Die EMMA greift metertief ins Klo

Sonntag, 21.6.2009, 09:38 > daMax

Das wird jetzt schmerzhaft, aber es muss leider sein. Die EMMA schreibt in einem Artikel zu den Internetsperren genau den gleichen Müll wie all die großen und etablierten Zeitungen. Anmerkung vorweg: alle Links hier führen zu z.T. sehr langen Artikeln, die man gelesen haben sollte, bevor man sich zu der Thematik äußert. Und genau das hat die EMMA offensichtlich versäumt. Los geht's:

Der Artikel (auch hier) lässt sich zwar gut an, kommt erstmal neutral daher und erklärt auch ganz verständlich, um was es geht.

Dann aber wird der gleiche Scheiß aus dem Klo gezogen, gegen den ich inzwischen wirklich allergisch reagiere. Ein paar Beispiele, die gerade in ihrer Beiläufigkeit besonders perfide sind:

[Web-Seiten zu blocken] macht in der Tat zum Beispiel dann Sinn, wenn der Server, auf dem die Seite liegt, im Ausland steht, so dass Bürokratie oder fehlende Rechtshilfe abkommen das Abschalten erheblich schwieriger machen.

Setzen, 6! Ihr habt nicht aufgepasst: auch im Ausland kann man Kinderpornographie ganz einfach und unbürokratisch mit einer einfachen Mail an der Provider löschen. Alvar Freude macht's vor, das BKA ist zu doof, es nachzumachen, obwohl es dürfte!

Seit Wochen ist die Ministerin gezwungen, wieder und wieder zwei Selbstverständlichkeiten auszusprechen. Erstens: Das Internet ist eben kein rechtsfreier Raum. Zweitens: Datenschutz darf nicht länger Täterschutz sein.

Da war es wieder: die beiläufige Verdrehung der Fakten. Frau VDL "wiederholt" keine "Selbstverständlichkeiten". Was sie sagt ist wörtlich: "das Internet kann kein rechtsfreier Raum sein". Damit impliziert sie, das Internet sei eben doch ein rechtsfreier Raum, den es jetzt einzuschränken gälte. Und mit ihrem tollen Websperrgesetz betreibt sie aktiven Täterschutz! Ihr checkt es nicht, ne? Nochmal für die Langsameren: eine Website, die nur mit einem Vorhang versehen wird, bleibt für alle Interessierten genau da wo sie ist: im Netz! Geht das in eure Köpfe rein? Und wenn das BKA schon eine solche Liste in der Hand hat, sollte es lieber die Scheißseiten löschen als eine Stoppseite davor zu stellen.

Und was ist da unten im Abfluß noch zu finden? Richtig: der Milliardenmarkt Kinderpornographie:

"Viel wird sich durch das Blocken am Milliardenmarkt Kinderpornografie nicht ändern", sagt auch [Manfred Paulus]. "Dennoch ist es ein kleiner Schritt in die richtige Richtung."

Dieser Markt ist frei erfunden. Die aktuelle Kriminalitätsstatistik 2008 (lokale Kopie) kennt hier in Deutschland 123 Fälle von bandenmäßigem (kommerziellen?) Vertrieb von KiPo. Oha! 123 Fälle! Das klingt nach einem echten Massenmarkt. Udo Vetter hatte schon mehrere Mandanten aus der Klientel, aber keiner hat je Geld dafür gezahlt! So sagt er wörtlich: "Alle, ich wiederhole, alle haben die Kinderpornos aus Tauschbörsen, Newsgroups, Chaträumen, Gratisbereichen des Usenet oder aus E-Mail-Verteilern. Manche kriegen es auf DVD, ganz normal mit der Post". Darüber hinaus hat sogar die Bundesregierung keinen kommerziellen Markt ausmachen können. Eine kleine Anfrage der FDP ergab die Antwort: "die Bundesregierung verfügt über keine detaillierte Einschätzung des kommerziellen Marktes für Kinderpornographie in Deutschland". Das alles kann man im Internet nachlesen, aber mit so einem Zeitvertreib hält sich eine EMMA ja nicht auf.

Es wird auch gerne verschwiegen dass das BKA die wenigen KiPo-Seiten, die angezeigt werden, gerne noch für ein paar Wochen im Netz lässt, um herauszufinden, wer darauf zugreift. Natürlich nur zum Schutze der Kinder. Oder so.

Und weiter im Text:

"Es wird dringend mehr Personal und Know-how benötigt", bestätigt Paulus’ Co-Autor, der Polizeipsychologe Prof. Adolf Gallwitz, der einen weiteren Punkt für zentral hält: "Wir müssen verhindern, dass Viertklässler selbstverständlich mit den unglaublichen pornografischen Bildern im Internet aufwachsen. Denn das wird die nächste Generation der Konsumenten."

Klasse! Die DDR läßt grüßen! Dass für die Erziehung der Kinder früher einmal die Eltern zuständig waren, scheint die liebe EMMA ebenso zu vergessen wie Herr Gallwitz. Statt dessen brauchen wir also mehr Personal um unsere Kinder vor dem Internet zu schützen? Wie wäre es mir ein Bisschen Unterricht in Medienkompetenz seitens der Eltern? Nee klar, wenn die Eltern ihre Zeit mit EMMA verbringen, kriegen sie ja selber keine Internetkompetenz ab, da brauchen wir natürlich dringend mehr Personal.

Dann wird noch der CCC ins Klo gestopft:

Auf CCC-Mitglieder, die ihre Computerkenntnisse nutzen, um Anbietern von Kinderpornos das Handwerk zu legen, wartet man dagegen vergebens.

Das ist so doof, dazu brauche ich gar nix zu sagen. Oder doch? Ich werfe mal "Anstiftung zu einer Straftat" in die Runde.

Und zu guter Letzt darf sich noch eine ungenannte handelnde Ministerin ausheulen (ich vermute es geht um Frau von der Leyen):

"Wir vermissen die Unterstützung der Internet-Community, die uns sagt, wie wir dem wachsenden Problem der Kinderpornografie im Internet Herr werden können. Diese Stimmen sind bisher kaum zu hören", bedauert auch die handelnde Ministerin.

Liebe Frau Schwarzer, liebe EMMA-Redation, liebe handelnde Ministerin. Die Internetcommunity gibt es nicht, genausowenig wie zum Beispiel "die Buchlesercommunity" oder "die Zeitungslesercommunity". Die von euch im Dauerloop zitierte "Internet-Community" hält bestimmt 10.000 Websites zu diesem Thema bereit, hier ist eine davon. Es haben endlose Gespräche zwischen diversen Parteien und Vertretern der "Internetcommunity" stattgefunden. Wenn man sich allerdings so sturköpfig und beratungsresistent verhält wie ihr das tut, dann haben Teile "Internetcommunity" irgendwann einfach keinen Bock mehr, sich an euch das Maul fusselig zu labern, so zuletzt der CCC und der AK Zensur.

Aber klar: die EMMA muss ja Beißreflex zeigen, es geht hier schließlich um "von der Decke hängende Säuglinge, die mit einem Besenstiel vergewaltigt wurden und an ihren inneren Verletzungen verbluten" (Zitat aus diversen von-der-Leyen-Auftritten zusammengemasht).

Voll drauf reingefallen.

(via fefe)