Der Routerzwang fällt – Und was bringt mir das?
Samstag, 30.7.2016, 13:26 > daMaxDies ist ein Gastbeitrag von Max Mehl (Lizenz: CC BY-SA 4.0). Max ist Koordinator des deutschen Teams der Free Software Foundation Europe und begleitet die Routerzwang-Wirren seit 2013 für die FSFE und auf seinem Blog.
Betreiber von Diskotheken wissen es genau: Die Wahl des richtigen Türstehers ist wichtig, damit sich keine Störenfriede einschleichen. Dasselbe könnte man auch von Routern behaupten, die als Schnittstelle zwischen Internet und Heimnetz dafür sorgen müssen, dass nur das die Tore passiert, was auch im Sinne des Besitzers ist. Und endlich, nach Jahren der gesetzlichen Unklarheit, bekommen wir mit dem Ende des Routerzwangs das Recht dazu, uns unseren stillen Türsteher frei auszusuchen.
Was die Süddeutsche Zeitung als "Unabhängigkeitstag für Internetnutzer" bezeichnet, ist das offizielle Ende des Routerzwangs und das Inkrafttreten der Endgerätefreiheit am 1. August. Bisher konnten Internetanbieter (ISPs) in Deutschland bestimmen, welchen Router Kunden zur Verbindung mit dem Internet nutzen müssen. Nutzer hatten keinen Einfluss auf diese Entscheidung. Das ändert sich nun. Aber wir müssen sicherstellen, dass alle Kunden über diese neuen Rechte Bescheid wissen, und gleichzeitig überprüfen, ob ISPs die neuen Regeln befolgen.
Wie bei einem Türsteher sollte man auch dem Router vertrauen können, denn über ihn läuft jeglicher Internetverkehr, also etwa alle E-Mails, Downloads und häufig auch Telefongespräche. Zwangsrouter fallen oft negativ mit kritischen Sicherheitslücken auf, die Nutzer aus technischen oder rechtlichen Gründen nicht selbst beheben können. Sie sind auch dafür bekannt, zu einigen Netzwerkgeräten oder Standards wie IPv6 inkompatibel zu sein oder nur eine geringe Anzahl wichtiger Funktionen zu unterstützen.
Recht auf Endgerätefreiheit in Anspruch nehmen
Um nun den Providern auf die Finger zu schauen, wenn es um die Umsetzung des seit 2013 heiß umkämpften Gesetzes geht, bittet die Free Software Foundation Europe (FSFE) um Erfahrungsberichte von Internetnutzern, die vom 1. August an ein eigenes Gerät an der Telefon- bzw. Kabeldose betreiben. Dazu stellt sie eine Wiki-Seite zur Verfügung, auf der Informationen und Nutzerberichte gesammelt werden. Vor allem für Kabelanschlüsse, für die bisher nur wenige Modelle auf dem Markt erhältlich sind, stellt die FSFE auch einige Testgeräte bereit.
Aufgrund von Erfahrungen, die wir in in der Vergangenheit gemacht haben, müssen wir davon ausgehen, dass einige ISPs darauf setzen werden, ihre Kunden zur Nutzung ihres jeweiligen Standardrouters zu zwingen. Unitymedia etwa erfordert eine telefonische Registrierung des neuen Gerätes, vorstellbar ist auch der Ausschluss von Bestandskunden von dem neuen Recht oder die Verweigerung des Supports.
Die FSFE möchte sicherstellen, dass solches Fehlverhalten öffentlich gemacht wird und dafür brauchen wir deine Hilfe. Wenn du Kunde eines deutschen Internetanbieters bist, bitten wir dich, dein neues Recht auszuüben und ein alternatives Gerät zu verwenden – idealerweise eines mit einer Firmware, die Freie Software ist.
(via netzpolitik)
Heh, ja, dass Unitymedia ein harter Brocken wird, habe ich gemerkt, als ich dort vor ein paar Monaten anrief, um Einzelheiten zum Wechseln des Routers zu besprechen. Auf meine Frage, was von meiner Seite getan werden müsste, um die Umstellung so reibungsfrei wie möglich zu gestalten, kam die Gegenfrage von was für einem Ende des Routerzwangs ich eig. sprechen würde...
