Meine Gedanken zu Killerspielen [UPDATE]
Dienstag, 14.7.2009, 00:10 > daMaxIch hatte gerade während einer gepflegten Partie Unreal Tournament eine Art Mini-Satori, und das wollte ich mal eben zu Papier ins Netz bringen um euch daran teilhaben zu lassen. Mir ist nämlich klar geworden, weshalb ich als ausgeprägter Pazifist so gerne Egoshooter spiele.
Wir Menschen sind Raubtiere, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht. Kämpferische Auseinandersetzungen liegen uns in den Genen wie der aufrechte Gang, Musik, Sprache und Neugier. Und da wir kämpferische Auseinandersetzungen nunmal so lieben, uns aber nicht ständig auf die Glocke hauen wollen, haben wir Ersatzhandlungen entwickelt, bei denen wir unserer Kampfeslust gefahrlos nachgeben können.
Ein Egoshooter ist die ideale Simulation einer Jagdszene, die mir direkt ins Stammhirn fährt: das taktische Umzingeln, das Anschleichen an die Beute, der Angriff aus dem Überraschungsmoment. Manchmal kann ich beinahe das überraschte Gesicht meiner Beute sehen. Das alles spricht ein Wesen in mir an, das wesentlich älter ist als ich selbst. Und es labt sich daran. Ich bin ehrlich gesagt ganz froh, dass dieses Wesen nicht die Oberhand über mich bekommt, denn das wäre für meine Umwelt wahrscheinlich recht unangenehm (hallo Stasi 2.0: das ist keine Ankündigung zum Amoklauf). Aber ich kann es auch nicht verhungern lassen, denn daran würde ich selber zugrunde gehen. Ich muss dieses Tier wachsam an der Leine führen, dann kann es zu einem wirklich guten Freund werden.
Ich sehe in all den Killerspielen und Kampfsportarten nicht weniger als ein klassisches Überdruckventil ohne das unsere Zivilisation überhaupt nicht möglich wäre. Lassen wir uns dieses Ventils nicht berauben.
Siehe auch: Warum Abscheu vor Porno und Gewalt übles Recht zeugt - Tyrannei des Guten
[Update]: Gerade finde ich bei René einen Link zu einer Bachelorarbeit über dieses Thema. Werd ich heute abend noch lesen. Ich schätze, darin stehen mehr und gesicherte Argumente zu dem Thema als ich bisher auf dem Schirm habe.
Bildnachweis: merydith unter CC BY-NC-SA 2.0 Lizenz
Calvin und Hobbes wurden geschaffen von Bill Watterson
Liebster Mäx,
schön zurechtgedacht.
Doch let`s face it: Killerspiele wurden nicht als Überdruckventil unserer Zivilisation entwickelt sondern um Menschen (Soldaten) die Hemmungen for dem tatsächlichen Kill abzutrainieren, was auch nachwieslich funktioniert warum auch weiterhin Millionenbeträge an Militärbudget dafür ausgegeben werden.
Und Du bist auch kein urzeitliches Raubtier, sondern eon Mensch durch den NICHT seine Gene sprechen.
Nee, ich spreche mich absolut gegen diesen Biologismus aus der immer wieder gerne herangezogen wird um unser Verhalten zu erklären oder sollte ich sagen faul zu entschuldigen?? (Der Mann - der biologisch gezwungene Vielbesamer, der nicht für die Monogamie gemacht ist, die Frau, deren Naturgegebene Aufgabe es ist... der Max, der ehemalige Säbelzahntiger...Und warum schlägt dann immer das Sexraubmuttertier durch und nie die Auster?)
Unsere Zellen mögen all das durchlebt haben, doch nun sind wir Menschen, zur Erleuchting fähig, biologosch quasi instinktlos und müssen Erklärungen für unsere manchaml seltsamen Wünsche und Bedürfnisse bitte ausserhalb unserer DNA suchen.
Nix für Ungut!! Freue mich auf den Alpsee, der Fisch in mir wird schon ganz unruhig!
@anneloewe:
let's face what? Sorry, aber das stimmt so einfach nicht. Die ersten "Killerspiele" wurden entwickelt, als die Armee noch überhaupt nicht wusste, was ein Computer ist. Meine ersten Killerspiele waren Beach Head II und später Doom. In diese Spiele flossen keine "Millionenbeträge an Militärbudget", das Militär hatte bis dahin noch keine Idee von Computerspielen. Du argumentierst schon fast wie Frau von der Leyen mit ihrem Milliardenmarkt Kinderpornographie.
Das Militär hat erst anschließend entdeckt (z.B. hier, hier und hier), dass man mit solchen Spielen auch Soldaten trainieren kann, und das ist ja auch nicht von der Hand zu weisen. Ich selber habe gemerkt, wie ich nach und nach anfing, wie ein Soldat zu denken (immer mit dem Rücken zur Wand, neue Räume erstmal komplett scannen bevor man sie betritt etc). Dennoch: es gab erst die Spiele, dann das Militär. Natürlich fließen inzwischen Gelder der Armee in solche Spiele. Aber: das gesamte Internet wurde vom US Militär in Auftrag gegeben. Und nu? Sollen wir jetzt das Netz abschalten? In den gesamten letzten großen Erfindungen steckt letztendlich das Militär und/oder fiese multinationale Konzerne. Aber das heißt noch lange nicht, dass sie die Sachen tatsächlich erfunden hätten. Sie verstehen es nur, alles zu erkennen, was ihren Zielen dient und die Entwicklung dahingehend zu forcieren.
