Gestern Abend beging ich den Fehler, mich durch das deutsche Fernsehprogramm zu zappen. Nach lauter Schund blieb ich mal wieder bei den Tagesthemen hängen, in denen gerade dieser Kommentar (ab 08:03) zur Causa Edathy lief, der vor Selbstgerechtigkeit und Mitleid gegenüber H.P. "9-MB-Postfach" Friedrich nur so troff. Direkt anschließend wurde dann über fiese Kipo-Hersteller aus Transsylvanien (sic!) berichtet die gar schröckliche Dinge anstellten. FUD deluxe.
Während all das mir entgegenplätscherte, fielen mir 2 Dinge auf.
Die Verschiebung des Begriffs "Kinderpornographie"
Waren es früher noch Darstellungen von sexuellen Misshandlungen an Kindern, die unter den Begriff "Kinderpornographie" fielen, so genügt es laut Tagesthemen heute schon, Videos von unbekleideten Kindern und Jugendlichen anzufertigen oder zu besitzen, um sich dem Begriff der Kinderpornographie ausgesetzt zu sehen. Das ist natürlich Blödsinn, die rechtliche Lage sieht etwas diffiziler aus, aber mit der hierzulande inzwischen bereits strafbaren "Anscheinjugendpornographie" hat man die gesamte Thematik tatsächlich völlig vertrackt gestaltet und stellt bereits Texte (!) unter Strafe, in denen sexuelle Handlungen von Jugendlichen beschrieben werden. Oder Fotos, die Jugendliche von sich selbst machen. Zum Schutz der Kinder. Dass ich nicht lache. Aber das sei jetzt mal dahin gestellt. Noch schlimmer finde ich das nächste.
Sippenhaft ist wieder juristische Handlungsdirektive
Um den Fall Edathy nochmal ganz kurz aufzudröseln: Sebastian Edathy hat online Bilder von nackten Jungen bestellt, die weder in Kanada noch in Deutschland unter Strafe stehen. Weil ein(!) Kunde Update: der Betreiber des Onlineversands Bilder von sexuellem Missbrauch an Kindern besaß (update: und wohl auch vertrieb), wurden vom kanadischen Geheimdienst alle(!) deutschen Kunden dieses Versands bei deutschen Behörden angeschwärzt. Es ist die Rede von 600 betroffenen Personen. Edathy wurde nur deshalb so groß aufgebauscht, weil er eben im Bundestag sitzt. Ich bin mir sicher, dass auch andere Fotobesteller sich inzwischen mit der Polizei und Anfeindungen durch die Gesellschaft herumschlagen dürfen. Inzwischen sind wir offenbar wieder so weit, dass man verdächtig ist, wenn man (legale!) Dinge tut, die Straftäter ebenfalls getan haben. Das nennt man Sippenhaft und wurde hierzulande zuletzt von den Nazis als juristische Handlungsmaxime angewandt.
PS: den einzigen guten Artikel zu der gesamten Thematik habe ich übrigens heute morgen in der Stuttgarter Zeitung gelesen. Update 3: hier isser.
PPS: soviel dazu, dass ich hier Blogpause mache, ne?
Update: aha. Jetzt sollen die KiPo-Regeln also nochmal verschärft werden:
Heinz Hilgers plädierte dafür, den Kauf und Verkauf von "Posing"-Bildern, also von Fotos mit nackten Kindern, generell unter Strafe zu stellen.
Hat der Uhl eigentlich schon die Vorratsdatenspeicherung gefordert?
Update 2: generic macht mich gerade darauf aufmerksam, dass wohl der Betreiber des Shops auch härtere Bilder in Umlauf brachte.