Slipknot: Vol.3 (the subliminal verses)
Mittwoch, 28.10.2009, 00:19 > daMaxNein, hier kommt jetzt keine irgendwie geartete "Plattenkritik". Ich will nur einmal in die Wüste rufen:
Wer wirklich Gefallen an Metal findet, sollte das anerkennen können. Diese Platte wirkt wie ein Stacheldrahtgewirr, auf das man aus großer Höhe geworfen wird. Die Scheibe tut zum Teil richtig weh. Aber gehören solche Empfindungen nicht zu echtem Heavy Metal?
"Vol.3 (the subliminal verses)" fängt mit "Prelude 3.0" noch nicht mal sonderlich gut an, einem Midtempo-Track der beim ersten Reinhören wie ein Nine-Inch-Nails-Abklatsch klingt. Mit "The Blister Exists" werden dann schon bessere Töne angeschlagen, wenn auch noch sehr in Standard-Slipknot-Manier.
Für mich klingen diese ersten 2 Songs eher wie eine Aufwärmübung für den eigentlichen Teil, der mit "Three Nil" eingeläutet wird.
Auftakt ist eine (für meine Ohren fürchterliche) Grindattacke, gefolgt von einem Energiefeuerwerk, das seinesgleichen sucht. Der Song wartet anschließend mit einem Arrangement auf, das mit dem Schema Strophe-Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-bis-zum-Ende überhaupt nichts mehr gemein hat. Bei mir werden Erinnerungen wach an Alben wie "... and Justice for all" von Metallica oder "The Number of the Beast" von Iron Maiden. Erinnert ihr euch noch? Damals durfte man noch Songs schreiben, die klassische Popschemata mit Gewalt an die Wand fuhren. Und wenn Corey Taylor dann zwischen einem derbst gebrüllten "GOODBYE!!!" und einem gesungenen "Oh I didn't mean to leave to stay right here" hin und her wechselt, entfaltet er auf komprimierten Raum genau die Spielarten, die Heavy Metal ausmachen.
Weiter geht's mit Duality, meinem bisherigen Lieblingstrack. Kommt mit Piano und Engelszungen daher, wird kurz darauf lauter und donnert dir dann urplötzlich eine Wand aus Sound in die Fresse. Break. Stakkato-Klampfe. Sprechgesang. Gitarre wird langsam runder. Brücke zu.... einem MTV-artigen Mitsingrefrain??? Der jedoch schon nach 12 Sekunden mit einem gut gebrüllten "I'M NOT GONNA MAKE IT" wieder zuende ist. Weiter geht's im Schweinsgalopp. Später kommen dann vielleicht ein Bisschen viele Wiederholungen aber die pure Energie, mit der diese ausgeführt werden, macht das Ganze zu einem Metaltrack der Spitzenklasse.
Opium of the People poltert und rumpelt dann wieder herum, dass es eine wahre Freude ist. Es folgt Vermillion (deutsch: Zinnoberrot), bei dem Slipknot dann doch mal einen Gang zurückschalten und Corey Taylor uns mit einer düster-gruseligen Tonlage in die Gedankenwelt eines Triebtäters á la Jean-Baptiste Grenouille entführt. Wohlgemerkt: hier werden keine billigen Blut-spritzt-Knochen-fliegen-Klischees bemüht. Kein Wort von Mord. Kein Wort von Gewalt. Allein der Titel und die Stimmung des Songs lassen Abgründiges ahnen. Das ist Metal.
So geht es immer weiter. Die Inhalte und Zusammenhänge von "Pulse of the Maggots" könnt ihr woanders nachlesen, beim Sound gilt (wie auch beim Nachfolger "Welcome"): brüllen, bis die Adern platzen.
Jetzt wird's endgültig seltsam. "Circle" beginnt mit Geräuschen, wie sie ein kaputtes Tonbandgerät von sich geben könnte und entwickelt sich dann zu einer wunderschönen akustischen Gitarren-Violinen-Nummer, die ich aber mal überhaupt nicht von Slipknot erwartet hätte, bevor sie kurz vor Schluss wieder in eine Sequencer-Kakophonie abgleitet. Unheimlich, verstörend, perfekt.
Den Rest der Scheibe müsst ihr euch schon selbst anhören.
"Vol.3 (the subliminal verses)" ist für mich definitiv auf meiner "Top Ten Metal Albums of all time"-Liste gelandet, die immerhin seit 1983 geführt wird. Wer auf Metal steht, sollte dieser Scheibe sein Ohr leihen, und zwar nach Möglichkeit mehr als einmal. Gut Ding will eben manchmal Weile haben.
PS: Nach ca. 1.000.000x Anhören muss ich meine Meinung über "The Blister Exists" revidieren: der Song ist top.
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