Ballerspiele sind keine Erfindung des Militärs. Genausowenig wie bspw. Roboter. Die Tatsache, dass das Militär sich solche Technologien zu Eigen macht, lässt mich deren Erfindung nicht rundweg verdammen, schon gar nicht, wenn sie so großen Spaß machen wie Ballerspiele und Roboter.
Und ich als alter Biologie-LK'ler komme nicht drumherum anzuerkennen, dass unsere Gene uns wesentlich mehr im Griff haben als unser Glauben wahrhaben will. Auch die gesamte Kriegsführung lässt sich ja prima in das Raubtierschema packen. Trotzdem hat man eben immer die Wahl: will ich einen Menschen töten, oder lasse ich es bleiben? Die Auster schlägt nicht so oft durch, weil sie in unserem genetischen Programm einfach lange nicht so ausgeprägt ist wie der Säbelzahntiger. Biologisch instinktlos? Nee, das lasse ich dir nicht durchgehen. Schau dir deinen kleinen Sohn an und dann erzähl mir nochmal was von instinktlos. Der Kleine weiß doch schon recht gut Bescheid, wie der Hase läuft völlig ohne jahrelanges Zivilisationsüben. Und wenn es nach ihm geht, haut er lieber seinen Spielkameraden auf die Mütze als sein Spielzeug zu teilen. Das muss er erst in vielen kleinen Situationen lernen, und das ist mit vielen Tränen verbunden. Zweifelsohne wird er das Sozialleben irgendwann lernen (weil er auch sehr nette Eltern hat), aber das Tier in ihm wird nie zur Ruhe kommen und muss von ihm genauso wie von mir gebändigt und an die Leine genommen werden. Verscheuchen wirst du es nie können.
auch ich habe ein diplomarbeit ueber dieses thema seinerzeit geschrieben. das war 1996 und interessanterweise scheint die forschung nicht wesentlich weiter zu sein als damals, was den zusammenhang zwischen "killer" und "spiele" betrifft.
es gibt zum einen nach wie vor die katharsis-theorie nach welcher durch gewaltspiele aggression abgebaut wird. die andere theorie kennen wir aus den medien zu genuege. nach meiner auffassung gilt wie so oft: verallgemeinern laesst sich nichts - veranlagung und persoenlicher vorraussetzung sind entscheidend. max scheint es gut zu tun - also wohl eher der katharsis-typ
dass ein raubtier in uns steckt, das wir zu baendigen lernen muessen, unterschreibe ich. ob das in form von egoshootern passieren muss, denke ich nicht. man kann seinen aggressions- und raubtierinstinkt auch auf einer wesentlich ganzheitlicheren ebene ausleben: sport, real-spiele (z.b. "fangen"). man bewegt sich, trainiert den koerper, mutet ihm keine unnatuerliche haltung zu, verkrampft nicht und vor allem muss man sich nicht immer hoeher aufgeloeste gewaltszenenen reinziehen, die mit sicherheit nicht einen ruhigen und ausgeglichenenen geist erzeugen. die soziale kommunikation bei realspielen scheint mir auch etwas natuerlicher und urspruenglicher als das artefaktische skype-gequaeke im ohr gepaart mit dem polygonalen alter-ego unseres spielepartners hinter einer glasscheibe.
warum liebe aber auch ich noch immer killerspiele und besorge mir wann immer es geht die uncut-versionen?
weil es verdammt nochmal intensiver ist als topfschlagen und solitair!
und warum muss es intensiver sein?
damit man noch tiefer darin versinken - den alltag vergessen kann - und genau das ist die volkskrankheit nummer 1!
das permanente beduerfnis, sich mit musik, handys, tv oder videospielen zuzuballern ist definitiv nicht in unseren genen verankert. es ist wie eine droge. und daher empfinde ich spiele wie wow wesentlich gefaehrlicher als killerspiele. ich habe einen freund von mir fuer zwei jahre verloren, weil er ein online-rollenspiel gezockt hat und zu keinem anderen thema mehr ansprechbar war. es gibt in skandinavien kliniken fuer wow-spieler und von dem wegen-wow-verhungert-todesfall in china habt ihr bestimmt auch gelesen - den wahrheitsgehalt konnte ich nie ueberpruefen.
ob eine taetigkeit mir gut tut, entscheide ich immer anhand dessen, wie es mir hinterher geht. und wenn ich abends im bett liege und auf meinen zuckendenen augenliederinnenseiten den max vor mir durch die gaenge rennen sehe, dann weiss ich, dass killerspiele vor dem schlafengehen wohl nicht die idealste entspannungsmethode sind.
oder hat das alles nur was mit dem aelterwerden zu tun...?
