Das Internet. Unendliche Weiten. Geschäftsfelder, die nie noch ein Mensch zuvor erobert hat. Gerade stolpere ich über ein so funkelndes Juwel der internetgetriebenen(-treibenden?) Marktwirtschaft, dass ich es mal auf den Versuch ankommen lassen muss, wie viel Zitat im Rahmen einer historisch interessierten Berichterstattung noch erlaubt ist.

Leset und sinket in Ehrfurcht dahin:

Na, wenn das mal nicht nach dem Produkt klingt, das in etwa jeder Kunde dringend braucht. Endlich eine Lösung, die sämtliche in der Medienlandschaft herum spukenden Geister erschlägt. Die Lösung für Alles!!1! Mit der Internetklitsche, in der ich um die Jahrtausendwende arbeitete, hatten wir auch so was im Angebot. Unser Produkt hieß allerdings noch nicht nicht neogermanisch «insyma», denn damals waren Abkürzungen gerade schwer angesagt und folgerichtig benamsten wir unser Produkt [EWMS], was den Kunden mit «Enhanced Web-Management System» übersetzt wurde. Den hinter den Kulissen Beschäftigten war natürlich klar, dass EWMS eigentlich für «Eierlegende WollMilchSau» stand, aus dessen Akronym sich später erst der offizielle Titel ergab. Wat hamwa jelacht.

Diese kleine Anekdote fiel mir wieder ein, als ich auf die bzw. das «E-Mail Marketing Online Cockpit Lösung, Internet Shop System, Permission B2B, Zug | Online Marketing by insyma» - so der völlig unsperrige Titel eben jener oben zitierten Website - stieß. Von dieser tönenden Ouvertüre angefixt, klickte ich direkt auf die Markenversprechen. Meine Vorfreude wurde nicht enttäuscht, begrüßte mich doch dieser freundliche und wohlpomadierte Clark Kent mit den Worten:

Jedes insyma-Projekt wird nach den Kernwerten unseres Markenversprechens realisiert. Sie als Kunde erhalten damit eine Garantie, dass Ihr Projekt nachhaltig zum Kommunikations- und Unternehmenserfolg beiträgt.

Da war sie wieder, meine Lieblingsmarketingbullshitvoodoovokabel, die mir auf der Startseite vor lauter Buzzwordbingo schier entgangen wäre: Nachhaltig. Tusch! Das Wort, das unsere Kanzlerin zu dem machte, was sie heute ist. Oder war es der lupenreine Demokrat, der vor ihr in Berlins schönster Waschmaschine residierte? Egal!

Schon fing meine aufgepeitschte Fantasie an, abenteuerliche Wege zu beschreiten. Hatte sich hier gar ein Zeitportal aufgetan, durch das diese offenkundig dem Jahrtausendwechsel entsprungene Website mitten ins Web 2.0 gerutscht war, um als beredter Zeuge von einer längst vergangenen Epoche der Glückseligkeit Kunde zu tun?

Auch der zentrale Punkt von damals ließ nicht lange auf sich warten: Content!, diesmal flächendeckend um Zentrale Kontaktdaten gruppiert.

Ein früher Hinweis auf Big Data? Meine Fieberphantasien nahmen irre Züge an. Vor meinem inneren Auge sah ich die Schweißperlen auf der Stirn des bei der Ausgestaltung dieses interaktiven Javascriptrollovermarketingkarusellmanagementcockpits langsam dem Wahnsinn anheim fallenden Mediengestaltungspraktikanten. Den Exkurs in den Quellcode stellte ich hintan und widmete mich vorerst dem Punkt Game, denn ich wollte sehen, was dieses Contentmanagementsystem wohl mit Spielen am Hut haben möge. Leider nichts nichts Gutes, wie sich herausstellte.

Adressen gezielt weiter nutzen
Online-Games oder -Gewinnspiele bieten eine hervorragende Möglichkeit qualitativ gute Adressen zu gewinnen.

"Are you fucking kidding me?"

Yeah. Genau. Here's one for free: jaaahjaahspammichvonobenbisuntenvollduluder@sogetthis.com. Die dürfen sich eure Kunden gerne auf ihren qualitativ hochwertigen Adressstapel obenauf legen, um sie anschließend mit «E-Mail-Marketing Aktivitäten via E-Mail Marketing Tool» zuzukleistern.

Herrje, ich bekam schon wieder schlechte Laune. Schnell klickte ich wahllos auf verschiedenste Buzzwords wie Kontakt-Management und Vorgehensmodell und Suchmaschinenmarketing und Assistent, aber die anfängliche Begeisterung wollte sich nicht wieder einstellen.

Ein zaghafter Blick in den Quellcode

ließ erahnen, dass ich mit dem von mir herbei halluzinierten, langsam durchdrehenden Onlineazubi gar nicht so falsch lag. Um diese kuchenartige Navigation zu ermöglichen, war natürlich eine Areamap vonnöten und hier kam sie auch schon:

Der arme Codemonkey Das erinnert doch sehr an die seitenlangen DATA-Abtipporgien aus den 80ern, als wir uns durch diverse A4-Seiten voller Zahlen ackerten um beim ersten Ausprobieren zielsicher mit einem Absturz begüßt zu werden. Oh die Verzweiflung. Und wieder alles von Tape laden, den Fehler suchen, abspeichern, Daumen drücken und PAFF. Wenigstens das Kassettengefiepse bleibt uns Codemonkeys heutzutage erspart So, ich mach jetzt Schluss mit dem Gelaber, bis hierher liest doch eh niemand. eol;

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