Wahlgeheimnis? Ich verzichte.

Sonntag, 25.8.2013, 13:27 > daMax

Kreuzchen_orangeHeute in 4 Wochen ist Bundestagswahl. Anlass genug für mich, zur Abwechslung auch mal was über Politik zu schreiben. ;)

In der Schule wurde mir immer wieder eingehämmert das Wahlgeheimnis sei das Wichtigste und Tollste an einer echten™ und wahren™ Demokratie™. Angesichts einer Totalüberwachung durch sämtliche Geheimdienste dieser Welt und Volloffenlegung jeglicher Intimitäten in Sozialnetzen und Blogs verzichte ich dankend auf mein Wahlgeheimnis und tröte jetzt frei und offen heraus, wer dieses Jahr mein Kreuzchen bekommt. Eigentlich wollte ich dieses Jahr ja dafür plädieren, gar nicht wählen zu gehen (wie von Experten empfohlen). Inzwischen habe ich meine Meinung jedoch geändert und ich möchte meine Entscheidung etwas ausführlicher begründen, auf dass ich euch alle mit meinen stringenten Überlegungen überzeuge und ihr es mir nachtun werdet.

Eines der Hauptprobleme, die ich mit der gegenwärtigen deutschen Politlandschaft habe ist, dass sich eigentlich alle mehr oder weniger darin einig sind, dass der aktuell vorherrschende Kapitalismus das beste aller möglichen Systeme ist. Niemand hat ernsthafte Zweifel daran, dass »es der Markt schon richten« werde, wenn man ihm nur maximal freie Hand lässt und dass grenzenloses Wachstum alternativlos™ sei.

Dazu kommt die unsägliche aber unbedingte Bereitschaft zu einer Überwachungs- und Repressionsgesetzgebung gegenüber der eigenen Bevölkerung einerseits und eine völlige Intransparenz und Geheimniskrämerei Staatsdinge betreffend andererseits, die meine Wut auf die herrschende Politkaste perfekt machen.

Ich denke, was der aktuellen Politik fehlt, sind andere Impulse. Ich sage bewusst nicht "neue" weil ich nicht weiß, ob außer den Piraten irgend eine Partei wirklich neue Ideen im Programm hat (leider sind die für mich im Moment - trotz so guter Köpfe wie Markus Kompa und Udo Vetter - nicht wählbar). Mit anderen Impulsen meine ich, dass wir uns in der öffentlichen Debatte, wie sie z.B. in der Tagesschau, bei Jauch und Illner und am Stammtisch geführt wird, ständig im Kreis drehen, wenn wir nicht endlich mal laut aussprechen, dass der aktuelle Lauf des Kapitalismus asozial, menschenverachtend und durch und durch Scheiße ist. Und dass der Staat nicht dazu da ist, die Bürger unter Generalverdacht zu stellen. Und dass ein "Supergrundrecht Sicherheit" eine faschistische Kackscheiße ist. Und so.

Unsere Demokratie ist ein Witz, solange sich CDUCSUSPDFDPGRÜNE in fast allen Themen weitgehend einig sind. Demokratie lebt von der Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition. Wenn sich die Opposition jedoch jedesmal geschlossen wegduckt, sobald es um kontroverse Themen geht, um es sich mit dem (immer offen gehaltenen) zukünftigen Koalitionspartner nicht zu verscheißen, dann ist das keine Opposition. Sondern ein Fehler im System.

Ich werde dieses Jahr bewusster denn je eine Partei wählen, von der ich mir eine Regierungsbeteiligung weder wünsche noch erhoffe. Was passieren kann, wenn sich eine Partei in die Rektalhöhle der Macht begibt, konnte ich im Laufe meines Lebens bereits an der SPD und den Grünen erleben. Da verzichte ich die nächsten 4 Jahre gerne mal drauf. Mir geht es vielmehr darum, einen Impuls zu setzen. Eine starke Opposition kann in der Tagesschau nicht mehr ignoriert werden. Wenigstens gehen dann die grundsetzlichen Aussagen mal über den Äther, denn noch haben wir ja einen halbwegs okayen Journalismus, der sich der Maxime der ausgeglichenen Berichterstattung wenigstens hin und wieder verpflichtet fühlt.

Und nur, wenn endlich mal andere Meinungen zu Themen wie Überwachungsstaat, Nichtregulierung, Privatvorsorge und Turbokapitalismus in der Öffentlichkeit diskutiert werden, kann sich etwas ändern. Solange keiner auch nur in Frage stellt, ob das gegenwärtige System das einzig mögliche ist, kann keine Änderung vonstatten gehen.

Den Entschluss, die Partei zu wählen (deren Namen ihr sicher inzwischen ahnt), habe ich nicht heute oder gestern oder vorletzte Woche getroffen. Das war ein Prozess über etwa ein Jahr und ich habe ein paar der Punkte, die mich zu diesem Entschluss gebracht haben, aus dem Netz gefischt um euch eine Linksammlung vor den Latz knallen zu können. Ich möchte mich im Voraus dafür entschuldigen dass fast alle folgenden Links zu einer einzigen Quelle führen, aber ich war einfach zu faul, diese ganzen Sachen aus unterschiedlichen Quellen zusammen zu sammeln. Ich habe auch noch anderes zu tun.

Euch ist klar, von welcher Partei hier die Rede ist, ne? Am sympathischtesten ist mir als altem Underdog die Tatsache, dass die LINKE immer noch von sämtlichen Parteien im Bundestag geschnitten und wie die Schmuddelkinder behandelt wird. Die Grünen und die SPD schließen eine Koalition kategorisch aus, sie selbst schließen eine Koalition mit der CDU aus (oder zumindest will ich das schwer hoffen), was die Piraten dazu sagen ist mir unbekannt und eigentlich auch egal. Die beiden würden vielleicht wenigstens im Reichstag miteinander reden, anstatt nur Reden zu Protokoll zu geben.

Ach ja und wenn die JU Bayern Angst vor ihr kriegt, kann sie auch nicht die ganz verkehrte Wahl sein.

Hier noch ein paar Gedanken, die außer dieser Partei so niemand im Bundestag ausspricht:

Vielleicht werdet ihr jetzt in den Kommentaren über mich herfallen, wie ich so bescheuert sein kann, das ehemalige Stasihauptquartier zu wählen. Ich kann nicht versprechen, dass ich mich an der Diskussion beteilige, zumal ich heute sowieso gar nicht am Rechner sitze. Ich wollte einfach nur meine Meinung loswerden und ihr könnt damit jetzt anfangen, was ihr wollt.