@Vex: Komisch, dann hast Du ein anderes Unitymedia als ich. Du in NRW, ich in BaWü?
Hier™ hatte ich neulich sowieso ein Date mit $TECHIE. Internet war flaky (der zweite Vorfall dieser Art in ~10 Jahren, und einmal hatte noch ein Bagger zugebissen), Verbindungsneuaufbau alle paar Minuten … aber nur bis zum Anruf, 20 Minuten danach gings wieder so ziemlich (sie haben einfach mal den Leitungspegel aufgedreht, wie ich dann erfuhr) und am nächsten Tag stand $TECHIE draußen, tauschte mal eben die Verstärkergruppe für’s ganze Haus und mein Motorola-Kabelmodem gegen die deren „Businessmodem“ von Cisco aus und erzählte mir, dass das ja alles gar kein Problem wird, weil DOCSIS usw. und überhaupt. Und zehn Minuten später war er wieder weg und ich habe seitdem das flotteste Internetz meines Lebens. Und $NACHBAR keine Störungen mehr im Digitalfernseh, wie ich hörte.
Mag daran liegen, dass hier in BaWü anscheinend ein großer Teil der KabelBW-Infrastruktur überlebt hat. Bei denen hatte ich eine Direktdurchwahl in die Technikabteilung …
Langer Rede kompakter Sinn: $TECHIE meinte, Privatmodem sei genau kein Problem, es könnte halt sein, dass man in Problemfällen das gestellte Dingsi dranklemmen müsse, damit sie was messen können. Das aber auch nur, wenn man exotisches Gerät benutze, mit der handelsüblichen Fritzbox sei wahrscheinlich alles gut.
Ich behalte hier sowieso mein Kabelmodem, solange das geht; da kann ich dahinterklemmen, was ich will (neuerdings ’ne Synology RT1900ac). Wenn sie mir das irgendwann wegnehmen wollen, sehen wir weiter.
Netter Providerüberblick mit Kontaktdaten in Bezug auf freie Routerwahl (fritzbox ist auch nicht das gelbe vom ei, bitte nicht falsch verstehen, lediglich der überblick ist gut):
https://avm.de/service/freie-routerwahl/
Das Problem, warum Unitymedia die Routerdaten haben will und Kabel D. die Freischaltung des eigenen Gerätes über ne Portalseite macht ist relativ fix erklärt.
Das DSL-Netzwerk regelt den Zugang über Benutzername/Passwort. also genau den Daten, die die Provider jetzt gesetzlich rausgeben müssen.
Das Kabelnetz nicht. Dort wird das Gerät über die MAC-Adresse im System freigegeben.
Deswegen will Unity das eben haben. Da wirds anscheinend per Hand ins System getackert. Kabel D lässt das ganze direkt über ne Automatik laufen.
Wie gut das am ende funktioniert werd ich morgen ganz früh erfahren, wenn mir die ersten wütenden Kunden aufschlagen
Übrigens, die Telefonie-Daten, also der SIP-Account, DIE zugangsdaten bekommt man bei beiden Anbietern. Unity hats im Kundenportal hinterlegt und Kabel D zeigts im Posrtal an, wenn man das eigene Gerät freischaltet.
(@Vex: Willst was zu Lachen? Die Schulungen für die Hotlinemitarbeiter waren bei Kabel D in den letzten 2 Wochen. Vorher war intern genau GARNIX zu erfahren, wie das nun laufen soll.
Über die Qualität der Schulung möcht ich mich hier lieber nicht äusern. Nur soviel: Meine Fragen wurden nicht wirklich beantwortet, bzw hab ich mehr Fragen von anderen Teilnehmern beantwortet, als die Trainerin.
@Temno:
… und das System bringt dem Gerät dann per (Euro-)DOCSIS die Flötentöne bei. Dazu (und was $PROVIDER dabei so alles verkacken kann) gab’s einen schönen Vortrag am 32C3.
@frater mosses zu lobdenberg: komm mir nicht damit, da hab ich mir auch ganz böse an Kopf gefasst, als ich das gesehen hab.
Wobei das Video aber wiederrum nix damit zu tun hat wie die Kabelnetzbetreiber die Nutzergeräte frei schalten
BTW wurd die im Video genannte Lücke auch noch vorm 32C3 gefixt.