Farnaz Seifi gegen Internetsperren

Mittwoch, 21.4.2010, 08:08 > daMax

Auf Spreeblick gibt es ein tolles Interview mit Farnaz Seifi, einer Veteranin der iranischen Frauenbewegung. Darin spricht sie sich unter anderem laut und deutlich gegen Internetsperren aus:

Weißt du, die Regierung meines Landes hat auch angefangen mit dem Sperren von Porno-Seiten. Als sie 2002 mit dem Filtern begonnen haben, betraf die erste Phase nur Porno-Seiten, etwa sechs Millionen Seiten wurden gesperrt. Und ich muss sagen: Wir, die iranischen Bevölkerung, hatten zu dem Zeitpunkt nichts dagegen. Es gab keine wirkliche Kritik. Und ich denke, dass war ein großer Fehler, den wir gemacht haben. Denn wenn es einmal begonnen hat, dann kann immer noch ein bisschen mehr und noch ein bisschen mehr dazukommen.
Nein, ich bin dagegen und ich denke, es ist eine gefährliche Sache. Internetsperren sind in ihrem grundsätzlichen Wesen menschrechtsfeindlich und etwas, dass man kritisieren muss. Wenn es einmal normal geworden ist, etwas zu sperren, dann kann immer und immer mehr dazugefügt werden.

Das Interview ist in seiner Gänze lesenswert, ich wollte jedoch dieses Zitat gesondert hervor heben, weil es das Problem mit den Internetsperren so schön plastisch aufzeigt. Wenn man erst einmal die Struktur für Internetsperren geschaffen hat, kann man das Rad nicht mehr zurück drehen. Und die Sperren werden ausgeweitet werden, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche! Jedes Land versucht erst mal, ein Thema zu finden, bei dem gesellschaftlicher Konsens herrscht. Im Iran waren es Pornos, hierzulande sind es eben Bilder sexuellen Missbrauchs an Kindern. Sobald diese Infrastruktur jedoch geschaffen wurde, stehen die nächsten Sperrverfügungen schon Schlange. Hierzulande wären da: Glücksspiele, Filesharingseiten, Videoplattformen, Internetapotheken, um mal ein paar zu nennen.

Und das sind "nur" die Wünsche von Vertretern der Wirtschaft. Es werden genauso viele Forderungen von Politikern kommen, die unliebsame Inhalte aufgrund kruder Begründungen entfernt wissen wollen. Und nicht zuletzt ist da das Problem des echten Missbrauchs: niemand kann garantieren, dass auf den Listen "zufällig" auch sonstige Websites landen.

Deshalb: Netzsperren darf es nicht geben! Mag der eine oder die andere Pornos doof finden, Filesharing verdammen und Glücksspiele für gefährlich halten, nichts davon darf ein Grund sein, unsere mühsam erreichte freiheitliche Gesellschaft zurück ins Mittelalter zu stoßen.

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