Gestern habe ich den Fehler gemacht, mir mal anzuschauen, was diese tollen Tatort-Drehbuchschreiber so fabrizieren. Schließlich reißen sie so laut die Klappe auf, da muss ja was dahinter sein. Oder? Und tatsächlich: irgendwas ist dahinter. Allerdings nichts Gutes.
Das Drehbuch zu der gestrigen Folge "Es ist böse" scheint aus der Feder eines Polizeistaatfetischisten zu stammen, der schreibend seine feuchten Träume auslebt. Mir ist jetzt noch schlecht. Ich krieg' das alles nicht mehr chronologisch auf die Reihe, aber folgende zum Teil krassen Rechtsbrüche scheinen im tatort-Universum völlig normal zu sein:
Verdächtige werden einfach mal "mit aufs Präsidium" genommen. In Wirklichkeit ist niemand verpflichtet, einer polizeilichen Vorladung nachzukommen
sämtliche Verdächtige werden generell ohne Anwalt verhört. Natürlich labern die sich dann um Kopf und Kragen anstatt die Klappe zu halten. Später sieht man den Delinquenten dann noch mit Anwalt im Verhörraum sitzen und die asoziale Kommissarin meint süffisant "Ich frag' mich, wozu der jetzt noch nen Anwalt braucht". Ja, das kann man sich in der Tat fragen, vielleicht bereitet er eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen dich blöde Kuh vor
Verdächtigen wird rücksichtlos irgend ein Scheiß vor ihren Angehörigen an den Kopf geknallt. Ob dabei Beziehungen zerstört werden, ist den Cops scheißegal, von Fingerspitzengefühl haben die offensichtlich noch nie gehört
nachdem mal wieder ein Verdächtiger ohne Anwalt verhört wurde und dabei rauskam, dass man ihm nichts nachweisen kann (weil er es nicht war!), wird eben eine 24-Stunden-Rundumbespitzelung angeordnet
der so Überwachte wird dann während er gerade mit einer Prostutierten zugange ist, von den Cops jäh bei eben jener Tätigkeit unterbrochen, mit vorgehaltener Waffe, eingetretener Tür etc. Nochmal zum Mitschreiben: der Typ hat überhaupt nichts verbrochen! Mit den Nerven fertig ist er danach allemal.
aufgrund eines Interviews mit einem Verdächtigen wird mal eben eine Zeitungredaktion durchsucht
in fremde Wohnungen wird generell ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss eingedrungen
die komische Kommissarin (die rumläuft wie eine Nutte, sorry) trägt ihre oberfette Dienstwaffe munter offen zur Schau und läuft so durch Frankfurt. Das mag vielleicht erlaubt sein, ich halte ein solches Verhalten zumindest für hochgradig unwahrscheinlich
und zu guter Letzt tritt die Kommissarin völlig ohne Not einem Typ auch noch mit voller Wucht in den Unterleib und wird anschließend von ihrem Kollegen mit einer Falschaussage gedeckt ("Ihr Kollege hat uns erzählt, Sie wurden zuerst angegriffen"). Der so Beschuldige hat natürlich NULL Chance gegen die Cops.
Pfui Spinne! Da kommt's mir echt hoch. Und solche Schreiberlinge halten sich dann für die Speerspitze der deutschen Hochkultur? Na vielen Dank auch.
PS: Um der Wahrheit genüge zu tun muss ich noch nachreichen, dass Lars Kraume, der für dieses Drehbuch verantwortlich zeichnet, den offenen Brief nicht unterschrieben hat.
PPS: In diesem Zusammenhang lohnt es sich auch, diesen Artikel zu lesen. Da verreißt eine Kriminalreporterin die Tatorte zweier Monate.
Update: Steve macht mich gerade auf einen Artikel von Twister aufmerskam, der ins gleiche Horn tutet: "Sie haben kein Recht zu schweigen"
(polizeistaat-logo by daMax [CC BY-NC-SA])