Wollt ihr das totale Verbot?
Donnerstag, 8.7.2010, 10:00 > daMaxJens Berger schreibt mir mal wieder aus der Seele. In seinem Text Wider den Moraltotalitarismus bemängelt er die neue Verbotsgeilheit des Deutschen Michels am Beispiel des neuen Totalrauchverbots in Bayern:
War es früher der preussisch geprägte Ordnungssinn, der in Form von Obrigkeitswahn, vorauseilendem Gehorsam des deutschen Biedermanns und reglementierender Bürokratie unser Leben formte, so haben sich die Pickelhauben von gestern mit den Latzhosen von heute verbündet. Der Gesundheits-, Ernährungs- und Ökowahn der gut situierten, aber politisch desillusionierten und weltanschaulich sinnentleerten Mittelschicht mit Bildungshintergrund, hat sich längst zu einer Religion entwickelt.
Lesen! Jens kramt sogar noch ein Zitat von Laotse aus:
“Je mehr Verbote, umso ärmer das Volk.”
Nee, nee I disagree. Wir waren ja letzten Sonntag hier mit-wahlberechtigt und haben auch gewählt. Man muss sich die Situation in Bayern so vorstellen: als in BaWü, Italien und sonstwo bereits jedeR RaucherIn bereitwillig auf das Rauchen in geschlossenen Räumen verzichtet hat wurde es hier in Bayern letztlich so praktiziert, dass man immer noch nicht rauchfrei essen/ausgehen konnte.
Nennen wir es doch mal nicht totales Rauchverbot sondern totalen Nichtraucherschutz. Hört sich doch gleich viel besser an.
Ich stimme in sofern überein als ich auch glaube, dass zu viele Verbote nicht helfen sondern eher schaden. Das trifft auf fast alle Bereiche des Lebens zu, wo es um eine eigene Entscheidung geht, durch die andere nicht negativ beeinflußt werden. Was das Rauchen in geschlossenen Räumen betrifft ist das aber nicht der Fall. Eigentlich wundert es mich mittlerweile viel mehr, dass es ÜBERHAUPT so lange gedauert hat bis die zahlenmäßig überlegenen RaucherInnen ihr Recht auf eine rauchfreie Umgebung eingefordert haben. Wie konnte es sein, dass ich einfach darauf verzichtet habe mich an bestimmten Orten aufzuhalten oder eben dort an schlechter Luft und Gestank gelitten habe ohne mich je zu beschweren? In USA habe ich es immer geliebt mal in eine Bar zu gehen und gleichzeitig zu atmen.
Es gibt keinen einzigen nachvollziehbaren Grund warum man auf (einigermaßen) gute Atemluft verzichten müssen sollte.
Insofern von mir beide Daumen hoch für das konsequenteste Gesetz für den Nichtrauchschutz!
Liebe Grüsse, toll dass Du wieder da bist
Anne
Nee Anne. Von mir aus kann es ja rauchfreie und rauchvolle Kneipen/Bars/Clubs geben. Aber die aus Amerika stammende Lustfeindlichkeit, die hierzulande immer mehr um sich greift, ist total scheiße. Hast Du Spiegelfechters Artikel gelesen? Der hat so recht...
Nee, der liebe und sehr geehrte Herr Spiegelfechter hat ausnahmsweise mal nicht recht. Es geht hier überhaupt nicht um Lustfeindlichkeit und darum den Nachbarn zu beäugen weil er sich selbst schadet. Und Rauchen ist auch kein Kulturgut.... Was hat man nicht gejammert als Italien das Kulturgut Zigarette zum Espresso verloren ging? Und jetzt: kein Hahn kräht und ich gehe in Italien doppelt gerne ind Cafè. Rauchen stört und schadet denen die es nicht (mehr) tun. Und vielleicht wird sich ja eine neue Kneipenkultur bilden weil nun auch Leute gehen, die verrauchte Räume immer gehaßt haben?
Dass das Rauchen mit "Genuß", "Freiheit" und "Kultur" assoziiert wird ist - gelinde gesagt - Quatsch. Leute rauchen in der Regel weil sie süchtig sind statt "Kultur" steht eine absolut menschenverachtende und sehr mächtige Industrie hinter dem Rauchen, die diese Sucht aktiv befördert und übrigens auch zu einem guten Teil die Kampagne GEGEN das Rauchverbot in Bayern finanziert hat. Der Einfluß dieser Industrie hat sicher nicht zuletzt dazu geführt, dass es überhaupt so lange gebraucht hat, bis sich international mal was getan hat zum Nichtraucherschutz (nicht zuletzt auch der Leute, die an solchen Arbeitsplätzen arbeiten).