endlich mal ein reflektierter Kommentar
Nee klar gibt es wesentlich "gesündere" Arten, das innere Raubtier zu befriedigen, ganz sicher. Und dass Computerspiele eine Sucht sind wissen wir beide. Ich will mir halt nur meine Süchte nicht verbieten lassen, da werd ich grantig. Und außerdem wollte ich schon immer mal einen Schwarzen Panther freistellen und in mein Blog reinfrickeln. Calvin und Hobbes sowieso
das mit den verboten ist ein schwieriges thema.
es ist in deutschland verboten, einen wasserkocher zu verkaufen, der kein tüv-siegel hat. warum? damit keiner seine bude abfackelt. finde ich super, denn ein 2-euro-china-kocher kann funktionieren - muss aber nicht.
es ist in deutschland verboten drogen zu (ver)kaufen/konsumieren. warum? weil sie suchtverhalten foerdern und zu krankheit oder tod fuehren koennen. finde ich auch super - dumm nur, dass sie ein paar drogen auf der verbots-liste vergessen haben.
es ist in deutschland verboten, killerspiele unter 18 zu kaufen. warum? weil ich meine kinder auch nicht rambo oder softpornos gucken lasse. finde ich auch super. dumm nur, dass "unter 18" ein nicht immer treffendes ausschluss-kriterium ist.
unser volk ist zum groesstenteil eher schlichteren geistes, was das quotenbestimmte angebot der privaten fernseh-anstalten eindrucksvoll demonstriert. und schlichte gemueter muss man nunmal an die hand nehmen, damit sie sich nicht mit einem china-wasserkocher die huette abfackeln oder wie die lemminge in den abgrund huepfen.
aber leider nimmt der staat auch mich ach so geistreichen akademiker permanent ungefragt an die hand, obwohl ich doch selber weiss, was gut fuer mich ist.
doch letzteres behauptet auch der schlichteste der schlichten von sich, oder?
So. Und was machemer da nu? Mehr Verbote? Mehr Bildung?
Ich für meinen Teil halte mehr Verbote für den falschen Weg. Wollen wir jetzt wirklich eine gerade im Entstehen begriffene Industrie (Actionspiele) gleich wieder einstampfen weil ein paar Irre Amok laufen? Wenn wir das tun, dann müssen wir konsequenterweise nicht nur Wasserkocher verbieten, sondern auch Messer, Gabel Schere, Licht (mal abgesehen davon, dass sich die Chinesen mit ihren Wasserkochern auch nicht abfackeln).
Du wirst mir sicher zustimmen, dass das nicht der richtige Weg ist, oder? Ich habe nichts gegen abgestufte Gesetze. Gewalttätige Computerspiele sind zurecht ab 18. Waren sie schon immer. Hat uns noch nie davon abgehalten, sie mit 11 zu zocken. Gut, damals waren sie noch nicht so realistisch. Aber auch Bugs Bunny und Tom und Jerry sind "gewalttätig". Verbieten?
Ich habe das Gefühl, dass wir mit mehr Verboten keinen einzigen Amoklauf verhindern und unsere Gesellschaft auch keinen Deut besser machen. Das geht nur, wenn man aus Kindern keine Loser macht. Das sollte man mal verbieten. Man sollte seinen Kids zuhören, ihnen Spass im Leben bieten (was ein Skateboard alles bewirken kann, ich könnte dir da Geschichten erzählen), ihnen ihre Sorgen und Ängste zugestehen und mit ihnen darüber reden.
Mein Ideal ist und bleibt der mündige Mensch, der Verantwortung für sein Handeln übernimmt. Eine Gesellschaft, in der alles verboten ist was nicht explizit erlaubt ist, hat mit Freiheit nichts mehr zu tun. Darauf steuern wir meiner Meinung nach aber zu.
PS: ich als Misanthrop sage: lass die Lemminge in den Abgrund hüpfen. Solange sie nicht mich an die Hand nehmen und dann springen. Lass sie springen. Survival of the fittest
PS2: Ich wollte nochwas loswerden zu deiner These von der Volkskrankheit Nummer 1 (den Alltag vergessen wollen). Darüber kann man nun auch wieder eine ganze Dissertation schreiben. M.E. liegt das in der beschissenen Produktionsgesellschaft begründet. Wenn man den lieben langen Tag Schrott produziert, den kein Schwein braucht, und dann abends zu kaputt ist, sinnvolle Dinge zu tun: abschalten! Wenn man schon daran glaubt, dass dieser ganze Schrott dringend produziert werden muss und dann arbeitslos wird, ist man ja quasi zur Hoffnungslosigkeit verdammt. Und will sich wieder nur abschießen.
Wenn wir endlich kapieren würden, dass dieser ganze Zirkus hier nur eine riesige Show ist, dann würden sich die ganzen Hartzis vielleicht nicht so abschreiben, abschiessen und zudröhnen. Dann würden sie vielleicht was Sinnvolles mit ihrer Zeit anfangen. Und unsere "Elite" mit dem Herkulesbesen wegfegen. Aber daran hat unsere Elite ja nun überhaupt kein Interessse. Also erzählt sie den Hartzis weiter, dass sie nix wert sind wenn sie nix produzieren. Usw. usf.