Aufgewacht: Reverend Deadeye And His No Man Gospel Band

Montag, 8.4.2013, 06:00 > daMax

Gestern spät in der Nacht ist mir doch tatsächlich ein Musiker untergekommen, für den es noch keinen Wikipedia-Eintrag gibt. Und das, obwohl er nachweislich seit geraumer Zeit musiziert. Zum Glück hat Reverend Deadeye wenigstens eine Bandcamp-Seite und einen MySpace-Channel. Nachdem ich letzteren überflogen hatte war ich allerdings zum ersten Mal in meinem Leben im Zwiespalt, ob ich den Typ überhaupt verbloggen soll (mehr dazu später). Dann jedoch sah ich dieses Video:

und wusste »yep, klar, der gehört verbloggt«. Wer mit verbundenen Augen nicht nur Klampfe spielt sondern gleich das ganze Programm einer One-Man-Band auffährt (und so nebenbei einen Flachmann aus der Bibel zieht), kann kein ganz schlechter Mensch sein.

Woher also der Zwiespalt? Reverend Deadeye ist Mitglied der Pfingstgemeinde, einer christlichen Vereinigung, von der ich zugegebenermaßen überhaupt gar keinen Plan habe, aber bei Religionsgemeinschaften werde ich ja immer ganz schnell paranoid (der englische Wikieintrag zur Pfingstbewegung ist wie immer wesentlich ausführlicher).

Auf MySpace ist zu lesen, dass er der Sohn eines Reverend ist, der seinerseits auch Sohn eines Reverend war und dass er in seiner Jugend auf Tent Revivals mit Schlangen hantierte und Auftritte im Navajoreservat in Arizona hatte. Der Rest ist mir zu anstrengend zu übersetzen:

With his modified wok-lid resonator guitar, homemade beer can microphone, kick drum, and washtub snare, he delivers a punk-rock version of gritty pre-war delta blues which he blends with fiery gospel interpretations capable of turnin’ the whole room into a spirit filled bar room revival.

Reverend Deadeye macht genau das, was Reverends schon seit Jahrhunderten tun: er predigt von Jesus. Naja und da wird's für mich eben schwer. Aber man soll sich ja nicht nur von seinen Vorurteilen leiten lassen, und wenn ich mir so manchen Text von Bands, die ich regelmäßig höre, durchlese, bin ich gottfroh (hihi) den Text aufgrund der Vortragsweise nicht zu verstehen.

Der Reverend ist eben irgendwie anders und predigt Whiskey oder der Whiskey predigt aus ihm oder was auch immer, der Typ hat einfach heftigst den Blues. Hier noch ein echter Wachmacher für einen lahmen Montagmorgen (läuft zwischen Minute 1 und 2 etwas aus dem Ruder, kommt dann aber wieder auf die Schiene und geht gut ab):


(Player kommt nicht? dann klick hier)

und der Song, der mich auf ihn hat aufmerksam werden lassen (etwas völlig anderes; ein ruhiger und auch sauguter Dudelblues, der mich persönlich an Dire Straits denken lässt):


(Player kommt nicht? dann klick hier)

sowie noch ein klitzekleines Zitat von der MySpace-Seite:

One of the things that impresses me most about Reverend Deadeye is that, for all intents and purposes, he's the real deal. As a missionary kid, he spent most of his youth mingling with Navajos at tent revivals. His performance is less of an "act" than it is a natural manifestation of his real-life experiences. Where others are often just recapturing worlds that they learned about in books or their old Nick Cave albums, The Reverend is telling a real story that he (more or less) lived himself. Now that's something. -apogee magazine

Eine Website hat er leider auch nicht (reverenddeadeye.com führt in ein total krudes japanisches Nirvana, Besuch auf eigene Gefahr), aber wer mehr von ihm hören will, geht zu Bandcamp (komplettes Album!), zu MySpace oder wird auf YouTube fündig. Aber kein Wikipedia-Eintrag?! WTF?