Wenn ich in Russland essen gehe und es wird geraucht denk ich
1. wie störend das doch ist und
2. wie absolut rückständig
Lust ist etwas anderes als anderen beim Rauch zuzuatmen. Insofern ist es auch nicht das kleinste bisschen Lustfeindlich das Rauchen in Gesellschaft anderer an öffentlich zugänglichen Plätzen zu verbieten. Im Gegenteil: ich bekomme sofort Lust mal auszugehen
Nix für ungut, doch da kommen wir wirklich nicht zusammen, Du, ich und der Spiegelfechter (dem ich unterstelle Raucher zu sein und insofern auf irrationale Weise nicht urteilsfähig)
Das Ännchen
Da muss ich als Nichturteilsfähiger aber auch was zu sagen.
Es geht bei dieser Diskussion ja nicht um das Rauchverbot in Restaurants, gegen das ich als Nichturteilsfähiger auch nichts einzuwenden habe. Es geht um das TOTALE Rauchverbot, auch in den kleinsten Eckkneipen, in die sich ein Bürger mit Bildungshintergrund sowieso nie verirren würde, weil sich dort vor allem bildungsfernes Proletariat herumtreibt, das außer Rauchen auch noch säuft. (Gilt es dann als nächstes zu verbieten.)
Es geht um die Existenz dieser Kneipen.
Ich weiß wovon ich rede, weil das bei uns in Hessen die letzten Raucherrefugien sind und weil es für mich ein Genuss ist, an der Theke zu stehen, mein Bier zu trinken, zu qualmen und zu quatschen.
Wenn ich das als Genuss empfinde, kann mir das doch keiner abspenstig machen. Oder entscheiden neuerdings andere darüber, was ich zu genießen habe?
Bzw. erklären mich für nicht urteilsfähig, weil ich die Genüsse der Masse nicht teile?
Wär ja nicht neu, hatten wir alles schon mal.
Wenn es wirklich um Volksgesundheit geht, sollte man sich lieber der Lebensmittelindustrie zuwenden. Fastfood, Süß- und Knabberkram verursachen mittlerweile ganz andere Schäden als die paar Raucher, die noch übrig sind.
Die Kosten dafür zahlen auch die gesundheitsbewussten Bürger mit Bildungshintergrund, in Form von ständig steigenden Krankenkassenbeiträgen. Was wir grad erleben, ist erst der Anfang dieser Bewegung.
Sollten wir das Zeug also auch verbieten?
Dann müsste man sich aber mit McDonalds, Monsanto und Nestlé anlegen. Das ist mittlerweile eine ganz andere Liga als die Tabakindustrie. Noch nicht mal eine simple Lebensmittelampel erlauben die. Weil der Bio-Apfelsaft bei Zucker Rot bekäme, Cola-Light aber Grün! Das wäre ja irreführend, als wüssten die Käufer von Bio-Apfelsaft nicht selber, dass der süß ist.
Und was ist mit dem Autoverkehr?
Verursacht jährlich tausende von Toten und wird von seinen süchtigen Anhängern auch mit “Genuß”, “Freiheit” und “Kultur” assoziiert.
Und wieviele Menschen müssen sich diese Abgase reinziehen? Fragt nach denen jemand?
Lieber Arnarscho,
ich hoffe es wurde klar, dass hinter das "nicht urteilsfähig" eigentlich noch ein gehört hat! Insofern Entschuldigung!
Ich finde es aber schade, dass Du Dir so sicher bist, dass in die kleine Eckkneipe nicht auch gerne NichtraucherInnen gehen um ein Bier zu trinken, ohne dabei vollgeraucht zu werden? Und dass die Angestellten es dort in einer rauchfreien Umgebung angenehmer finden? Könnte doch sein... In diesem Falle ist es doch eben schon gerechtfertigt Dir Deinen Genuß abspenstig zu machen, da er auf Kosten und Nerven anderer geht. Es raucht doch nicht jeder Mensch in einer kleinen Kneipe! Kneipen leben von Getränken und davon dass Leute sich treffen. Wenn manche dann hin und wieder vor die Tür müssen ist das noch lange nicht das Ende dieser Kneipen. Das haben jedenfalls die Erfahrungen bisher gezeigt.
Das Verbieten von Trinken steht dazu doch in keinerlei Bezug - es geht doch um den Genuß, der zur Gleichen Zeit andere stört - weil er stinkt, die Atemwege reizt und die Klamotten verpestet.
Und was die Lebensmittelindustrie betrifft: wegen mir gerne angehen! Auch um Feinstaub und Co darf sich gekümmert werden. Das eine schließt doch das andere nicht aus. Letzten Sonntag ging es eben um ein Volksbegehren der NichtraucherInnen. Mir ging es übrigens nicht um die Volksgesundheit. Sondern einfach darum, dass es schöner für mich ist weniger Rauch einzuatmen.
Schöne Grüsse aus Bayern
Anne