Rückschau auf 3 Wochen Grundrechteabbau

Freitag, 30.6.2017, 14:18 > daMax

So, ich bin dann mal wieder da. Ein Urlaubsreisebericht ist in der Mache, dauert aber noch ein bisschen. In den vergangenen Wochen ging der Umbau zum Polizeistaat ganz wunderbar weiter und da ich mir in meinem Größenwahn manchmal einbilde, es gäbe Menschen, die ihre Nachrichten ausschließlich durch mich beziehen, folgt hier eine kleine Zusammenfassung der letzten 21 Tage "mehr Polizei, weniger Bürgerrechte":

  • Ab morgen gibt es keine anonymen Prepaid-Karten mehr.
  • Die größte Koalition aller Zeiten hat sich in einem beispiellosen Geheimverfahren das Recht eingeräumt, per Trojaner in eure Geräte einzubrechen und beschränkt sich dabei beileibe nicht auf Terrorismus, sondern nimmt sich das Recht auf Geräteeinbruch für (bisher) 38 Staftatbestände heraus. Peter Schaar is not amused.
  • Bisher musste man einer Einladung durch die Polizei nicht Folge leisten (auch wenn Tatort-Kommissare allsonntäglich das Gegenteil behaupteten). Damit ist jetzt Schluss:

    Der Wortlaut der neuen Vorschrift lautet wie folgt:

    Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung von Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt.

    Die große Frage in der Praxis wird zunächst sein, wie konkret dieser Auftrag der Staatsanwaltschaft sein muss. Das Gesetz bleibt hier unglaublich – man könnte auch sagen unverschämt – vage. Vom Wortlaut her würde es nämlich auch reichen, wenn ein Staatsanwalt der örtlichen Polizei vorab den pauschalen „Auftrag“ gibt, in allen seinen Verfahren die Zeugen zu laden und in eigener Regie zu vernehmen.

    Außerdem hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, eine schriftliche Ladung oder eine bestimmte Ladungsfrist einzuführen. So könnte es künftig tatsächlich möglich sein, dass Polizeibeamte bei Ermittlungen an Ort und Stelle eine „Ladung“ aussprechen und versuchen, den ja bereits anwesenden Zeugen zu einer Aussage zu bringen. Das alles unterläuft das mittlerweile Gesetz gewordene Recht jedes Zeugen, einen Anwalt als Beistand beizuzuiehen (§ 68b StPO).

  • Ach ja, im gleichen Atemzug wurde beschlossen, dass Blutproben jetzt auch ohne richterliche Anordnung genommen werden können und dass man seinen Führerschein wegen ganz vieler neuer Lappalien verlieren kann, die gar nichts mit dem Führen eines Fahrzeugs zu tun haben.
  • Ein bisschen Neusprech darf natürlich nicht fehlen und so haben wir jetzt eine "verdachtsunabhängige Kontrolle" und keine Schleierfahndung mehr:

    Was tun also die Freiheitlichen dort zuerst? Sie beschließen gemeinsam mit der CDU, eine Überwachungsmaßnahme umzubenennen. "Schleierfahndung" ist nämlich verfassungswidrig, also heißt das Kind ab sofort "verdachtsunabhängige Kontrolle".

    Auf gut deutsch: wenn den Cops deine Fresse nicht passt, wirst du schikaniert. Was ja wiederum nichts neues ist :(

  • Das Dauerfeuer aufs Grundgesetz ging immer weiter:

    Die Liste der grundrechtsfeindlichen Gesetze dieser großen Koalition ist lang: Von der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung über die Erweiterung der Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes bis zur Ausweitung der Videoüberwachung hat diese Regierung wenig ausgelassen, was dieses Land weiter in den Überwachungsstaat treibt. Die Budgets der Geheimdienste erhöht und ihre Unkontrollierbarkeit versteckt ausgebaut. Den Diensten nebenbei vollautomatischen Zugriff auf die Passbilder aller Bürger gewährt und die massenhafte Handydurchsuchung für Flüchtlinge eingeführt. Mal von der Speicherung der Fluggastdaten aller Bürger ganz zu schweigen.

  • Und da das alles noch nicht lange nicht reicht, haben wir heute auch noch Herrn Maas' Sozialnetzwerkzensurgesetz durchgedrückt bekommen (die Grünen machten das, was sie derzeit immer tun, und haben sich enthalten. Wozu sind die eigentlich noch im Bundestag?)
  • Ein guter Kommentar zu diesem ganzen Wahnsinn: Totalüberwachung wegen Terrorismus ist eine Forderung von Tyrannen.
  • In other news: die Türkei hat "Evolution" aus den Lehrplänen gestrichen, weil sie angeblich "zu kompliziert für Kinder" ist; Frankreich bekommt den Ausnahmezustand toujours; der NSA-Untersuchungsausschuss endete im Eklat, weil die GröKaZ am liebsten den gesamten Abschlussbericht geschwärzt hätte, was der Opposition dann doch zu weit ging; Berliner Cops wurden nach Hamburg zum G20-Gipfel beordert, besoffen und bekifften sich dort so hart, dass sie anfingen, in der Öffentlichkeit zu pimpern und ähnlichen Blödsinn zu veranstalten, woraufhin sie wieder heim geschickt wurden; aber keine Sorge, es geht ihnen gut, sie sind alle wieder fit und verdreschen wieder Linke in Berlin.
  • Reicht jetzt.

    (Bild: daMax [CC BY-NC], based on this by Thomas Hawk [CC BY-NC])