Wie ihr sicher schon mitbekommen habt, ist das Thema Mißbrauch von Jugendlichen zur Zeit wieder in aller Munde vielen Medien zu lesen, zu sehen und zu hören. Am Berliner Canisius-Kolleg, einer von den Jesuiten betriebenen Schule, gab es in den 70ern und 80ern diverse Fälle sexuellen Mißbrauchs. Patres, die sich an Jugendlichen vergriffen hatten, wurden stillschweigend zur "Jugendarbeit" (sic!) an andere Schulen versetzt und insgesamt wurde vertuscht und verheimlicht wie es in christlichen pädagogischen Institutionen wohl leider oft genug gang und gäbe ist. So weit, so unappetitlich. Johnny Haeusler, der das Blog Spreeblick betreibt, war in den 70ern und 80ern an eben diesem Kolleg und hat einen Artikel zu der Causa verfasst, der für lebhafte Diskussion gesorgt hat. Viele Betroffene haben sich in den Kommentaren gemeldet und Johnny wurde plötzlich zum Mittelpunkt einer Geschichte, die ihn eigentlich nur "am Rande" betrifft. Vor allem die "klassischen" Medien Zeitung und TV rennen ihm jetzt die Bude ein.
Das wiederum hat Johnny veranlasst, einen weiteren Artikel zu verfassen, dem folgendes Zitat entstammt:
Blog-Kommentare lassen sich schlecht im Fersehen darstellen. Über Twitter, Facebook und Mail bitten mich daher Journalisten um Kontakt zu den Kommentatoren – auf die Idee, sich selbst in das Gespräch einzumischen, ist bisher, soweit ich weiß, nur einer gekommen. Als Berichtender auch Teil des Gesprächs zu sein, das scheint noch zu ungewohnt für viele Journalisten zu sein, was ich überhaupt nicht wertend, sondern nur feststellend meine. Vielleicht ist es sogar besser, sich als Journalist nicht direkt einzumischen, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht wird es Zeit, auch die Berichterstattung selbst bei solchen Vorfällen zu thematisieren. Meta.
Der Artikel thematisiert also nicht die Vorfälle, die jetzt so viele Massenmedien zu wilden "Aufklärungkampagnen" veranlassen, sondern eher die Medien an sich. Er hat leider den etwas irreführenden Titel "Radio-Talkshow zu den Missbrauchsfällen am Canisius-Kolleg".
Ich finde Johnnys unaufgeregte und ruhige Art, Dinge zu betrachten und zu analysieren, sehr bemerkenswert in dieser hektischen Zeit, in der man manchmal das Gefühl hat, abgehängt zu werden wenn man nicht sofort eine Meinung zu einem x-beliebigen Thema äußern kann. Wäre schön, wenn mir so etwas auch ab und an gelänge.
[Update]: Spreeblick hatte sich 2006 schon mal länger mit dem Thema Pädophilie auseinander gesetzt. Es lese, wer kann.