Gerade las ich beim spreeblick einen ziemlich bitteren Verriss von Günter Wallraffs neuestem Coup, sich als Schwarzer zu verkleiden und den alltäglichen Rassismus in Deutschland aufzuzeigen. Und ich denk' so bei mir "jaa... naja... irgendwie hat der Schreiber ja schon Recht, Wallraff is' irgendwie altbacken" und so'n Zeugs. Dann jedoch tat ich etwas, das ich in letzter Zeit sträflich vernachlässigt hatte: Kommentare lesen. Die Mehrheit der Kommentatoren ist überhaupt nicht Frédéric Valins Meinung sondern hält den Artikel für ziemlich hochtrabend und anmaßend. Eine Sabine schrieb einen Kommentar, der mir mal wieder ein klein wenig die Augen geöffnet hat:
“Das Netz ist der Wallraff-Nachfolger, den er einfordert, und es ist ein würdigerer Nachfolger, als er es für möglich hält.”
Gehts noch?! Genau DAS ist die Selbstbeweihräucherung vieler Internetbewohner, bei der mir regelmäßig schlecht wird. Ihr seid nicht der Nabel der Welt.
Und: Ja, Wallraff ist anstrengend und ein Gutmensch und sieht aus wie ein schwarz angemalter Wallraff mit billiger Perücke. Aber er erreicht mit seinen old-school Medien Film, Buch und Zeitung nun mal ganz andere (und ich tippe mal: mehr) Leute, die eben nicht mal eben “drei Minuten Google bemühen”. Und schon deswegen sollten wir froh sein, dass es ihn noch gibt.
Herrje!
Danke für die klaren Worte! Das ist eine Einstellung, die ich in letzter Zeit etwas aus den Augen zu verlieren drohe. Keine Ahnung, ob sie Recht hat und wir nicht doch der Nabel der Welt sind, aber ich möchte Sabine von ganzem Herzen für diesen unerwarteten Realitätsabgleich danken.
Weiter ging's dann auch noch:
erzähl mir mehr...