.
@Schwarzes_Einhorn:
Aber ja doch, das letzte Foto im Artikel. Ja, das ist ein Salat
@T;ll: Nee, Kartoffeln werden wir nächstes Jahr wahrscheinlich genau weg lassen. So viele Stunden Kartoffelkäfer, deren Larven und Eier suchen, sammeln und killen... da habe ich keinen Bock drauf. Statt dessen lieber mehr Platz für Kürbisse und Zucchini, eventuell mal Melonen versuchen.
Richtig begeistert sind wir von Mangold. Der wächst ohne großes Zutun, man kann immer wieder ein paar Blätter ernten und wir haben schon diverse tolle Rezepte entdeckt, z.B. eine Quiche mit Mangold oder auch ganz großartiges Mangold-Pesto mit Rosmarin und Zitrone.
Und ja, deine Erfahrung mit Pflücksalat teile ich.
@daMax: Dann hatten wir wohl einfach Glück bei den Kartoffeln. Aber Kürbis hatte ich noch vergessen, war auch ein Renner. Hat den halben Gemüsegarten in Beschlag genommen, da wir die 3 Pflanzen auf alte Komposterde gesetzt hatten und der Kürbis als Starkzehrer dann natürlich entsprechend abgegangen ist. Habe letzte Woche beim Heckeschneiden noch einen Kürbis in der Hecke gefunden.
@T;ll: ja, mit den Kartoffeln ist das halt so, dass in dem Feld eben alle Kartoffeln haben und so sind die Kartoffelkäfer auch immer und überall. Da kannste nix gegen machen, aber wir wollen uns den Stress nächstes Jahr echt nicht mehr geben...
Das mit dem Kürbis ist doch eine nette Überraschung
Als Landkind habe ich auf ewig genug vom Gärtnern und Kartoffelkäferpflücken. :/
Aber bei "Ernte 23" werden Erinnerungen wach!
Muss direkt morgen mal nachfragen, ob es die Zigaretten noch gibt.
Cool! Cooler Beitrag!
Schönes Blog;
@Andreas Moser (6): ich muss gestehen, das Wortspiel mit der Ernte 23 habe ich von unserem Feldnachbarn geklaut. Die Felder haben nämlich alle Namen und eines der Felder in der Nähe hieß eben Ernte 23
@meh (7): danke
Garten mag ich auch gerne - habe aber selbst eher den "braunen Daumen". Naja Rasen mähen und Hecke schneiden klappt. Für die schönen Sachen ist die Holde zuständig. Mich piekt nur die Begrifflichkeit "gute Zeit im Feld" (no offense!) Wobei der Kontext natürlich klar ist.
Also: auf die gute Ernte in diesem Jahr und eine bessere im Nächsten.
@Hotzenplotz: Was piekt dich denn da?
Edit, paar Stunden später: ach soooo, du meinst weil "im Feld" auch "im Krieg" bedeuten kann? Das kam mir tatsächlich nie in den Sinn! Auch die Leute, die man da so trifft, reden vom "im Feld" weil sie eben "im" "Feld" sind völlig ohne kriegerischen Hintergrund. Grammatikalisch korrekt wäre wahrscheinlich "auf dem Feld", aber man fühlt sich da eben einfach eher "drin" als "drauf"
Da bekommt "ernte 23" echt ne neue, gesunde Bedeutung...
/EDITH SACHT: Das ist vielleicht was für die Frau, die ist gelernte Floristin, mag Pflanz-Das und geht bald in den Ruhestand.
Ich selbst habe eher einen braun-grauen Daumen, bei mir gehen sogar Kakteen ein...
(mussich mal gucken obs sowas hier inner Ecke auch gibt, Hamburg und so is zu weit wech)