Wie Nachrichten gemacht werden
Freitag, 29.9.2017, 09:42 > daMaxErinnert ihr euch noch an die kaputte Bahnstrecke bei Rastatt? Da wurde letztens 5m unter den Bahnschienen ein Tunnel gebohrt. Leider hat sich dabei jemand verrechnet, so dass die Gleise darüber absackten und die gesamte Strecke 2 Monate unbefahrbar wurde.
So weit, so schlimm. Der echte Knüller kam aber dann erst: die Röhre wurde mit 10.000 Kubikmetern Beton ausgegossen, um die Gleise zu stützen. Kann man machen. Neu an der Geschichte war allerdings, dass die 18 Millionen Euro teure Tunnelbohrmaschine dabei an Ort und Stelle blieb und einfach mit einbetoniert wurde. Achtzehn. Millionen. Mal eben einbetoniert.
So, und jetzt zum Thema: ich finde es ziemlich interessant, dass seitdem von dieser 18-Millionen-Pleite in keiner einzigen Meldung über das Desaster mehr die Rede ist. Hier mal ein paar Beispiele bei SWR, SPON und Welt. Das wird einfach komplett unter den Tisch fallen gelassen.
Was geht? Will man nicht am Image des Vorzeigebörsenunternehmens kratzen? Ist es völlig normal, solche Maschinen einzubetonieren? Sind 18 Mio nicht mehr der Rede wert? Will man vielleicht gar ungute Assoziationen zu S21 vermeiden? Da sind schließlich die gleichen Unternehmen mit Tunnelarbeiten in schwierigem Untergrund zugange...
Naja.
Update: RuePoe macht mich gerade auf diesen interessanten Artikel bei KONTEXT aufmerksam. Zitat:
Die Tatsache, dass die Bundespolizei, die Staatsanwaltschaft, das Eisenbahnbundesamt beziehungsweise die Bundesstelle für Eisenbahn-Unfalluntersuchung (BEU) keine Sicherung des Unfallortes und keine erste Unfalluntersuchung einleiteten, ist skandalös. Auf diese Weise konnten die Verantwortlichen (DB AG und die in der "Arge Tunnel Rastatt" zusammengefassten Bauunternehmen) Beweismittel beseitigen und eine unabhängige Untersuchung des Vorgangs extrem erschweren.
Alternative Medien FTW!
Winfried Wolf hat in der Kontext-Wochenzeitung einen umfassenden Artikel zum Desaster in Rastatt geschrieben: http://tinyurl.com/y86o37r4
Naja, was will $PRESSE dazu noch schreiben, wenn $PRESSE schon nicht fragt, warum man ausgerechnet die Firma, die in Deiner neuen Heimatstadt vor ein paar Jahren die Stadtbücherei versenkte, weiterhin Bahntunnel bohren lässt.
@RuePoe: danke! Wird direkt noch in den Artikel gepackt.
@frater mosses von lobdenberg, Hyper-Moralist und autoritär-neo-linker Intelligenziaist: oh ja...
der tunnel ist nicht letztes jahr eingebrochen sondern im august...
hier noch ein interessanter artikel:https://www.rubikon.news/artikel/die-beinahe-eisenbahnkatastrophe-von-rastatt
@genussminister: oops, sorry. Stimmt, wird korrigiert.
....Staatsanwaltschaft....so was wird noch nur aktiv, wenn es gegen den kleinen Bürger geht....
Das macht die Mafia doch seit Jahrzehnten:
Beweise einbetonieren.
@ninjaturkey:
Vier Antworten:
a) Höre ich hier ein dezentes 'Lügenpresse' raus?
b) War da wirklich etwas zu untersuchen? Immerhin hat die DB ihre eigene Infrastruktur beschädigt. War nicht so vorgesehen, aber ich sehe hier keinen Grund für kriminaltechnische Untersuchungen, sofern nicht mindestens jemand verletzt wurde o. ä
Also sicher, wäre das wünschenswert, ich weiß aber spontan nicht, wie das juristisch zu begründen wäre, obwohl ich im Zweifelsfall dafür wäre, dass das erstmal weiträumig abgesperrt wird, rein aus Gründen der Gründlichkeit und Sicherheit.
c) KONTEXT gehört doch verboten, genau wie dieses linksunten!!11!! Bestimmt.
d) Ich vermute, dass ReMunic oder Swiss Re letztendlich für den Schaden aufkommen werden. [ABSOLUT KEINE QUELLEN! NULL! PURE PHANTASIE!]
Und in 1000 Jahren werden sich die Archäologen wundern, welcher 21st Century Kult Tunnelbohrmaschinen einbetonierte...
Das die Maschine verbuddelt wird, ist doch ein alter Hut.
https://blog.fefe.de/?ts=a7639604
@LostInTranslation: und deshalb vergisst man jetzt, sie bei der Berichterstattung über die Kosten des Disasters zu erwähnen? Oder wie?
Unbestätigte Gerüchte aus der Region:
1. Es hätte zu lange gedauert die Maschine wieder rauszufahren
2. Das Ding war stabilisierend, ohne der wäre der Tunnel sofort eingekracht. Inklusive Arbeiter.
Es ist scheiße gelaufen, ohne Frage.
