Ich muss jetzt mal meinen Frust loswerden, denn mir geht der Zustand der gesamten softwareproduzierenden Industrie nur noch auf den Sack. Diese Religion namens "Agil" hat in meinen Augen so vieles kaputt gemacht, dass (fast) nur noch Schrott rausgepumpt wird, der dann in einer endlosen Patchorgie in einen besseren Zustand zu überführen versucht wird, wobei dieser Versuch (fast) immer scheitert. Was übrig bleibt, ist meist verbrannte Erde (und verbranntes Geld).
Mal zwei Beispiele aus jüngster Zeit. Fabledom kam letzte Woche in Version 1.0 heraus (nachdem es schon Monate (Jahre?)) in Early Access verfügbar war. Soll heißen, das Spiel wurde in einem ziemlich unfertigen Zustand schon sehr lange von Leuten getestet, die dafür auch noch Geld bezahlt haben (was eine Frechheit für sich selbst ist). Im Laufe von zwei Tagen wurden dann folgende Patches veröffentlicht (das Feld hat seine eigene Scrollbar, sonst würde das den Rahmen eines Blogposts sprengen):
Und ich bin sicher, damit ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. So etwas ist in meinen Augen keine 1.0-Version von irgendwas. Eine 1.0 ist in meinen Augen ein fertiges, crashfreies und ausbalanciertes Spiel.
Das andere Beispiel ist Swords'n'Magic and Stuff, ein Spiel, das ich sehr hart gefeiert habe, als ich es vor ziemlich genau einem Jahr als early-access gekauft hatte. Eigentlich meide ich early-access-Titel inzwischen wie der Teufel das Weihwasser, weil ich mit Foundation so extrem schlechte Erfahrungen gemacht habe (wenn deine komplette Spielwelt nach 400 Stunden Spielzeit plötzlich in sich zusammenbricht, weil der aktuelle Patch die Regeln der Welt so derb verändert, dsass innerhalb weniger Minuten die komplette Bevölkerung entweder verhungert oder abgewandert ist, dann isses halt einfach Kacke). Bei SNMAS habe ich dann eben doch wieder zugegriffen und war erstmal ziemlich begeistert.
Erstmal.
Leider wich diese Begeisterung im Laufe des folgenden Jahres einem zunehmenden Frust. SNMAS wird von einem einzigen Typen entwickelt, der alles in Personalunion macht: Programmierung, Modellierung, Grafik, alles. Und wie es scheint, hat er so etwas noch nie gemacht, anders kann ich mir sein Verhalten nicht erklären. Er frickelt nämlich völlig wahllos an allem möglichen Scheiß rum, baut neue Dinge ein, die alte Dinge kaputt machen, verliert sich in sinnlosen "Add-Ons", die im Endeffekt nur das Grinding für den Spieler in exzessive Höhen treiben, lässt die Community dafür seit einem Jahr auf echten neuen Content warten und patcht das Spiel nach und nach immer weiter ins Chaos.
Das ist alles so traurig und ich werde das Gefühl nicht los, dass dieses "Agil" dafür zu einem Großteil mit verantwortlich ist. Denn wenn du keine Ahnung hast, wie dein fertiges Produkt überhaupt aussehen soll, dann kannst du keine ordentliche Software entwickeln. Punkt. Ich weiß, wovon ich rede, ich entwickele hauptberuflich Software. Du brauchst ein robustes Datenmodell, du brauchst eine robuste Architektur und all das Zeug drum drum, bevor du loslegst. Es ist schlichtweg unmöglich, eine Software, die auf dünnen Beinen steht, nachträglich besser zu machen, indem man immer mehr und mehr Features reinsteckt.
Das. Geht. Nicht.
Da können mir sämtliche Agilapologeten dieser Welt noch so viele Mantras in die Ohren summen und daily standups zelebrieren, bis sie Gicht bekommen: es geht nicht.
Leider hat sich diese Religion derzeit überall breit gemacht und verpestet damit sämtliche Software dieser Welt. Jetzt wisster Bescheid.
*Ich hoffe, meine geneigte Leser|innenschaft erkennt das leicht verballhornte Slime-Zitat.