Der Kontext-Artikel ist ja mal ein reichlich merkwürdiges Konvolut.
Es fängt schon damit an, dass der Autor sich auf ein "Fachblatt" namens Eisenbahn-Kurier beruft. Ein solches ist mir nicht bekannt, lediglich eine Hobby-Zeitschrift dieses Namens. Was natürlich nicht heißt, dass die nicht auch richtig liegen können.
Im Eispanzer und mit gerade mal 5 m Überdeckung unter einer stark befahrenen Bahnstrecke wird man sicher nicht mit der vollen Geschwindigkeit von 23 m/d fahren können. Selbst 10 m erscheinen mir da sehr sportlich. "Mal eben" über ein Wochenende sperren is also nich.
Einen Monat müsste die TVM noch ein gutes Stück von der Bahnstrecke entfernt gewesen sein. Der gesamte betroffene Tunnelbereich ist ca. 160 m lang: https://inside.bahn.de/wordpress/uploads/2017/08/Tunnel-Rastatt_Rheintalbahn_Sperrung_Reparatur.jpg
Klingt erstmal furchtbar dramatisch. Die Gleise rutschen langsam nach unten, und währenddessen fahren ungeniert die Züge drüberher... PANIK! Was hier unterschlagen wird ist, dass die Gleise ständig vermessen wurden, um eine gefährliche Lageveränderung sofort zu bemerken und den Verkehr zu stoppen.
Steht sinngemäß auch hier: http://www.ka-news.de/region/karlsruhe/Karlsruhe~/Erdrutsch-im-Rastatter-Tunnel-legt-Bahnverkehr-lahm-Strecke-bleibt-zwei-Wochen-gesperrt;art6066,2100998 (unter "Aktualisierung 20:00 Uhr)
Weiter gehts mit der Abweichung der TVM von 25 cm(!) vom Soll-Kurs. Auch das erscheint wenig glaubwürdig. Die Maschine bohrt ja nicht "blind" da unten herum, sondern die Lage wird ebenfalls ständig kontrolliert. Man will ja auch das andere Ende des Tunnels an der richtigen Stelle liegen haben. Zum Vergleich: Beim Bau des Eurotunnels (der ist ein paar Meter länger als der von Rastatt) unter dem Ärmelkanal lagen die aufeinander zu gebauten Röhren um 35 cm seitlich "daneben", einkalkuliert hatte man 2,5 m. Schreibt jedenfalls Wikipedia.
Die These, dass man die TVM zwecks Verhinderung einer Untersuchung einbetoniert hat, entbehrt m.E. auch jeder Grundlage. Das war eine Notmaßnahme, um den bereits entstandenen Schaden an der Bestandsstrecke zu minimieren. Eingehandelt hat man sich damit aber eine massive Bauverzögerung. Wenn man den Tunnel irgendwann mal fertigbauen will, muss erst dieser Pfropfen aus Stahl, Beton und wasweißich da weg.
Nee, sorry, das wirkt auf mich wie wild herbeiphantasiert...
Ab morgen soll übrigens der Verkehr wieder aufgenommen werden. Man hat dafür eine Betonplatte eingebaut, die die Gleise trägt. Auch das eine aus der Not geborene Maßnahme mit dem Ziel, so schnell wie möglich den Verkehr wieder aufzunehmen.
Zum einen war relativ schnell klar dass die TBM einbetoniert wird und das wurde auch öffentlich gemacht. Z.B. hier berichtet: http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.streckensperrung-bei-rastatt-tunnelroehre-wird-vorerst-mit-beton-verfuellt.2145b198-a289-41f6-b84f-a53115b9fb45.html
Dein Vergleich mit S21 hinkt doppelt: Zum einen hat keiner der S21 Tunnel eine derart geringe Überdeckung und zum anderen bauen auch andere Unternehmen. In Stuttgart z.B. ein Konsortium rund um die Porr AG aus Österreich in Rastatt Züblin und Hochtief.
http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-22041.html
Ca. bei Minute 14 wird erwähnt, dass die Strecke nun wieder befahrbar ist. Alles wieder gut, nur die Logistikunternehmer wollen Schadensersatz. Die nicht ganz billige, einbetonierte Tunnelbohrmaschine wird nicht erwähnt.
Um deine Medienkritik, insbesondere der Öffentlich Rechtlichen Anstalten zu fördern, kann ich dir den Aufwachen Podcast von Tilo Jung und Stefan Schulz empfehlen. Die schauen die großen Nachrichtensendungen und analysieren diese zwei mal die Woche teilweise stundenlang. Ist manchmal etwas langatmig, da sich die beiden gegenseitig oder mit Gästen gerne mal einen Diskurs liefern, der sich irgendwann im Kreis zu drehen scheint, aber in der Detailtiefe, wie die sich kritisch und durchaus polemisch mit den Medien beschäftigen ist das einzigartig.
@riag: danke für den Tipp.
@DerDoc: Nur weil andere in Stuttgart bohren, heißt es nicht, dass ihnen keine Tunnel einstürzen können, bhhh.
@Vex: Habe ich auch nicht behauptet. Nur ist die Aussage nunmal falsch es würden dieselben bauen.